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Die Rückkehr des Drachen

Die Rückkehr des Drachen

Titel: Die Rückkehr des Drachen
Autoren: Robert Jordan
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»Jemand hat erst einen anderen Schattenfreund von dort erwähnt, auch einen Jüngling. Seltsam, wenn man bedenkt, daß Schattenfreunde aus einer solchen Gegend kommen sollen. Aber es gibt natürlich überall welche.«
    »Einen anderen, Großer Lord?« fragte Ordeith. »Von den Zwei Flüssen? Ist es Matrim Cauthon oder Perrin Aybara? Sie sind genauso alt wie er und stehen ihm an Bösartigkeit nur wenig nach.«
    »Mir wurde der Name Perrin genannt«, sagte Niall mit gerunzelter Stirn. »Drei davon, sagst du? Von den Zwei Flüssen kommt doch sonst nur Wolle und Tabak. Ich bezweifle, daß es noch einen anderen Ort gibt, der stärker vom Rest der Welt isoliert ist.«
    »In einer Stadt müssen sich Schattenfreunde verbergen und können ihre wahre Natur nicht offen zeigen. Sie müssen mit anderen Umgang pflegen, mit Fremden, die von anderswo kommen und wieder weiterreisen und dabei erzählen, was sie gesehen und erlebt haben. Aber in ruhigen, von der Welt abgeschnittenen Dörfern, wo man kaum jemals einen Fremden sieht... Welcher Ort könnte für eine ganze Gemeinde von Schattenfreunden besser geeignet sein?«
    »Wie kommt es, daß du die Namen von drei Schattenfreunden kennst, Ordeith? Drei Schattenfreunden vom Ende der Welt. Du hast viele Geheimnisse, Wurmholz, und du ziehst mehr Überraschungen aus dem Ärmel als ein Gaukler.«
    »Wie kann jemand alles erzählen, was er weiß, Großer Lord?« sagte der kleine Mann verbindlich. »Es wäre doch nur Geschwätz, bis einmal etwas Nützliches dabei ist. Ich werde Euch folgendes sagen, Großer Lord: Dieser Rand al'Thor, dieser Drache, ist tief mit den Zwei Flüssen verwurzelt.«
    »Falscher Drache!« sagte Niall scharf, und der andere Mann verbeugte sich.
    »Natürlich, Großer Lord. Ich habe mich versprochen.«
    Plötzlich bemerkte Niall, daß Ordeith die Zeichnung in seinen Händen zerknüllt und zerrissen hatte. Auch wenn das Gesicht des Mannes, abgesehen von dem sardonischen Lächeln, ruhig blieb, zuckten doch seine Hände und verkrampften sich um das Pergament.
    »Hör auf damit!« befahl Niall. Er schnappte sich die Rolle aus Ordeiths Händen und glättete sie, so gut es ging. »Ich habe nicht so viele Bilder von diesem Mann, daß ich es mir leisten kann, eines davon zerstören zu lassen.« Ein großer Teil des Bildes war verschmiert, und durch die Brust des jungen Mannes lief ein Riß, aber wie durch ein Wunder war das Gesicht völlig unbeschädigt geblieben.
    »Vergebt mir, Großer Lord.« Ordeith verbeugte sich tief. Sein Lächeln blieb unverändert. »Ich hasse Schattenfreunde.«
    Niall betrachtete das Gesicht auf der Zeichnung. Rand alThor von den Zwei Flüssen. »Vielleicht muß ich die Zwei Flüsse in meine Pläne einbeziehen. Wenn der Schnee schmilzt. Vielleicht.«
    »Wie der Große Lord wünschen«, sagte Ordeith ausdruckslos.
    Die Grimasse auf Carridins Gesicht ließ alle zurückschrecken, als er durch die Säle der Festung schritt. Allerdings suchten sowieso kaum Menschen die Nähe von Zweiflern. Diener, die geschäftig umhereilten, drückten sich an die Steinwände, und selbst Männer mit Goldknoten als Rangabzeichen auf den weißen Umhängen benützten plötzlich Seitengänge, wenn sie sein Gesicht sahen. Er öffnete die Tür zu seinen Räumen und warf sie hinter sich zu. Er fühlte nicht wie sonst die Befriedigung darüber, die schönen Teppiche aus Tarabon und Tear zu sehen, mit ihren reichen Gold- und Blautönen, die versilberten Spiegel aus Illian, die Goldblätter, die den langen, wunderbar durch Schnitzereien verzierten Tisch in der Mitte des Raums umsäumten. Ein Meister aus Lugard hatte daran fast ein Jahr lang gearbeitet. Diesmal bemerkte er das alles kaum.
    »Scharbon!« Ausnahmsweise einmal erschien sein Leibdiener nicht. Der Mann sollte an sich die Zimmer in Ordnung bringen. »Das Licht versenge dich, Scharbon! Wo bist du?«
    Aus dem Augenwinkel nahm er eine Bewegung wahr, und er wandte sich dorthin, um Scharbon fluchend zur Schnecke zu machen. Doch die Flüche erstarben ihm auf den Lippen, als ein Myrddraal mit der Geschmeidigkeit einer Schlange einen Schritt auf ihn zu tat. Die Gestalt ähnelte der eines Menschen, und er war auch etwa durchschnittlich groß, doch damit endete alle Ähnlichkeit. Stumpfschwarze Kleider und ein Umhang, der sich kaum mitbewegte, ließen seine larvenbleiche Haut noch blasser erscheinen. Und er hatte keine Augen. Dieser augenlose Blick erfüllte Carridin mit Angst, so wie es Tausenden anderer schon ergangen
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