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Die Rückkehr der Königin - Roman

Die Rückkehr der Königin - Roman

Titel: Die Rückkehr der Königin - Roman
Autoren: Bastei Lübbe
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die Chance gehabt, Angharas Häschern auf ihrem wilden Ritt nach Miranei Einhalt zu gebieten. Kieran hatte das an Verzweiflung grenzende, niederschmetternde Gefühl, dass es heute schon zu spät war.

2
    Für Anghara vergingen die Stunden und Tage nach ihrer Entführung in Calabra in nichtssagendem gleichmäßigen Grau – ihre Häscher hatte die Dosis der Droge sehr gut berechnet, und eine neue Dosis kam, sobald sie sich von der vorigen zu erholen begann. Ihr Kopf schmerzte, und wenn es nach ihr ginge, würde sie sich nur wünschen, in Ruhe gelassen zu werden, damit sie sich an einem dunklen Ort zusammenrollen und schlafen konnte. Doch der Schlaf kam nicht zu ihr, und in Ruhe ließ man sie schon gar nicht. Stattdessen registrierte sie schwach den Tumult um sich – geschäftige, menschenähnliche Schemen; übergroße, undeutliche, vierfüßige Schemen. Man hievte sie in die Arme eines Reiters hoch zu Ross. Das Pferd preschte wie durch einen Nebel über die Straße in Calabra, dann durchs Stadttor hinaus ins freie Gelände. Das ist nicht das Pferd, das ich gekauft habe , dachte sie benommen und klammerte sich an das Wissen, dass das schwere graue Armeepferd, das sie trug, überhaupt nicht ihrer gerade gekauften braunen Stute glich. Aber sie hatte nicht die Kraft, sich über all das den Kopf zu zerbrechen. Immer wieder verlor sie das Bewusstsein und blieb nur durch die starken Arme des Reiters, der sie hielt, im Sattel. Ein oder zwei Mal versuchte sie, nach der Kraft des Zweiten Gesichts zu greifen, aber die Erfahrung war zu schmerzhaft. Bei jedem Versuch spürte sie einen feurigen Stab, der ihren Kopf zu spalten schien. Deshalb gab sie ihre Versuche auf. Es war leichter, sich zurückzulehnen, an den Soldaten, der sie hielt, und an gar nichts zu denken.
    Ihre Eskorte ritt, als wären Furien hinter ihr her. Nur kurz und selten waren die Rastpausen. Die Erschöpfung verstärkte Angharas Symptome. Da sie sicher an den Reiter festgebunden war, der sie hielt, verbrachte sie den Großteil der Reise in einer Art grauer Benommenheit, weit genug von Schlaf entfernt, um ihr Ruhe zu verwehren, aber nah genug, um sie fast völlig der Wirklichkeit zu entrücken. Gelegentlich hörte sie Stimmen, wenn die Wirkung der Droge abklang und man ihr die neue Dosis noch nicht eingeflößt hatte. Einige klangen triumphierend, andere ziemlich gleichgültig und murrend. Seltsam war, dass der Triumph gedämpft war, mit leiseren Stimmen gesprochen, entfernt von der Haupttruppe der Männer. Die Klagen waren laut und lärmend.
    »... der König wird uns bestimmt belohnen ...«
    »... wenn ich Leil das in der Unterkunft erzähle, beißt der sich in ...«
    »... du lieber Himmel! Ist nicht mal jemand anderes an der Reihe? Mein Pferd ist fast ...«
    »... wer ist das Mädchen eigentlich? Wir riskieren unseren Hals für jemanden, den wie gar nicht kennen ...«
    »... du glaubst doch nicht etwa, dass jemand versuchen wird, sie zu befreien ...«
    »... sie kommt wieder zu sich. Wer hat das tamman? «
    Und dann wurde ihr die Droge ... tamman? ... mit Gewalt in die Kehle geflößt, und sie versank wieder in ihrem grauen Nebel.
    Später – viel später – würde sie sich erinnern, dass es irgendwann auf dem Wege ein Scharmützel gegeben hatte, würde sich an Geschrei und Gebrüll und Blut erinnern und dass ein Mann in dem Tumult ihren Namen gerufen hatte. Es würde eine schwache und unscharfe Erinnerung sein, aber sie glaubte, dass sie den Kopf gehoben hatte, als sie ihren Namen hörte – und keineswegs behutsam zurück in die Falten des Umhangs ihrer Eskorte gedrückt worden war, in den Staub und den Schmutz und den Schweißgestank bei einem harten Ritt. Sie hatte nicht die Kraft gehabt, den Kopf ein zweites Mal zu heben, sondern war eine Zeit lang bewusstlos geworden. Als sie wieder einigermaßen klar war, spürte sie, dass sie auf demselben oder einem ähnlichen Umhang auf der Erde lag, er roch gleich und fühlte sich gleich an. Ringsum nahm sie Bewegung wahr; Schemen liefen umher, gelegentlich ein Stöhnen, vielleicht vor Schmerzen.
    »... ich sage dir, mit Sicherheit verfolgt ...«
    »... teilt euch und lass sie ein Phantom jagen ...«
    »... mit den schnellsten? Sie rechnen gewiss damit, dass sie ...«
    »... glaube ehrlich, dass es nur die Drei waren ...«
    »... eine Hintertür. Sie können nicht jedes Tor in Miranei bewachen ...«
    »... Zeit loszureiten. Jemand soll sich um sie kümmern. Wo ist das tamman? «
    Berge ... steile Hänge voll mit
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