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Die Schöne und das Biest

Die Schöne und das Biest

Titel: Die Schöne und das Biest
Autoren: Emilia Jones
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Das Untier drehte sich nicht einmal um. Es zuckte nur mit den gewaltigen Schultern.
    „Aber gibt es denn nichts anderes, womit sich deine Rosen ersetzen lassen? Gibt es nichts, was ich dir im Tausch gegen meinen Vater geben kann?“
    Nun wandte sich das Wesen doch wieder zu ihr um. Ein Funkeln schlich in seine Augen, und sein Maul formte sich zu etwas, das wie ein diebisches Grinsen aussah.
    „Nun“, sagte es, „DU bist schön.“
    „Ich?“ Belle sah an sich herab. Konnte es wirklich das meinen, was sie dachte?
    „Wenn du hier im Schloss bleiben würdest — anstelle deines Vaters ...“
    „Nein, Belle“, mischte sich plötzlich ihr Vater mit schwacher Stimme ein. Er streckte eine Hand nach ihr aus. Doch sie war viel zu weit von ihm entfernt, als dass er sie wirklich hätte greifen können. „Lass dich nicht darauf ein. Geh zurück nach Hause und lebe dein Leben.“
    Das Ungeheuer senkte sein abscheuliches Maul ganz nahe an das Ohr von Belles Vater herab. „Dann bist du des Todes.“
    Mit zittrigen Fingern ergriff Belle abermals das Treppengeländer. Sie schaffte es, in einem halbwegs sicheren Stand auf die Füße zu kommen. Inständig hoffte sie, dass dem Biest die Unsicherheit, mit der sie nun sprach, nicht allzu sehr auffallen würde.
    „Der Tausch gilt. Ich bleibe hier.“
    „Belle!“, hörte sie ihren Vater ein letztes Mal rufen. Dann fand der sich in dem festen Griff seines Peinigers wieder. In rasanter Geschwindigkeit wurde er durch die Halle bis hin zum Eingangstor geschleudert. Er konnte die Situation nicht klar erkennen. Ihm schwindelte, als er endlich an die frische Luft kam. Wie aus dem Nichtstauchte ein großer Rappe mit glänzendem Fell und langen seidigen Haaren vor ihm auf. Das Ungeheuer hob ihn auf den Rücken des edlen Rosses.
    „Mein treuer Freund wird dich nach Hause bringen.“
    „Aber was ist mit Belle?“
    „Ihr Zuhause ist nun hier.“
    Belle konnte nicht fassen, was da gerade geschehen war. Sie musste tatsächlich verrückt sein. Eine andere Erklärung fand sie dafür nicht. Gefangen im Schloss eines Ungeheuers. Wie konnte so etwas nur möglich sein?
    Gedankenverloren setzte sie sich zurück auf die Treppenstufen. Sie stützte den Kopf in beide Hände und starrte geradeaus auf den kalten, grauen Steinboden. Dort lag eines der Rosenblätter. Vermutlich war ihr Vater auf dem Weg ins Schloss durch ein ganzes Beet von Rosen getrampelt und hatte die Blätter bis hierher verstreut.
    Durch ein Grummeln wurde sie schließlich aufgeschreckt. Sie sah direkt in die großen, gefährlich blitzenden Augen des Ungeheuers. Es machte nicht den Eindruck, als steckte in ihm nur ein Funken Liebenswürdigkeit. Gewiss scherte es sich nicht darum, ob Belle ihren Vater jemals wiedersehen würde oder nicht.
    „Was nun?“, fragte sie. „Was geschieht jetzt mit mir?“ In ihrem Kopf spukten bereits die schrecklichsten Bilder. Entgegen aller Vermutungen zog sich das Biest jedoch von ihr zurück.
    „Du solltest dich jetzt ausruhen. Mein Diener wird dir den Weg zu deinem Zimmer weisen.“
    „Dein Diener?“ Belle wollte ihren Ohren nicht trauen. Konnte es sein, dass sich in diesem Schloss noch weitere Bewohner aufhielten? „Wo ist er?“
    „Er ist doch schon da. Siehst du ihn nicht?“
    Belle verzog das Gesicht. Ein Schmetterling tanzte ihr plötzlich auf der Nase herum. Er kitzelte sie, bis sie sich ein Niesen nicht länger verkneifen konnte.
    Dann beobachtete sie, wie das kleine Wesen auf das Untier zuflatterte und sich auf eine ausgestreckte Kralle setzte. Es war irrsinnig. Der winzige Schmetterling auf der riesigen Pranke.
    „Folge ihm.“ Die Stimme des Biests hallte in ihren Ohren. Wie in Trance erhob sich Belle und folgte dem kleinen Diener die Treppenstufen hinauf. Sie erreichten einen Flur, der mit dunkelblauem Teppich ausgelegt war. An den Wänden hingen in regelmäßigen Abständen in goldene Rahmen gefasste Gemälde. Es waren Portraits in Öl. Sicherlich zeigten sie Adelige. Belle wollte anhalten, um sie zu bestaunen, doch der Schmetterling sauste wie ein Wirbelwind um ihren Kopf herum und zwang sie zum Weitergehen.
    Bis ans Ende des Flures führte er sie. Dort öffnete sich eine Tür und gewährte ihr Einlass in einen prächtigen Raum. Alles darin war reich geschmückt und mit Gold verziert. Auf der einen Wandseite befand sich ein Kamin, dessen flackerndes Feuer angenehme Wärme verströmte. Auf der anderen Seite thronte ein übergroßes Bett mit einer Vielzahl an Kissen und einem
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