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Die Schattenleserin - Nachtschwarze Träume: Roman (German Edition)

Die Schattenleserin - Nachtschwarze Träume: Roman (German Edition)

Titel: Die Schattenleserin - Nachtschwarze Träume: Roman (German Edition)
Autoren: Sandy Williams
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durchbricht, grollt es wie bei einem tosenden Gewitter.
    »Ich führe McKenzie hindurch«, sagt Aren und zieht einen langen Streifen aus dunkelblauem Stoff aus seiner Tasche.
    »Ist das nötig?«, frage ich.
    Seine silbernen Augen sehen mich an. »Wenn die Gerüchte über dich stimmen, dann auf jeden Fall. Dann ist es sogar unabdingbar.«
    Manchmal nervt es ganz schön, so einen Ruf zu haben.
    Trev hält mich fest, während mir Aren die Augen verbindet. Ich schätze, ich hätte nicht damit rechnen sollen, dass sie einen dummen Fehler machen, vor allem, da der einzige Grund, weshalb ich mich überhaupt in dieser Lage befinde, ist, dass ich sehen kann. Ohne die Augenbinde wäre es durchaus wahrscheinlich, dass ich nach dem Durchqueren des Risses weiß, wo wir uns befinden. Im Grunde genommen bin ich eine bessere Kartografin. Wenn die Risse verschwinden, sehe ich die Topografie der Erde in den hinterlassenen Schatten. Es ist in etwa so, als würde man zu lange in ein helles Licht sehen. Wenn man wegsieht, dauert es eine Weile, bis man wieder einen klaren Blick hat. Dasselbe geschieht bei Rissen, nur dass ich die Biegungen von Flüssen, die Umrisse von Bergen und das Gefälle des Landes sehe, während jeder andere nur verschwommene Flecken ausmacht. Ich skizziere diese Schatten, sodass der Hof seine Feinde jagen kann; und ich bin verdammt präzise, was die Rebellen offenbar gar nicht gut finden.
    Aren sagt etwas in seiner Sprache, und einen Moment später höre ich, wie sich normale, nicht torgebundene Risse öffnen. Vermutlich gehen die anderen Fae direkt zurück nach Hause, auf ihre Basis, in ihr Camp oder wo auch immer sie sich aufhalten. Dann bin ich mit Aren alleine. Es steht eins gegen eins. Nicht, dass meine Chancen auf eine Flucht jetzt gestiegen wären, aber hey, man nimmt, was man kriegen kann.
    Nun drückt mir Aren etwas Warmes und Glattes in die rechte Hand. Ich muss es nicht sehen, um zu wissen, dass es sich dabei um einen Ankerstein handelt, vermutlich einen, der von Arens Aufprägung noch glüht.
    »Weißt du, was passiert, wenn du den fallen lässt?«, will er wissen.
    »Ich werde getötet, in einhundert Milliarden Stücke zerlegt, und ich werde dich in deinen Albträumen heimsuchen.« Ich lasse den Stein durch meine Finger gleiten. Er fällt mit einem leisen Geräusch zu Boden. Dann warte ich, dass sich Aren vorbeugt, um den Stein aufzuheben, aber ich höre nicht, dass er sich bewegt.
    »Wenn du dich umbringen willst«, sagt er nach einem langen Augenblick, »dann gibt es weniger schmerzhafte Arten zu sterben.«
    »Du brauchst mich lebendig.« Meine Stimme ist ruhig. Mein Herzschlag ist jedoch alles andere als das. Der durch seine Berührung gezündete Blitz fährt meinen Arm hinauf und hinab.
    »Bist du dir da sicher?«
    »Du hättest mich nicht gerettet, wenn du mich tot sehen wolltest.« Das ist das Einzige, was mir im Moment noch Mut macht. Er hat sich sehr viel Mühe gegeben, um zu verhindern, dass ich auf den Beton platschte. Was soll er schon wollen, außer dass ich für ihn und die Rebellen schattenlese. Solange er glaubt, dass ich es vielleicht tun würde, wird er mir nichts tun, vermute ich.
    Seine Hand gleitet von meinem Ellbogen zu meiner Schulter. »Heb den Ankerstein auf. Er liegt neben deinem linken Fuß.«
    Ich sinke zu Boden, um der erregenden Hitze seiner Berührung zu entkommen, und taste auf dem taufeuchten Gras herum, bis ich den Stein finde. Es ist ein so verlockender Gedanke, ihn so weit zu werfen, wie ich nur kann, aber ich bin nicht selbstmordgefährdet, und Aren, Sohn des Jorreb, ist der Schlächter von Brykeld.
    »Du wirst nicht zerlegt, wenn du den Anker loslässt«, korrigiert er mich und zieht mich hoch. »Du gehst im Zwischenreich verloren.«
    Bei diesen Worten zerrt er mich in den torgebundenen Riss.
    Mir wird die Luft aus den Lungen gepresst, und sie kristallisiert. Es fühlt sich an, als bräche ich durch die Eisdecke eines Sees. Hier ist es so kalt, dass mein Herz aufhört zu schlagen, mein Blut aufhört zu fließen. Nur mein Verstand funktioniert, und er konzentriert sich allein auf die Wärme des Ankersteins in meiner Linken und die Hitze von Arens Handfläche in meiner Rechten. Ich erinnere mich nicht daran, seine Hand genommen zu haben, aber ich drücke sie fest, auch wenn ich ihm eigentlich lieber die Kehle zugedrückt hätte.
    Angeblich dauert die Reise durch einen Riss, sei er nun torgebunden oder nicht, nur einen Sekundenbruchteil, aber ich könnte schwören,
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