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Die Rose von Asturien

Titel: Die Rose von Asturien
Autoren: Iny Lorentz
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glauben, sie könne vergessen, dass er und seine Freunde ihren Vater getötet und sie entführt hatten. Am liebsten hätte sie ihm in die Hand gebissen, doch er war bereits gegangen. Sie raffte allen Mut zusammen und blickte die mollige Frau an, die ebenso wie sie kastanienbraune Haare hatte und dazu große, wie polierte Steine schimmernde Augen. Kuhaugen sind das, dachte sie und war froh, dass die ihren in einem helleren Braun leuchteten und nicht so hervorquollen. Das Kleid der Frau war wertvoller als alles, was ihre Mutter je besessen hatte, und dazu trug die Asturierin eine goldene Kette um den Hals. Wirklich eine Kuh samt Kette, fand Maite und verzog verächtlich das Gesicht.
    Doña Urraxa wollte gerade nach ihrer Beschließerin rufen, als die Tür aufsprang und ein Mädchen herausstürmte, dessen hellblonde Locken im Sonnenlicht aufleuchteten. Sie trug ein in der Taille gerafftes Gewand und sogar Schuhe, wie Maite verwundert feststellte. Es war früher Herbst und der Boden nach dem langen Sommer noch warm. Selbst ihre Mutter hatte um diese Jahreszeit noch keine Schuhe getragen.
    Das blonde Mädchen umarmte den Grafen und zeigte dann auf Maite. »Schenkst du mir die Sklavin, Papa?«
    »Ich bin keine Sklavin!«, fauchte Maite. Es waren die ersten Worte in der asturischen Sprache, die sie von sich gab.
    Der Graf hob erstaunt den Kopf. »Du kannst verstehen, was wir sagen? Das ist gut. Umso rascher wirst du dich eingewöhnen.«
    »Bitte, Vater! Ich will sie haben!« Ermengilda blickte mit leuchtenden Augen zu Roderich auf. Sie wusste, wie sehr er sie liebte, weil sie mehr einer Visigotin als ihrer Mutter glich. Sie hatte sogar blaue Augen, nur schimmerten die ihren warm in der Farbe des Sommerhimmels und nicht so hell wie die seinen.
    »Natürlich schenke ich sie dir! Wenn sie dir nicht gehorchenwill, wird Almas Stock sie schon dazu bringen.« Der Graf küsste seine Tochter, fand dann, dass er Wichtigeres zu tun hatte, als sich mit einer kleinen Waskonin zu befassen, und trat ins Haus.
    Ermengilda ging um Maite herum und musterte sie. Viel macht dieses schmutzige, dürre Ding nicht her, dachte sie. Ob sie sich wirklich als Leibmagd eignete? Immerhin war sie bald eine junge Dame und brauchte eine Dienerin, die ihre Kleidung in Ordnung hielt und ihr Haar nach neuester Mode frisieren konnte.
    Da sie Maite um ein ganzes Stück überragte, schätzte sie den Altersunterschied größer ein als die zwei Jahre, die tatsächlich zwischen ihnen lagen, und setzte eine hochmütige Miene auf. »Bevor du mir dienen kannst, werden wir dich erst in einen Bottich stecken und kräftig schrubben müssen. Außerdem brauchst du einen sauberen Kittel.«
    Doña Urraxa nickte und rief zwei Mägde herbei. Diesen befahl sie, sich Maites anzunehmen. »Wascht sie und gebt ihr etwas zu essen. Sie soll meiner Tochter dienen.« Mit diesen Worten drehte sie sich um und ließ die beiden Mädchen mit den Mägden allein auf dem Hof zurück.
    Maite stülpte die Unterlippe vor. Hier redeten alle von ihr, als wäre sie kein Mensch, sondern ein Gegenstand, über den sie nach Belieben verfügen konnten. Da sie keine Anstalten machte, den Mägden zum Waschhaus zu folgen, packten die Frauen sie unter den Armen und schleppten sie mit sich.
    Ermengilda folgte ihnen und sah zu, wie die Mägde Maite das schmutzige Kleid auszogen und angeekelt in eine Ecke warfen. Dann wurde das Kind in einen hölzernen Bottich gesetzt, der mit kaltem Wasser gefüllt war, und die Frauen rückten der Kleinen mit Bürsten zu Leibe, als wollten sie jedes Fitzelchen ihrer Haut abschaben. Maite versuchte sich zu wehren, kam aber nicht gegen die beiden kräftigen Frauen an.
    Schließlich stand sie mit Tränen in den Augen mitten im Raum und wollte ihre Kleidung zurückholen. Eine der Mägde hielt sie jedoch fest und schob das Kleid mit dem Fuß beiseite.
    »Das Zeug hier brauchst du nicht mehr. Du bekommst etwas Besseres«, erklärte sie. Gemeinsam mit der anderen Magd stülpte sie Maite einen sackartigen Kittel aus brauner Wolle über und raffte diesen in der Taille mit einer dünnen Schnur.
    »So, fertig«, sagte die Magd und wandte sich an Ermengilda.
    »Können wir dich mit diesem Wesen allein lassen? Uns wurde nämlich einiges an Arbeit aufgetragen.«
    Ermengilda nickte huldvoll. »Ihr könnt gehen. In Zukunft wird die da mich bedienen! Wie heißt du eigentlich?« Der letzte Satz galt Maite.
    Die kleine Waskonin presste die Lippen zusammen.
    »Ich habe dich etwas gefragt!«
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