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Die Schanz

Die Schanz

Titel: Die Schanz
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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gesehen hab ich keine.»
    Kurz darauf kamen drei Streifenwagen den Weg herunter, dahinter der Transporter für den Generator, die Kabel und die großen Lampen. Gleichzeitig öffnete der Himmel seine Schleusen, dicke Regenschleier fegten über die Ebene.
    Van Gemmern fluchte wild, bellte Befehle, fotografierte, ließ Markierungen anbringen, Maßbänder ausrollen, schickte den jungen Dellmann mit Traktor und Anhänger in die Scheune, fotografierte weiter. Erst als das ganze Feld abgesperrt, das Licht gebaut war und sich die Streifenpolizisten für ihre Suche nach Schuh- und sonstigen Spuren formierten, hielt er inne und drehte Toppe sein hageres Gesicht mit den rot geränderten Augen zu. «Fürs Erste können wir einschleppen.»
    Der Bauer hatte sich nicht vom Fleck gerührt und schien sich mittlerweile etwas von seinem Schock erholt zu haben. «Einschleppen?», fragte er alarmiert. «Was soll das denn heißen?»
    Van Appeldorn erklärte es ihm: «Wir nehmen Häcksler und Hänger mit in unsere Halle am Präsidium. Die müssen auseinander gebaut und untersucht werden.»
    «Und wie soll ich meinen Mais runterkriegen? Das könnt ihr doch nicht machen!» Dellmann schnappte nach Luft. «Als wenn ich nicht schon genug Ausfall hätte, jetzt, wo die verdammten Gänse wieder kommen. Ich hab doch wohl Kacke genug am Kopp.»
    «Tja.» Van Appeldorn betrachtete ihn ungerührt und strich sein nasses Haar zurück, das sich in dünnen schwarzen Schlangen um Stirn und Hals ringelte. «Da fragst du vielleicht mal einen netten Nachbarn, oder aber du nimmst dir einen Lohnunternehmer und schickst die Rechnung dann an die Polizeibehörden. So einfach ist das.»
    Toppe fror. «Wer lebt alles auf Ihrem Hof?»
    «Was?» Dellmann legte die Hand hinters Ohr. Der Wind machte eine Verständigung schwierig.
    «Wer alles bei Ihnen wohnt!»
    «Im Moment bloß meine Frau, mein Sohn und ich. Wir hatten noch zwei Polen, aber die haben Ende September aufgehört.»
    «Gehen wir hinein. Wir müssen mit allen reden.»
    Es war gut, ins Trockene zu kommen. Das Haus schmiegte sich dicht an den Deich, und in der Küche war das Windgeheul kaum zu hören. Frau Dellmann stellte ihnen dicke Steingutbecher hin und goss Kaffee ein. Mit Anfang vierzig war sie gute zehn Jahre jünger als ihr Mann.
    «Ob ich irgendwen gesehen habe die letzten Tage? Mein Gott, was glauben Sie denn, wer hier so alles über den Deich fährt! Der Schulbus, die ganzen Schänzer. Ich mein, wenn man mal ebkes schnell in die Stadt will, nimmt man den Deich, nicht die Fähre. Die ist doch mehr für größere Transporte. Außer für die Touristen natürlich.»
    «Ich hab keinen fremden Mann hier gesehen», sagte Dellmann müde. «Du denn, Uwe?»
    Der Junge schüttelte stumm den Kopf. Ihm schien immer noch übel zu sein.
    «Na, auf dem Hof war keiner, den ich nicht gekannt hätt», bekräftigte die Bäuerin.
     
    Es war Nacht geworden, bis die Einteilung der Wachen und alles andere geregelt war und Toppe und van Appeldorn sich endlich auf den Weg machen konnten. Als sie auf die Deichkrone kamen, packte sie eine Windfaust und drückte sie mühelos auf die Gegenspur.
    Van Appeldorn fasste das Lenkrad fester. «Da braut sich mächtig was zusammen.»
     
    Toppes Heimfahrt gut eine Stunde später, nachdem er schnell noch die Eckdaten in den Computer eingegeben hatte, war abenteuerlich. Er schaffte es kaum, den Wagen auf der Straße zu halten. Der Wind hatte sich zu einem Sturm ausgewachsen, wie er ihn lange nicht mehr erlebt hatte, und das Unwetter nahm immer noch an Gewalt zu.
    Tote Blätter und abgestorbene Zweige prasselten aufs Autodach, dann krachte nur wenige Meter vor ihm ein mächtiger Ulmenast auf die Straße. Er schaffte es so gerade eben, daran vorbeizumanövrieren, und atmete auf. Die Vorstellung, hier unter den Bäumen aussteigen zu müssen, um das Ungetüm von der Straße zu zerren, war wenig anheimelnd.
    Die Scheibenwischer arbeiteten auf höchster Stufe, dennoch war draußen kaum etwas zu erkennen, das Auto schaukelte unkontrolliert.
    Am Haus Wurt brannten sämtliche Außenleuchten, durch die Regenwand konnte er drei Gestalten ausmachen. Als er ausstieg, flog ein Schwarm Dachpfannen über ihn hinweg und zersplitterte zwanzig Meter weiter auf dem Boden.
    Er rannte los. «Seid ihr denn alle verrückt geworden? Es ist lebensgefährlich hier draußen!»
    Arend Bonhoeffer schaute hoch und schob seine Kapuze zurück. «Wir haben’s ja geschafft», brüllte er. «Ab nach drinnen,
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