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Die Rueckkehr der Krieger

Die Rueckkehr der Krieger

Titel: Die Rueckkehr der Krieger
Autoren: Alyssa Day
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morgen früh anrufen. Aber jetzt wollte sie ans Wasser, an den Strand. Dort war ihre Zuflucht, in der gewaltigen Macht und Ruhe des Ozeans.
    Wenn sie erst einmal das Wogen der Wellen verspürte, würde alles wieder im Lot sein.
    ***
    Conlan stand allein im Dunkeln. Mit geschlossenen Augen schärfte er alle Sinne, um zu fühlen, ob jemand in der Nähe war.
    Freund oder Feind.
    Ein Feind wäre ihm fast lieber. Er war gerade in der richtigen Laune, jemanden zu verprügeln. Er bleckte die Zähne, was im Moment seine Art zu lächeln war. Dann öffnete er abrupt die Augen.
    Denn das Tor zu seinen Gefühlen, das er fest verschlossen geglaubt hatte, war auf einmal aufgesprungen. Unter dem Ansturm peinigender Erinnerungen taumelte er und focht verzweifelt darum, aufrecht zu bleiben. Er konnte nur warten und versuchen, standzuhalten, in der Hoffnung, sein Bruder oder Alaric würden bald kommen. So schloss er die Augen wieder, kämpfte um Klarheit, versuchte, sich auf den Teil seiner Erziehung zu konzentrieren, der sich nicht mit Schwert und Dolch befasst hatte.
    Denk in Kategorien. Ein Krieger Poseidons kann Emotionen nicht gutheißen. Arroganz wirst du mit dem Leben bezahlen, Conlan.
    Es war fast, als hörte er Archelaus, der ihm ins Ohr flüsterte. Benutze alle deine Sinne. Vertraue nie deinem Geist allein. Wer das Potenzial des Feindes unterschätzt, Illusionen zu schaffen, der kommt um.
    Er konzentrierte sich wieder und schaffte es, sich zu distanzieren. Sein Hirn analysierte das Problem seiner eigenen Dualität, analysierte kühl den rasenden seelischen Schmerz.
    Offensichtlich liegt der Grund nicht in dir. Suche nach äußeren Gründen.
    Das war es also. Es war etwas außerhalb seiner selbst. Irgendjemand – oder irgend etwas – strahlte so starke Schmerzsignale aus, dass sein eigener Schutzschild davon durchdrungen wurde.
    Vielleicht war es der Feind, den er sich gewünscht hatte. Ein Freund konnte es nicht sein. Kein Bewohner von Atlantis konnte auf einen anderen Emotionen übertragen. »Na ja, man sagt ja, sieh dich vor, was du dir wünschst«, murmelte er vor sich hin und spannte seine Muskeln an, um der Flut von Kummer und Qual zu widerstehen.
    Ein wenig dachte er auch über die Quelle dieser Emotionen nach. Irgendjemand da draußen durchlief gerade die tiefste Hölle der Gefühle.
    ***
    Riley schleppte sich von ihrem alten Honda weg, den sie achtlos schräg über mehrere Parkplätze hinweg abgestellt hatte. Sie ging in Richtung Strand, der zu dieser Stunde in einer kalten Oktobernacht so gut wie verlassen sein musste.
    Dann nahm sie den salzigen Geruch des Meeres wahr, den sie gierig einatmete. Ein zarter Keim inneren Friedens formte sich und zog seine fragile Bahn durch das Chaos in ihrem Körper. Ihr Magen knurrte und erinnerte sie daran, dass sie seit über vierzehn Stunden nichts mehr gegessen hatte. Fast automatisch griff sie in die Jackentasche nach einem der Proteinriegel, die sie immer bei sich hatte.
    Bei ihrer Art von Arbeit konnte man sich kaum auf feste Essenszeiten einrichten.
    Langsam riss sie die Schutzhülle in Streifen herunter und erinnerte sich plötzlich mit Erschrecken: Morris würde nie wieder etwas essen.
    Der Gedanke zog ihr den Boden unter den Füßen weg. Wie oft denn noch? Wie oft musste sie so etwas erleben, bevor sie es schaffte, den Tod einfach so wegzustecken?
    Was war sie denn für ein Mensch, dass sie sich so etwas überhaupt wünschte?
    Sie zwang sich, wieder aufrecht zu gehen, und blickte auf die Uhr. Verdammt – fast Zapfenstreich. Sie wusste genau Bescheid über die Ausgangssperre und hatte selbstverständlich eine Ausfertigung des Gesetzes zum Schutz nicht-menschlicher Arten an eines ihrer Fenster zu Hause geklebt, wie es neuerdings gesetzlich vorgeschrieben war. »Mir egal. Ich muss jetzt einfach spazieren gehen. Man wird mich schon nicht einsperren, wenn ich ein paar Minuten nach der Verdunklung noch draußen bin«, murmelte sie vor sich hin. Das Meer bedeutete für sie Heilung und Trost, und im Augenblick brauchte sie beides dringend.
    Jetzt führe ich auch noch Selbstgespräche. Na, wenn das kein Anzeichen dafür ist, dass ich langsam durchdrehe …
    Sie kickte eine leere Dose aus dem Weg und erreichte endlich den Sandstrand. Den Proteinriegel hatte sie wieder in die Tasche zurückgestopft. Vielleicht würde sie ihn später essen.
    Das Mondlicht
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