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Die Schnelligkeit der Schnecke

Die Schnelligkeit der Schnecke

Titel: Die Schnelligkeit der Schnecke
Autoren: Marco Malvaldi
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Sehr seltsam, schon der zweite Computer, der nicht funktioniert. Alle beiden Computer gehören Japanern, die sich dazu auch noch kennen. Der erste Computer funktionierte am Sonntag noch, als sein Besitzer nach Italien einreiste. Und auch der zweite, nach Aussage seines Besitzers.«
    Pause, noch ein Schlückchen.
    »An dem Punkt ahnte ich nicht, was das zu bedeuten hatte, aber dass es reiner Zufall sein sollte, kam mir doch etwas unglaubwürdig vor. Deshalb habe ich angefangen nachzudenken. Und mir ist etwas eingefallen. Mir ist eingefallen, dass Kubo behauptet hatte, Asaharas Computer nie gesehen zu haben, während seine anderen Mitarbeiter ihn alle erkannt hatten. Ein bisschen unwahrscheinlich, wenn man genauer darüber nachdenkt. Hier hatte Kubo das Spiel mit drei Karten probiert: Indem er behauptet hatte, dass dies nicht Asaharas Computer sei, und in dem Wissen, was sich darin befand, hatte er uns glauben lassen, dass es noch einen anderen Computer geben müsse. Unter anderem ist uns ja, als Snijders im Sekretariat anrief, um zu erfahren, auf welchem Computer Asahara die Präsentation habe laufen lassen, gesagt worden, er habe einen Windows-Rechner benutzt. Also einen anderen Computer als den, den wir gefunden hatten. Wir sind aber nicht auf die Idee gekommen, dass Asahara die Präsentation womöglich von Kubo hatte ausarbeiten lassen, wie Professoren das oft tun, und zwar auf Kubos eigenem Windows-Rechner.«
    Pause. Als er daran zurückdachte, wie er mitten auf der Straße stehen geblieben war, während rundherum Autos fuhren, überlief Massimo eine Art Schauder. Er schob ihn beiseite und fuhr fort: »Wie auch immer, während ich nachdachte, hat mich Großvater angerufen, weil ich vergessen hatte, ihn zur Post zu bringen.«
    »Du hast auch noch was anderes vergessen, wenn wir schon mal dabei sind«, brummelte Ampelio.
    »Darüber reden wir später. Während wir telefoniert haben, hat Großvater das Wort ›speichern‹ ausgesprochen. Und das war es, was mich darauf gebracht hat, dass Kubos Computer vielleicht nicht funktionierte, weil jemand seine Speichermodule ausgetauscht hatte, und dass sich diese ganze Computergeschichte womöglich um Speicherplatz drehen könnte.«
    Pause, um sich zu vergewissern, dass noch alle folgten. Da das der Fall zu sein schien, fuhr er fort: »Darüber hinaus war auf Asaharas Computer ein einfaches Programm, und ein einfaches Programm dient für gewöhnlich zwei Dingen: Es kann zu didaktischen Zwecken benutzt werden, das stimmt, aber wie ich schon sagte, kann es auch als Test eingesetzt werden, um die Performance des Computers zu prüfen. Also habe ich Carlo angerufen und ihn gebeten, einen Test zu machen. Ich hoffte, dass das Programm nicht lief und dass es aus einem bestimmten Grund nicht lief. Dass er mir sagen würde, was Asaharas Computer Besonderes hatte, damit das Programm funktionieren konnte. Als Carlo mir sagte, dass das Programm nicht laufe, weil es viel zu viel Speicher brauche, wusste ich, dass ich recht hatte.«
    Pause, Schluck. Und jetzt rauch ich eine schöne Zigarette. Übrigens die erste heute. Hier drin rauchen sowieso Krethi und Plethi, da kann ich mir ja wohl auch mal eine gönnen. Massimo griff zum Feuerzeug, und nachdem er sich die Zigarette angezündet hatte, sprach er weiter: »Ein Speichermodul auszutauschen ist sehr einfach, das dauert zehn Sekunden. Es ist kinderleicht. An dem Punkt habe ich alles auf eine Karte gesetzt. Ich bin zu Fusco gegangen und habe ihm erklärt, wie die Sache meiner Meinung nach gelaufen ist. Den Rest kennt ihr ja. Als Fusco Kubo einbestellt und ihn direkt zu dem Speicher befragt hat, wusste Kubo, dass er verloren hatte, und hat sich ergeben. Ohne zu protestieren und ohne Drama.«
    Und das hat mich wirklich beeindruckt, dachte Massimo. Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie sehr.
    Massimo hatte Bewunderung für Kubo empfunden, das war nicht zu leugnen. Als er mit dem Rücken zur Wand gestanden hatte, hatte er seinem Sinn für Disziplin gehorcht und sich schuldig bekannt. Massimo lebte wie wir alle in einer Welt, in der man schon seit Langem daran gewöhnt war, dass der Schuldige sich von vornherein verteidigte und von jeder Schuld freisprach. Und zwar mit allen nur denkbaren Strategien, von der Rechtfertigung der Tat als nicht kriminell bis hin zum dreisten Leugnen des offensichtlichen Tatbestands. Dass jemand sich ergibt, seine Schuld anerkennt und die Verantwortung übernimmt, obwohl sich alles ganz anders entwickelt hatte als
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