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Die schwarzen Juwelen 01 - Dunkelheit

Die schwarzen Juwelen 01 - Dunkelheit

Titel: Die schwarzen Juwelen 01 - Dunkelheit
Autoren: Anne Bishop
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über Stirn und Schläfen zu streicheln. »Nein, wir sind, was wir sind. Nicht mehr und nicht weniger. In jedem Volk gibt es Gute und Böse. Es sind die Schlechten unter uns, die jetzt an der Macht sind.«
    »Und wo sind die Guten unter uns?«, fragte der Mann schläfrig.

    Lucivar küsste ihn auf den Scheitel. »Sie wurden getötet oder versklavt.« Wieder bot er ihm den Becher an. »Trink aus, kleiner Bruder, und es wird vorbei sein.«
    Nachdem der Mann den letzten Schluck getrunken hatte, benutzte Lucivar die magische Kunst, um den Becher verschwinden zu lassen.
    Der Mann im Boot lachte. »Ich fühle mich sehr mutig, Yasi.«
    »Du bist sehr mutig.«
    »Die Ratten ... meine Hoden sind fort.«
    »Ich weiß.«
    »Ich habe geweint, Yasi. Vor allen habe ich geweint.«
    »Das macht nichts.«
    »Ich bin ein Krieger und hätte nicht weinen dürfen.«
    »Du hast nichts verraten. Dein Mut hat dich nicht verlassen, als du ihn brauchtest.«
    »Zuultah hat die anderen trotzdem getötet.«
    »Sie wird dafür bezahlen, kleiner Bruder. Eines Tages werden sie und diejenigen, die wie sie sind, für alles bezahlen. « Sanft massierte Lucivar dem Mann den Nacken.
    »Yasi, ich ...«
    Die Bewegung kam plötzlich und wurde von einem scharfen Knacken begleitet.
    Vorsichtig ließ Lucivar den kraftlos herabhängenden Kopf nach hinten fallen und erhob sich langsam. Er hätte ihnen sagen können, dass ihr Plan nicht funktionieren würde, da der Ring des Gehorsams sich so fein abstimmen ließ, dass er seine Besitzerin warnte, wenn es bei den Männern zu einer Ansammlung von innerer Kraft und Zielstrebigkeit kam. Er hätte ihnen sagen können, dass die bösartigen Fäden, die sie in ihrem Sklavendasein gefangen hielten, zu weit vorgedrungen waren und es zu ihrer Befreiung einer Wildheit bedurfte, zu der ein Mann nicht fähig war. Er hätte ihnen sagen können, dass es grausamere Waffen als den Ring gab, um einen Mann zum Gehorsam zu zwingen, dass ihre Sorge umeinander sie zerstören würde, dass die einzige
Art zu entkommen, und sei es auch nur für kurze Zeit, darin bestand, für niemanden etwas zu empfinden, allein zu sein.
    Er hätte es ihnen sagen können.
    Doch als sie furchtsam und vorsichtig an ihn herangetreten waren – doch auch begierig, einen Mann zu befragen, der über die Jahrhunderte hinweg immer wieder ausgebrochen war, selbst wenn er immer noch in Sklaverei lebte –, hatte er ihnen lediglich geraten: »Opfert alles.« Enttäuscht waren sie von dannen gezogen, ohne zu verstehen, dass er es ernst meinte. Opfert alles. Und doch gab es auch für ihn eine Sache, die er nicht opfern konnte – nicht opfern würde.
    Wie oft, nachdem er aufgegeben hatte und wieder die grausame Fessel des goldenen Ringes um sein Geschlecht trug, hatte Daemon ihn aufgesucht, ihn mit vor Wut gefletschten Zähnen gegen eine Wand gedrückt und ihn einen Narren und Feigling geschimpft, weil er nachgegeben hatte?
    Lügner. Seidener, bei Hof abgerichteter Lügner.
    Einst hatte Dorothea SaDiablo verzweifelt nach Daemon Sadi gesucht, nachdem er spurlos von einem Hof verschwunden war. Es hatte hundert Jahre gedauert, bis man ihn fand, und zweitausend Krieger waren bei dem Versuch gestorben, ihn wieder einzufangen. Mithilfe des kleinen, ungezähmten Territoriums, das er hielt, hätte er halb Terreille erobern und eine spürbare Bedrohung für Hayll werden können, das immer weiter vordrang und sich sämtliche Völker einverleibte, auf die es traf. Stattdessen hatte er einen Brief gelesen, den Dorothea ihm durch einen Boten hatte überbringen lassen; hatte ihn gelesen und sich dann ergeben.
    In dem Brief hatte einfach nur gestanden: »Kapituliere bei Neumond. Für jeden Tag, der danach verstreicht, nehme ich mir einen Körperteil deines Bruders als Entschädigung für deine Arroganz.«

    Lucivar schüttelte sich, um die unangenehmen Gedanken zu verjagen. In gewisser Weise waren Erinnerungen schlimmer als die Peitsche, denn sie führten ihn unweigerlich nach Askavi zurück. Askavi mit seinen Gebirgen, die weit in den Himmel emporragten, und den Tälern voller Städten, Bauernhöfen und Wäldern. Nicht, dass Askavi noch fruchtbar gewesen wäre, nachdem es seit vielen Jahrhunderten von Leuten geplündert worden war, die stets nur nahmen, ohne jemals zurückzugeben. Dennoch war es seine Heimat und die lange Zeit, die er als Sklave im Exil verbracht hatte, hatten ihn mit einer brennenden Sehnsucht nach frischer Gebirgsluft erfüllt, nach dem Geschmack eines süßen,
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