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Die roten Blüten der Sehnsucht

Die roten Blüten der Sehnsucht

Titel: Die roten Blüten der Sehnsucht
Autoren: Susan Peterson
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hatte Ned geächzt. Er dachte an Molly, die bald niederkommen würde. Hatte es überhaupt eine andere Möglichkeit gegeben, als zuzustimmen?
    Und es war wirklich nicht schwer gewesen: Der Fensterflügel war nur zugezogen gewesen wie versprochen. Auf dem Fensterbrett hatte die Flasche Chloroform bereitgestanden. Sogar ein Lappen hatte daneben gelegen. Ned hatte das unangenehme Gefühl, beobachtet zu werden, abgeschüttelt und getan, was ihm aufgetragen worden war. Der Junge hatte friedlich geschlafen. Als er ihm den nassen Lappen aufs Gesicht gedrückt hatte, war er fast augenblicklich still gewesen.
    Schon hatte Ned ein Bein über das Fenstersims geschwungen, als doch tatsächlich dieses blöde Kindermädchen erschienen war. Halb im Schlaf, mit der Kerze in der Hand, hatte sie zuerst gar nicht richtig realisiert, was vor sich ging. Zeit genug, um das leichte Bündel abzulegen und noch einmal den Chloroformlappen einzusetzen. Die Kleine hatte allerdings mehr Widerstand geleistet als erwartet. Bei seinem Versuch, ihr den Lappen vor das Gesicht zu halten, hatte sie so um sich geschlagen, dass die Flasche mit dem Chloroform sich über sie ergoss.
    Es war verflucht anstrengend gewesen, die Last der beiden Körper, so leicht sie ihm auch zu Anfang erschienen waren, bis zu der Jagdhüterhütte zu schleppen. So anstrengend, dass er beschlossen hatte, erst einmal eine Stärkung verdient zu haben, ehe er sein Werk zu Ende brachte. Auf ein oder zwei Stunden kam es ja wohl nicht an. Das Würmchen hatte sich so zerbrechlich angefühlt– und dass er jetzt auch die Kleine umbringen musste, war nicht ausgemacht gewesen. Sie war ja auch noch fast ein Kind.
    Es waren dann drei Stunden im Hinterzimmer des Pubs geworden, wo der Wirt ausschenkte, wenn eigentlich Sperrstunde war. Als er die aufgebrochene Tür gesehen hatte, war sein erstes Gefühl Erleichterung gewesen. Erleichterung, dass er doch nicht zum Mörder von zwei Kindern werden musste.
    Dann jedoch war ihm der Herr in den Sinn gekommen. Er würde kein Verständnis haben, wenn er ihm gestand, dass sie entwischt wären. Er wollte nicht hängen! Molly brauchte ihn. Molly und das Kind, das sie bald zur Welt bringen würde.
    Also hatte er sich an die Verfolgung gemacht. Es war nicht schwer gewesen, denn der Kleine hatte laut geweint. Am Flussufer hatte er sie gestellt. Was er nicht erwartet hatte, war der Mut des Kindermädchens. Sobald sie ihn gesehen hatte, war sie in den Fluss gestapft und hatte versucht, das andere Ufer zu erreichen.
    Wet Ned hieß nicht umsonst so. Alle wussten von seiner Scheu vor Wasser. Dennoch hatte er versucht, hinter den beiden herzuwaten. Die Angst vor seinem Auftraggeber war größer gewesen als die Angst vor dem Fluss. Auf einem schlüpfrigen Stein war die Kleine ausgeglitten und in den reißenden Teil des Avon gefallen. Während sie ihren Schützling fest umklammerte, waren die beiden den Fluss hinuntergetrieben. Die Köpfe tanzten dabei wie Borkenschiffchen auf und ab. An der unteren Stromschnelle hatte Ned sie aus den Augen verloren. Aber das war nicht weiter schlimm. Die Strudel dort waren schon versierteren Schwimmern zum Verhängnis geworden.
    Was für ein Glück! Mit äußerster Vorsicht war er wieder ans Ufer geklettert und hatte sich noch ein letztes Mal umgedreht. Nichts. Die beiden Köpfe waren nicht mehr zu sehen. Manchmal dauerte es Tage, bis die Strudel die kaum noch kenntlichen Körper freigaben.
    Trotz der nassen Stiefel war er bester Stimmung. Er hatte sich nicht die Hände schmutzig machen müssen, und dennoch konnte er dem Herrn heute Abend berichten, dass er den Auftrag erfolgreich ausgeführt hatte.
    Und so saß er nun in der düsteren Kaschemme und wartete darauf, dass sich am vereinbarten Treffpunkt bei der Selbstmörder-Eiche die vermummte Gestalt zeigte.
    Fast hätte er ihn übersehen. Er verschmolz beinahe mit den Schatten der tief hängenden Äste. Wet Ned stürzte den Rest Ale hinunter und ging ungewohnt unsicher auf seinen Auftraggeber zu.
    » Ich bin sehr zufrieden mit dir«, raunte der Herr. » Alle glauben an einen Unfall. Keine Spur von Blut, obwohl sie sogar die Jagdhunde eingesetzt haben. Die konnten die Spur aber nur bis zum Fluss verfolgen. Hast du sie erwürgt und die Leichen in den Fluss geworfen?«
    Ned nickte. Er traute seiner Stimme nicht ganz. Dieser Herr könnte vielleicht hören, wenn er log.
    » Wie du siehst, halte ich mein Versprechen.« Der Herr zog einen prall gefüllten Beutel unter dem Umhang hervor
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