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Die roten Blüten der Sehnsucht

Die roten Blüten der Sehnsucht

Titel: Die roten Blüten der Sehnsucht
Autoren: Susan Peterson
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seine Schultern hob. » Dann wollen wir Trixie nicht länger warten lassen. Nicht, dass sie mit uns schimpft. Festhalten!« Und in einer Art Galopp hüpfte er mit ihr davon.
    Dabei hatte der Luftzug den Brief zu Boden geweht. Dorothea hob ihn auf und wollte ihn gerade auf die Schreibunterlage zurücklegen, als ihr mitten aus dem Text die Worte » Earl of Embersleigh« ins Auge stachen. Der Name war ihr vollkommen fremd. Sie kannte alle Geschäftspartner ihres Mannes, doch sie konnte sich nicht erinnern, jemals von einem Earl of Embersleigh gehört zu haben. Der Absender war eine Anwaltskanzlei in Bristol…
    Von der Veranda ertönte das durchdringende Scheppern der Dinnerglocke. Dorothea legte das Schriftstück auf seinen Platz zurück und wandte sich zum Gehen. Sie würde Ian später danach fragen.
    Im Flur traf sie auf die Köchin, die gerade geschickt mit dem Ellenbogen die Tür zum Esszimmer öffnete, um die Suppenterrine hineinzutragen. » Master Ian hat mich eben fast umgerannt«, murrte sie. » Wie kann ein erwachsener Mann sich nur derart kindisch benehmen? So wie er die Kleine verwöhnt, wird sie ihm später ganz sicher auf der Nase herumtanzen.« Schwungvoll stellte Mrs. Perkins die Terrine ab. Um ein Haar wäre der duftende Inhalt übergeschwappt. » Das Lamm-Stew steht rechts auf der Anrichte, der Brotpudding links. Brauchen Sie sonst noch etwas, Ma’am?«
    » Nein danke«, sagte Dorothea. Seit Trixie die Aufgaben eines Kindermädchens übernommen hatte, bediente die Familie sich selbst. Und außer Lady Chatwick, die jede unnötige Bewegung nach Möglichkeit mied, waren sie ganz zufrieden mit diesem Arrangement.
    Der Tisch war für fünf Personen gedeckt. Heather, Dorotheas Stieftochter aus ihrer ersten Ehe, war mit ihren fünfzehn Jahren alt genug, um mit den Erwachsenen zu essen, und Robert hatte sich dieses Privileg vor einigen Wochen ertrotzt. Als Siebenjähriger gehörte er eigentlich noch ins Kinderzimmer, dort jedoch hatte er sich so unleidlich aufgeführt, dass Trixie seine Forderung unterstützt hatte. » Wissen Sie, Ma’am, er hat so eine Art, die Kleinen zu piesacken, dass es mir wirklich lieber wäre.« Nach einem Blick in Dorotheas Gesicht hatte sie rasch hinzugefügt: » Er meint es sicher nicht böse, aber der Kleine weint inzwischen schon, wenn er ihn nur sieht. Kein Wunder: Die Fratzen, die er zieht, um ihn zu erschrecken, machen sogar mir Angst.«
    Schon als Säugling war Robert schwierig gewesen. Er weinte viel, schlief wenig und neigte zu Koliken. Er hatte so gar nichts von Roberts fröhlichem Naturell und auch sonst erinnerte er sie in nichts an seinen Vater. Konnte es möglich sein, dass die schlimmen Ereignisse vor seiner Geburt seinen Charakter beeinflusst hatten?
    Eine rundliche Gestalt in einer Art Zelt aus schwarzem Taft, die behäbig ins Zimmer watschelte, lenkte sie von ihren trüben Überlegungen ab. » War das nicht die Dinnerglocke?– Hm, das duftet wieder köstlich. Ich war schon halb verhungert.«
    Dorothea murmelte eine höfliche Erwiderung und half der alten Dame, ihren Stuhl zurechtzurücken. Von ihrem Platz gegenüber dem Hausherrn am anderen Tischende beobachtete sie unter gesenkten Lidern, wie Lady Arabella ärgerlich ihre fingerlosen Spitzenhandschuhe zurechtzupfte.
    » Diese Dinger machen mich noch wahnsinnig«, murrte sie. » Sie nehmen einem jedes Gefühl.« Die knotig verdickten Gelenke deuteten auf eine andere Ursache für ihre steifen Finger, aber Dorothea versagte sich den Hinweis auf den ärztlichen Rat, Lady Chatwick solle doch etwas mehr Zurückhaltung bei fetten Fleischspeisen und ihrem geliebten Portwein üben. » Die Podagra liebt Alkohol und gutes Essen«, hatte Dr. Woodforde gewarnt. » Ich auch!«, hatte die alte Dame trocken bemerkt und dem würdigen Mann erklärt, sie erwarte von ihm » Pillen und Pülverchen«, keine guten Ratschläge. » Ich bin alt genug, um zu wissen, was gut für mich ist. Ich denke gar nicht daran, den Rest meines Lebens dünnen Tee zu schlabbern und trockenen Toast zu kauen«, war ihr Kommentar nach dieser ärztlichen Visite gewesen.
    Der stürmische Eintritt einer Gestalt in Reithosen und nachlässig geflochtenen Zöpfen ließ beide Frauen unisono ausrufen: » Heather, wie siehst du denn wieder aus!«
    » Wieso, ich habe mir doch Gesicht und Hände gewaschen«, gab das Mädchen betont unschuldig zurück.
    » Und die Hosen?«
    » Ach, sei nicht so verknöchert, Dorothy. Wir sind doch unter uns. Ich trage sie sowieso
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