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Die Scheune (German Edition)

Die Scheune (German Edition)

Titel: Die Scheune (German Edition)
Autoren: Marion Schreiner
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Verbindung war unterbrochen worden. Verwirrt hielt ich es anfangs für einen dummen Scherz in der Nacht. Ein Scherz, wie er oft zu Tausenden die wirklich ernsten Notrufe in L.A. blockierte. Doch die verzweifelten Worte dieser Frau geisterten wie ein Nebel durch meine Gedanken und machten mir jeden Versuch, wieder in den Schlaf zu finden, unmöglich. Ich fühlte mich von der Nacht wie abgeschnitten und begann vor mich hinzudösen.
    Dann gestand ich diesem Anruf immer weniger Chancen eines Zufalls zu. Ich hatte nicht viele Menschen in meinem Leben, die mir wirklich wichtig waren. Mit den Patienten war es etwas anderes, eine andere Wichtigkeit. Nicht die Wichtigkeit, die diese Frau mit ihren Worten bei mir zu erreichen versucht hatte. Wer zum Teufel war ihm ? Etwa Dane? Wer sonst war mir so bekannt und wichtig wie Dane?
    Mich überkam plötzlich die Panik eines Ertrinkenden, der nach Luft rang, und ich beschloss, sicherheitshalber bei ihm anzurufen.
    Keine Verbindung. Mir fiel Johnathans Geburtstag ein, und zugleich überkam mich die peinliche Feststellung, ihm weder gratuliert noch einen Gruß geschickt zu haben. Die Einladung stand immer noch auf meinem Sideboard im Wohnzimmer. Wie Männer eben so sind ... Zu meiner Entschuldigung hatte es mein Dienstplan des Krankenhauses ja leider nicht zugelassen, an der Feier teilzunehmen.
    Ich wählte Johnathans Anschluss. Sein Apartment grenzte zur Treppe nach unten, und mit ganz viel Glück würde mich vielleicht jemand hören.
    Ich hatte Glück, denn Johnathan hatte inzwischen die letzten Gäste verabschiedet. Ich gratulierte ihm zunächst, dann fragte ich nach Dane.
    „Ist er denn nicht bei dir?“, bekam ich zur Antwort. „Hier liegt ein Zettel. Da steht Bin bei Jim .“
    Ich wurde blass! Was war das für ein Anruf gewesen?
    Ohne Johnathan etwas zu erklären schmiss ich den Hörer auf die Gabel, um ihn kurz darauf wieder abzuheben und den Notruf 911 zu wählen. Zu meinem Entsetzen wurde mir mitgeteilt, dass alle Rettungsfahrzeuge in diesem Stadtbereich im Einsatz waren. Sie würden sich aber darum kümmern und ein Fahrzeug aus einem anderen Gebiet anfordern. Mich befiel Panik. Ich kleidete mich hektisch an und raste mit dem Auto zehn Minuten durch die Innenstadt, dann vorbei an verwahrlosten Motels und Schnellimbiss-Lokalen, bis hin zur Palloma Street. Die Straße war mir noch durch ehemalige Patienten, die ich während meiner Assistenzzeit betreut hatte, gut in Erinnerung. Eine üble Gegend.
    Aus Angst wurde Wut. Sie stieg in mir wie ein Hexengebräu vergifteter Kräuter hoch. Wut, dass die Sache brenzliger sein konnte, als ich mir vorzustellen versuchte.
    Mein Gefühl hatte mich nicht getäuscht. Verdammt! Ich hielt meinen alten Chevy direkt hinter seiner Corvette. Seine Fahrertür stand offen, Dane nirgends zu sehen. Was war hier los? Ich öffnete zitternd meine Fahrertür und taxierte die Umgebung. Palloma 34. Meine Schritte waren zaghaft, dann wurden sie schneller. Ich eilte ziellos um die Corvette herum. Mein Blick fuhr zu den dunklen Fenstern hinauf, als erhoffte ich mir die Hilfe eines Anwohners. Erwartungsgemäß tat sich nichts. Keine Gardine, die sich zur Seite schob, kein neugieriges Gesicht, wie es sonst üblich war, wenn die Stille der Nacht unterbrochen wurde. In mir ging ein unbeschreibliches Gefühl vor. Dane war der einzige Mensch, der mir derzeit wirklich nahe stand. Das löste eine große Angst in mir aus.
    „Dane?“, rief ich. Mir war irgendwie klar, keine Antwort zu bekommen, dennoch rief ich wiederholt: „Dane?“ Mein Magen hob sich und senkte sich nicht wieder. Der ganze Körper stand unter Spannung. Nicht ein Herzschlag kam richtig. Es war mir nicht möglich, mich zu konzentrieren.
    Ich sah erneut auf die Corvette und spürte neben meiner Angst noch Verzweiflung in mir hochkriechen. Da stand ich nun vor dem Wagen, der uns so viele schöne Stunden geschenkt hatte; Danes Schmuckstück. Ich dachte an das letzte Jahr. Was hatten wir für Touren gemacht ... schöne Zeiten! Ich hatte Dane immer um diesen Wagen beneidet. Es war wirklich ein schönes Gefährt. Eine 73' Corvette T mit eingebautem Telefon. Eine Seltenheit in den Siebzigern. Jetzt harrte die Corvette leblos im Dunkeln. Keine Zeichen mehr von schönen Zeiten.
    Mit innerlich bebender Enttäuschung, doch das richtige Gespür gehabt zu haben, holte ich mich in die Gegenwart zurück. Somit betrat ich den dunklen Flur und fand anstatt eines Schalters nur die Kabelenden aus der Wand. Es
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