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Die Reise

Die Reise

Titel: Die Reise
Autoren: David Gregory
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geschraubt der sich ausdrückte.
    »Wie viele haben
Sie
?«, fragte er.
    »Nur eins. Eine Tochter. Sie ist jetzt zwei.«
    »Zwei Jahre. Ein schönes Alter.«
    Ich lächelte. »Sie fängt gerade an, ganze Sätze zu bilden. Ich hab’ so ein Gefühl, das wird ein richtiges Plapper-maul. Gestern saßen wir im Auto und unterhielten uns über Geburtstage, und da sagte sie auf einmal: ›Mama, krieg’ ich einen Dinosaurierkuchen zum Geburtstag?‹«
    Er kicherte. »Alle Kinder mögen Dinosaurier. Ich finde das faszinierend. Es ist gerade so, als ob die Dinosaurier extra für die Fantasie der Kinder erschaffen wurden.«
    »Saras Vater kann es nicht erwarten, mit ihr in das Naturkundemuseum in Chicago zu gehen. Eigentlich ist das ja mehr was für Jungen, aber ich glaube, es wird Sara Spaß machen. Na ja, in ein paar Jahren.«
    Ich öffnete die Tüte mit meinen Brezeln und schob mir eine in den Mund.
Warum esse ich das Zeug jedes Mal?
    Der Mann auf dem Gangplatz sprach wieder. »Tut mir Leid, Ihr Erlebnis eben mit unserem Freund am Fenster.« Er nickte zu dem Fensterplatz hin.
    »Ich werd’s überleben. Bin halt gerade ein bisschen grantig.«
    »Ja, das kann ich verstehen.«
    Er nahm einen Schluck von seinem Saft und öffnete seine eigene Brezeltüte. Ich nahm an, dass er die Sache mit meiner Ehe meinte. Mindestens fünf Reihen in dem Flugzeug wussten jetzt, dass meine Ehe schieflief.
    »Sind Sie verheiratet?«, fragte ich ihn.
    »Nein, eigentlich nicht.«
    »Verlobt?«
    »Wenn Sie so wollen, bin ich zur Zeit verlobt.«
    »Und die Hochzeit? Haben Sie die schon geplant?«
    »Nicht offiziell, nein.«
    Wenn Sie so wollen
? Keine konkreten Hochzeitspläne? Was für eine Verlobung sollte das sein?
    »Sind Sie schon lange zusammen?«
    »Das hängt davon ab, was Sie unter ›lange‹ verstehen, aber es ist schon eine ganze Weile.«
    Ich stopfte den Rest der Brezeltüte in die Tasche in der Rückenlehne des Sitzes vor mir und nahm den nächsten Schluck. »Ich schätze, man weiß nie vorher, wie so eine Ehe wird.« Ich wusste nicht genau, ob ich es zu meinem Nebenmann sagte oder zu mir selbst.
    »Wie meinen Sie das?«
    »Na ja, wer rechnet schon damit, dass es in seiner Ehe Probleme gibt? Ich meine, jeder weiß natürlich, dass das Leben eines der schwersten ist, aber …«
    Halt, was machte ich denn da? Vor einer Viertelstunde hatte ich den Mann rechts von mir schier angeschrien, weil er mir zu persönlich geworden war, und jetzt – war ich drauf und dran, dem Passagier links die Geschichte meiner Ehe zu erzählen. Schön, er schien nicht halb so moralisch daherzukommen wie der andere. Aber sollte ich ihm wirklich …? Ich kannte den Mann doch überhaupt nicht. Nicht mehr als den am Fenster. Aber manchmal reden wir ja lieber mit einem Fremden. Das ist der Grund, warum manche Leute dem Barkeeper ihr Herz ausschütten. Der Barkeeper ist ungefährlich; er hört einem zu, verurteilt einen nicht und gibt nur die Kommentare, die man hören will. So ist jedenfalls die Theorie.
    Ich beschloss, weiter laut nachzudenken. Oder, besser gesagt, zu fragen. »Wie kommt es, dass so viele Männer anders werden, wenn sie verheiratet sind?«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Ich meine … Gut, Sie sind ja noch nicht verheiratet, haben Sie gesagt, aber Sie sind doch auch ein Mann.«
    »Kann man so sagen, ja.«
    »Und Sie haben doch sicher schon früher Beziehungen gehabt in Ihrem Leben.«
Er ist verlobt und gut aussehen tut er auch
.
    »Ich habe immer Beziehungen gehabt.«
    Sooo gut sieht er nun wieder nicht aus
.
    »Also, was ist das nur … bei den Männern? Erst werben sie um ihre Frau, und kaum haben sie sie, kommt ihr wahres Ich zum Vorschein.«
    »Und Sie meinen, bei den Frauen ist das nicht so?«
    »Doch, schon, aber … das ist anders. Wir verändern uns nicht total.«
    »Und Ihr Mann hat sich total verändert?«
    »Ja. Absolut. Ich wünsche mir so, dass Nick wieder mehr so sein könnte wie er war, als ich ihn kennen lernte.«
    »Und wie war er da?« Wie er die Frage stellte. Fast so, als ob er wirklich eine Antwort von mir erwartete.
    »Er hatte Zeit für mich. Ich meine, er studierte damals noch und war ziemlich beschäftigt, aber er nahm sich echt Zeit für mich. Und wenn wir dann zusammen waren, war er wirklich für mich da, ich meine, auch seelisch. Es war ganz anders als jetzt.«
    »Und wie ist er jetzt?«
    »Als wir geheiratet haben, wurde er ganz anders. Wir zogen nach Cincinnati, und er fing an Überstunden zu machen und hatte keine Zeit
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