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Die Schattensurfer (German Edition)

Die Schattensurfer (German Edition)

Titel: Die Schattensurfer (German Edition)
Autoren: Hubert Wiest
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auf seine Handfläche.
    „Pass auf, was du sagst“, zischte Marella. „Deine Eltern haben genug Geld, dir ein ceeBand zu kaufen, aber keinen Anstand, anderen zu helfen. Sonst würden sie dich in den Kristallunterricht schicken.“
    „Ach das“, sagte Luan und fuhr über den Bildschirm an seinem Handgelenk. Blubbernde Blasen folgten seinem Finger auf dem biegsamen Glas. „Das ist kein richtiges ceeBand. Das habe ich mir selbst gebaut.“
    „Du lügst doch“, schnauzte Marella.
    „Und ob meine Eltern Anstand haben, das weiß ich nicht. Ich kenne Sie nicht einmal“, sagte Luan und stand auf.
    Sansibar musste an ihre Mutter denken, die vor zehn Jahren gegangen war. Wieder tauchte das orangefarbene T-Shirt mit der lila Blume auf. Aber das Gesicht ihrer Mutter verschwamm in den Erinnerungen. Sie versuchte es festzuhalten, aber wenn sie sich Mamas Augen vorstellte, lösten sich Nase und Mund auf.
    „Danke für das Eis. Ich gehe jetzt wohl besser“, sagte Luan.
    „Warte“, rief Sansibar. Sie wollte nicht, dass Luan ging. Sie wollte mehr über ihn wissen. Bei wem lebte Luan? Vielleicht bei den Großeltern, aber dann müsste er doch etwas über seine Eltern wissen. „Du brauchst doch Geld. Ich kann dir etwas leihen, wenn du es mir zurückzahlst.“
    „Ich habe meine Schulden immer zurückgezahlt. Immer! Verstehst du? Jeden Cent“, sagte Luan und klang plötzlich furchtbar aufgeregt.
    „Ist schon gut. Ich vertraue dir“, beschwichtigte Sansibar und zog ihre Geldkarte aus der Jackentasche. „Du kannst 30 Euro haben.“
    „Danke“, sagte Luan und nahm Sansibars Karte. Seine Finger zitterten, als er die Karte in sein ceeBand schob. Drei Zehn-Euro-Scheine wischte er über den Bildschirm und lud sie auf sein ceeBand.
    Er riss die Karte wieder aus seinem Computer und drückte sie Sansibar in die Hand. „Danke“, murmelte er und blitzte Sansibar mit seinen tintenblauen Augen an.
    Und wieder starrte Sansibar ihn einen Augenblick zu lange an. „Komm doch mit zum Golden Surfer“, schlug sie vor. Jetzt glühte ihr Gesicht vor Aufregung, nicht mehr wegen des Weltraumschweins.
    „Du siehst doch, dass er nicht will“, zischte Marella und zog Sansibar am Ärmel.
    Luan schüttelte den Kopf und seine Arme hielt er ganz starr. Irgendwie traurig sah er aus.
    In diesem Moment betraten zwei Sipos die Surferbar. Sansibar sah die blauen Trainingsanzüge aus den Augenwinkeln. Die beiden gingen von Tisch zu Tisch und redeten mit den Gästen. Was wollten die hier? Wieder kroch dieses Unbehagen in Sansibar hoch. Dabei hatte sie gar keinen Grund.
    „Mir dauert das zu lange. Ich möchte jetzt surfen gehen“, erklärte Sansibar und wandte sich zum V.I.P.-Eingang des Golden Surfers auf der anderen Seite. Sie wollte nur weg von den Sipos. Sie hasste dieses Gefühl von Furcht, aber sie konnte nichts dagegen unternehmen.
    „Na gut, meinetwegen, dann komme ich eben doch mit“, änderte Luan seine Meinung und hatte es plötzlich sehr eilig. Marella folgte grummelnd.
    Direkt hinter dem V.I.P.-Eingang wartete eine gläserne Gondel auf die drei. Ein Mitarbeiter in einem goldenen Skianzug hielt die Gondeltür auf und reichte ihnen drei goldene Snowboards und Helme. „Ich muss euch auf die Helmpflicht hinweisen. Es dient eurer eigenen Sicherheit“, sagte er und verbeugte sich. Sansibar, Marella und Luan kletterten in die Gondel. Mit einem Ruck fuhr sie an. Und schon schwebten sie über der Piste. Der weiße Berg unter ihnen pulsierte, zog sich zusammen und dehnte sich im nächsten Moment wieder. Bergzacken stülpten sich aus und zerrissen dann in atemberaubende Schluchten. Dazwischen schwangen sich all die Snowboarder auf ihren goldenen Boards ins Tal. Nicht ein Einziger stürzte, der Berg kümmerte sich um seine Gäste.
    Marella machte immer noch ein säuerliches Gesicht und sah ins Tal. Auf der Bank gegenüber saßen Sansibar und Luan. Sansibar fand den weißen Gipfel atemberaubend schön.
    „Zeigst du mir dein ceeBand?“, fragte Marella und sah Luan fordernd an.
    „Ich habe doch gesagt, das ist kein ceeBand. Das hab ich mir selbst gebaut. Das kann viel mehr“, gab Luan zurück. Dann wischte er über den Bildschirm, rief ein paar Programme auf, hackte Passwörter ein und plötzlich tauchte auf dem Bildschirm der pulsierende Berg auf. Das Bild zeigte jede noch so kleine Erhebung, die sich im Sekundentakt veränderte. In roten Ziffern flimmerten millimetergenau die Höhenangaben über den Bildschirm und die Bewegungen des Berges
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