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Die Schatten eines Sommers

Die Schatten eines Sommers

Titel: Die Schatten eines Sommers
Autoren: Lia Norden
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heiles Leben weiterleben? Bei netten Familienabenden die immer gleichen Gedanken beiseiteschieben, beim Kochen tief bereuen, auf ewig, ewig?
    Ich hatte mich nicht von Christian verabschiedet. Wenn er sich je wieder bei mir melden würde …, könnte ich ihn wiedersehen?
    Als ich endlich einen Parkplatz in der Nähe meiner Wohnung gefunden hatte, besorgte ich mir im Kiosk schnell noch Zigaretten. In der Wohnung warf ich meine Reisetasche aufs Bett. Im Kühlschrank fand ich eine Flasche Weißwein. Ich setzte mich auf den Balkon, lauschte dem sommerlichen Lärm der Stadt, zündete mir eine Zigarette an und fragte mich, wie es weitergehen sollte. Nach dem zweiten Glas Wein erschien mir die katholische Lösung als die einfachste: büßen, beten, Gutes tun. Unbezahlte Sozialarbeit in einem Altersheim. Oder so. Ein ehrenwerter Gedanke, den ich sogleich wieder verwarf. Das bisschen Gott, an das ich noch glaubte, ließ sich nicht bestechen.
    Es war ganz einfach. Ich musste durchatmen und vorwärtsgehen. Und den letzten Wein nicht vergeuden. Die zwei, drei Gläser, die noch in der Flasche waren, sollten für den Anfang reichen.
    Ich ging in mein Arbeitszimmer, schaltete den Laptop ein, klickte auf Word. Und dann
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    MARIE
    Ich hatte schon immer aufgeatmet, wenn ich das Ortsausgangsschild von Beerenbök passiert hatte, aber nie so sehr wie heute. Weg hier, nur weg!
    In der Nacht hatte mich Hanna bis zum Haus meiner Mutter begleitet und zum Abschied umarmt. Es war klar, dass wir keine Telefonnummern oder Adressen austauschen würden. Ich würde Hanna nie verzeihen können, dass durch ihr Buch alles ins Rollen gekommen war. Sie hatte Schicksal gespielt. Mit fatalen Folgen. Ich war sicher, dass sie daraus lernen würde.
    Am liebsten wäre ich noch in der Nacht zurück nach Hamburg gefahren. Aber wie hätte ich diese überstürzte Abreise meiner Mutter erklären sollen? Oder Thomas? Also schlich ich mich in mein Zimmer und schaltete sofort den uralten Fernseher ein, der dort noch immer stand. Blind starrte ich auf die Mattscheibe, stundenlang, bis ich meine Mutter endlich unten in der Küche rumoren hörte.
    «Du bist schon auf?» Mama schaute mir überrascht entgegen. «Du siehst aber gar nicht gut aus!» Das klang weniger besorgt als deutlich missbilligend. Es war mir egal.
    Ich nickte nur. «Ich muss leider sofort los. Es gibt schrecklich viel zu tun im Moment, im Garten und auch in der Bücherei.» Ich nahm meine Reisetasche und wandte mich zur Tür. «Deswegen werde ich auch in nächster Zeit nicht kommen können.»
    «Aber», Mama blickte mich ungläubig an, «ich brauche doch …»
    «Ich bin sicher, Katharina hilft dir auch gerne», unterbrach ich sie. «Tschüs, Mama! Wir telefonieren.»
    Ich ging zum Auto und wartete darauf, dass sie hinter mir herkam, um mich wütend zurückzubeordern. Aber es blieb still, nichts geschah.
    Warum war ich nicht schon viel eher einfach gegangen? – Jetzt war es keine Genugtuung mehr. Nur pure Notwendigkeit. Ich konnte einfach nicht mehr. Auf der Rückfahrt hielt ich an einem einsamen Rastplatz, trank eine Flasche lauwarmes Wasser, das ich auf der Rückbank gefunden hatte, und versuchte, mich, so gut es ging, zu sammeln.
    Thomas stand in der Tür, als ich nach Hause kam. Besorgt sah er mich an.
    «War’s sehr schlimm?»
    Ich zuckte die Achseln. «Ach, eigentlich nicht so sehr. Es ist lange her.» Ich barg meinen Kopf an seiner Schulter, dann begann ich zu weinen. Ich weinte lange und fast tonlos. Thomas strich sanft über meinen Rücken.
    «Ach Marie», sagte er leise, «so traurig wegen einer Freundin, die du seit Jahrzehnten nicht gesehen hattest?» Er zog mich fester an sich und küsste mich behutsam. «Du bist wirklich zu gut für diese Welt …»
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    Frankfurter Neue Post
    «Im Gespräch mit Menschen»
    Lichtblick in der TV -Landschaft
    Bekanntlich gelten Talk-Runden im deutschen Fernsehen nicht gerade als Mangelware. Als 3 sat vor kurzem ein neues anspruchsvolles Talkshow-Format unter theologischer Leitung ankündigte, war die Skepsis daher groß. Zumal es laut Sender um nichts Geringeres als die «geistigmoralische Wende in Deutschland» gehen sollte. Gestern Abend jedoch wurden die Skeptiker eines Besseren belehrt. Fabienne Fahrenkrog, 43 , medienerfahrene Pastorin aus Hamburg, überzeugte mit einem souveränen Debüt. Offensiv und charmant brachte sie ihre Gäste zum Reden, überraschte durch kluge
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