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Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin

Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin

Titel: Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin
Autoren: Charlotte Link
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Barbaras Bild von der Titelseite eines Boulevardblattes entgegensprang. Ralph blieb stehen, starrte die Zeitung an und kramte gleich darauf seine Geldbörse hervor.
    »Laß doch!« rief Barbara nervös. Sie schaute auf ihre Armbanduhr. »Unser Flug geht jeden Moment!«
    »Soviel Zeit haben wir noch«, sagte Ralph. Er nahm eine Zeitung und schob dem Verkäufer über die Theke hinweg ein Geldstück zu. »Es scheint ein sehr gutes Foto von dir zu sein. Wir sollten es nicht ignorieren.«
    Es war ein gutes Foto von Barbara. Sie trug ein schwarzes Kostüm, in dem sie sowohl sexy als auch seriös aussah, hielt den Kopf hoch erhoben und hatte den Mund leicht geöffnet. Die blonden Haare wehten hinter ihr her. Darüber in dicken roten Lettern die Worte: DIE SIEGERIN.
    »Die Zeitung ist von gestern«, erklärte Barbara nach einem Blick auf das Datum. »Das Foto ist am Freitag im Gericht entstanden, nach dem Kornblum-Prozeß. Ich weiß auch nicht, warum der so viel Staub aufgewirbelt hat!« «
    Es hörte sich wie eine Rechtfertigung an, und das ärgerte sie. Warum sollte sie sich bei Ralph dafür entschuldigen, daß sie einen Prozeß gewonnen und daß die Presse daran regen Anteil genommen hatte? Weil Ralph es peinlich fand, wenn seine Frau Gegenstand reißerischer Artikel in der Yellow-Press war, weil spektakuläre Fälle sowieso unter seinem Niveau waren, weil er Strafverteidiger als Juristen zweiter Klasse ansah? Ralph unterschied sehr genau zwischen Rechtsanwälten und Strafverteidigern. Er war Rechtsanwalt, selbstverständlich. Er gehörte einer renommierten Frankfurter Kanzlei an und beschäftigte sich hauptsächlich mit großen Versicherungsprozessen, für die sich außer den Beteiligten kaum
ein Mensch interessierte. Barbara verteidigte Schwerverbrecher und hatte dabei so viel Erfolg, daß sie immer wieder Fälle angetragen bekam, die die Öffentlichkeit monatelang in Atem hielten. Ralph verdiente mehr Geld, Barbara war das Lieblingskind der Journalisten. Jedem von ihnen war das, was den anderen auszeichnete, ein Dorn im Auge.
    Als sie endlich im Flugzeug saßen — sie hatten ihr Gate in letzter Sekunde erreicht - und die Stewardessen Getränke auszuschenken begannen, fragte sich Barbara, wie so oft in den letzten Monaten, wann sich dieser ständig gereizte Ton, diese permanente Aggression in ihre Ehe eingeschlichen hatten. Es mußte schleichend passiert sein, denn sie konnte sich nicht an einen bestimmten Zeitpunkt erinnern. Sie selbst hatte sicher erste Warnzeichen übersehen. Ralph, so erinnerte sie sich, hatte schon länger von Problemen gesprochen.
    Ihr Blick fiel wieder auf die Zeitung, die auf Ralphs Schoß lag. DIE SIEGERIN! Diese Art von Presse trug immer zu dick auf, aber Tatsache war: Sie hatte gesiegt. Sie hatte Peter Kornblum aus einem wirklich schlimmen Schlamassel herausgepaukt.
    Kornblum war Bürgermeister einer Kleinstadt, kein hohes Tier zwar, aber zweifellos recht profilierungssüchtig, weshalb er sich bemühte, zumindest in der Lokalpresse eine beständige Rolle zu spielen. Als er plötzlich in Verdacht geriet, seine neunzehnjährige Geliebte mit einer Axt erschlagen und in Stücke gehackt zu haben, wurde er schlagartig einer breiten Öffentlichkeit bekannt. Bei der Gelegenheit erfuhr auch Frau Kornblum zum ersten Mal davon, daß ihr Mann intime Beziehungen zu einem Mädchen aus dem Rotlichtmilieu unterhalten hatte, was ihre bis dahin heile Welt erheblich ins Wanken brachte. Peter Kornblum verwandelte sich in ein armes Würstchen, das um Gnade und Verständnis flehte und im übrigen inbrünstig seine Unschuld beteuerte. Wie er Barbara später erzählte, hatte er sich mit seinen engsten Parteifreunden über die Frage beraten, welchen Verteidiger er wählen sollte. Einstimmig sei ihm Barbara Amberg genannt worden. »Die holt jeden raus!«
    Das stimmte so natürlich nicht. Aber sie konnte eine Reihe von Erfolgen verbuchen.
    »Glaubst du, er war es?« fragte Ralph. Er tippte mit dem Finger auf das kleine Bild von Peter Kornblum am Fuß der Seite.

    Barbara schüttelte den Kopf. »Nie im Leben. Er ist überhaupt nicht der Typ. Aber trotzdem ist er nun politisch ruiniert. Seine Frau hat die Scheidung eingereicht. Er ist fertig.« Sie nahm die Zeitung und schob sie in das Haltenetz am Vordersitz. »Vergiß es jetzt«, sagte sie, »wir verreisen. Und in zwei Tagen ist Weihnachten. «
    Er lächelte gequält. Zum ersten Mal begann Barbara ernsthaft daran zu zweifeln, ob es ein guter Einfall gewesen war, ihren
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