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Die Saga von Thale 02 - Die Macht des Elfenfeuers

Titel: Die Saga von Thale 02 - Die Macht des Elfenfeuers
Autoren: Monika Felten
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späten Nachmittag erreichten sie endlich die andere Seite der Schlucht. Hier hielten die Schatten der steil aufragenden Felswände das Licht der tief stehenden Sonne fern und erlaubten den Elfen zum ersten Mal, sich ungehindert umzublicken.
    »Unglaublich!« Beeindruckt betrachtete Tabor die unzähligen Höhlenöffnungen, die sich viele Längen über ihm im Gestein befanden. Jede von ihnen war so groß, dass ein ausgewachsener Elf bequem aufrecht eintreten konnte. Die gesamte Felswand erinnerte an einen riesigen löchrigen Käse.
    Es war erst das dritte Mal, dass Tabor seine Mutter auf einer ihrer Expeditionen begleitete. Bisher hatten sie allerdings nur die Felswand auf der anderen Seite des Gletschers nach Gelegen abgesucht, da diese für sie leichter zu erreichen war. Auch dort gab es unzählige Höhlen, in denen sie Überreste von Riesenalpnestern gefunden hatten. Doch was er hier erblickte, übertraf Tabors kühnste Erwartungen.
    »Wo fangen wir an?«, wandte er sich an seine Mutter.
    »Ganz oben!« Den Kopf in den Nacken gelegt, betrachtete Naemy eine gewaltige dunkle Öffnung, die sich etwa hundert Längen über ihnen in der Felswand auftat. »Es hat keinen Sinn, in den unteren Höhlen zu suchen«, erklärte sie, ohne den Blick von der Öffnung zu nehmen. »Die sind für Räuber viel zu leicht zu erreichen. Selbst wenn es dort einmal Gelege gab, sind sie sicher schon längst geplündert.«
    Tabor nickte. »Willst du heute noch hinauf?«, fragte er.
    »Sofort!« Naemy drehte sich um und sah ihren Sohn an. In ihren Augen glühte ein leidenschaftliches Feuer, das er nie zuvor gesehen hatte. »Da oben ist etwas«, sagte sie mit bebender Stimme und deutete zur Höhle hinauf. »Ich spüre es. Ganz schwach nur, aber doch deutlich. Mit etwas Glück kehren wir diesmal nicht mit leeren Händen nach Caira-Dan zurück.« Sie legte ihr Bündel ab, zog die Handschuhe aus und zeichnete mit dem Finger ein großes Pentagramm in den Schnee. An jede Spitze des fünfzackigen Sterns setzte sie ein verschlungenes Symbol, dessen Bedeutung nur den Nebelelfen bekannt war. Dann erhob sie sich, griff nach ihrem Bündel und trat in das Pentagramm. Tabor zögerte. Wie alle Nebelelfen betrat er die Zwischenwelt nur dann, wenn es unbedingt notwendig war. Die Möglichkeit, dass der Quarlin dort herumstreifte, erschien zwar nach all den Sommern gering, dennoch war die Furcht vor einer Begegnung mit dem mörderischen Tier bei den Elfen noch immer lebendig.
    Schließlich gab er sich einen Ruck und folgte seiner Mutter in das Pentagramm. Die Reise war ja nur kurz. »Ich hoffe, du hast Recht«, murmelte er, während er das Ziel mit zusammengekniffenen Augen betrachtete. Das Bild der Höhle verschwamm. Es wurde dunkel und eine eisige, unnatürliche Kälte huschte über sein Gesicht. Aber Kälte und Dunkelheit verschwanden so schnell, wie sie gekommen waren, und einen Wimpernschlag später stand Tabor in der gewaltigsten Nisthöhle, die er jemals gesehen hatte.
    Hier befanden sich gleich vier der riesigen, aus dicken Stöcken erbauten Nester. Eines davon lag in unmittelbarer Nähe des Höhleneingangs und war völlig zerstört. Das nächste zeigte zwar Spuren von Verfall, ließ sich aber noch als Nest erkennen. Beide waren leer. Nicht einmal eine zerbrochene Eierschale deutete auf ein altes Gelege hin.
    »Tabor!« Naemy war sofort zu den beiden hinteren Nestern gelaufen. In ihrer Stimme schwang ein Beben mit, bei dem Tabor aufhorchte. Ohne die zwei vorderen Nester weiter zu beachten, legte er die wenigen Schritte ins Höhleninnere zurück und trat neben seine Mutter.
     
     
     

Erstes Buch
Nimrod
     
    Naemy hatte die Handschuhe ausgezogen und kniete auf dem kalten Boden. Mit der flachen Hand strich sie sanft über ein großes grün und golden gesprenkeltes Ei. Es war eines von drei völlig unversehrten Eiern, die sich inmitten des Riesenalpnestes befanden.
    »Tabor!« Naemys Stimme war so leise, als könne jedes zu laut gesprochene Wort die Schale der kostbaren Eier zerbrechen. »Sieh nur, wir haben es geschafft. Ich spüre einen schwachen Lebenskeim in diesen Eiern. In der Kälte ist er erstarrt, aber noch ist er da.«
    Tabor war von dem Anblick der Eier so hingerissen, dass ihm die Worte fehlten. Ehrfürchtig kniete er am Rand des Nestes nieder und zog seine Handschuhe aus, um die Eier zu berühren. Sie waren so wirklich wie die Kälte und der Schnee und mit seinen feinen Elfensinnen spürte auch Tabor den schwachen Keim des Lebens, der noch
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