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Die Reise

Die Reise

Titel: Die Reise
Autoren: David Gregory
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noch nicht gesehen hatte, es wagen, sich in mein Privatleben einzumischen?
    »Recht mit was?«
    »Mit Gott. Mit Jesus.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Ich habe Ihr Gespräch nicht absichtlich belauscht, echt, aber es klingt mir so, als ob Ihr Mann vielleicht wirklich Gott gefunden hat.«
    Natürlich hast du gelauscht, und jetzt willst du mir eine Moralpredigt halten
. »Mein Mann hat den nächsten Grund entdeckt, sein eigenes Ding zu machen, das ist alles. Und entschuldigen Sie, wenn ich das so sage, aber ich glaube, das geht Sie nichts an.«
    Ich drehte mich zurück und schaute fest nach vorne. Ich spürte, wie er das Gleiche tat. Wir schwiegen beide.
Das ist echt ätzend. Einen Wortwechsel mit jemandem in einem Flugzeug hab’ ich noch nie gehabt. Dass der den Nerv hat, mich einfach anzuquatschen, ich kann’s nicht glauben!
    Er hob die Zeitung von seinem Schoß hoch und hielt sie mir hin. »Sie suchen doch was zum Lesen. Darf ich Ihnen mein
Wall Street Journal
anbieten?«
    »Nein«, erwiderte ich. »Aber danke für das Angebot.«
    Er legte zwei Teile der Zeitung zurück auf seinen Schoß und schlug den dritten auf. Ich wandte mich wieder meinem Airline-Magazin zu. Nach einem Augenblick ließ er seine Zeitung wieder sinken. »Darf ich Ihnen noch eine Frage stellen?«
    Ich schloss mein Magazin, nicht ohne einen Finger an die Stelle zu schieben, bei der ich gerade war. »Von mir aus«, antwortete ich. Ich versuchte, meine Stimme höflich zu halten.
Hättest du lieber Nein gesagt
.
    »Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, eine persönliche Beziehung zu Gott zu bekommen?«
    »Nein.« Ich versuchte, meine Stimme kühl zu halten. »Ich bin nicht sehr religiös.«
    »Ich rede nicht von Religion. Ich rede von einer Beziehung.«
    »Sie reden doch über Gott! Das ist Religion.«
    »Ich rede davon, Gott persönlich kennen zu lernen.«
    »Na gut.« Ich öffnete mein Magazin wieder.
    »Glauben Sie an Gott?« Der Bursche ließ nicht locker.
    »Eigentlich nicht.« Ich vergrub meinen Kopf etwas tiefer in dem Magazin.
Bleib ganz ruhig. Geh’ nicht an die Decke
.
    »Dann glauben Sie also nicht, dass Gott existiert?«
    »Was heißt ›nicht existiert‹? Also …«
    »Nehmen wir mal an, er existiert doch. Dann haben wir es doch mit der Realität zu tun, und nicht mit Religion, oder?«
    Ich schaute wieder zu ihm hoch. »Wie ich Ihnen gerade sagen wollte, bevor Sie mich unterbrochen haben: Alles, was mit Gott zu tun hat, ist Religion. Und ich will nichts damit zu tun haben.«
    Er verschränkte seine Finger und schaute einen Augenblick auf sie hinunter, dann sah er mich wieder an. »Okay. Dann frage ich mal so: Wenn Sie heute Abend sterben würden, wüssten Sie, wohin Sie dann kommen?«
    »Nein!«
    Zwei Passagiere in der Reihe vor uns drehten sich um.
    »Nein«, wiederholte ich. »Ich glaube nicht, dass ich irgendwohin komm’, null Ahnung. Das Leben nach dem Tod interessiert mich nicht; mir reicht es, wenn ich mit diesem Leben hier zurechtkomme.« Ich hielt das Magazin demons-trativ höher und drehte mich mehr zum Gang hin.
    »Ich weiß«, sagte er. »Ich finde es einfach schade, wenn Sie Ihre Ehe wegwerfen. Ich glaube, wenn Sie …«
    Ich ließ das Magazin abrupt auf meinen Schoß fallen und sah den Kerl an. »Jetzt hören Sie mal, Sie wissen nichts über mich, meine Ehe oder mein Leben, aber Sie versuchen die ganze Zeit, mir Ihren Glauben überzustülpen! Noch mehr Gelabere über Gott ist das Letzte, was ich brauchen kann. Wenigstens hier im Flugzeug will ich meine Ruhe davor haben!«
    »Warum wollen Sie Ihre Ruhe vor diesem Teil des Lebens Ihres Mannes haben?«, fragte er.
    »Weil das nicht
ich
bin!«, schnappte ich zurück. »Und ich will auch nicht so werden, und ich will nicht, dass meine Familie so wird! Wenn Nick so sein will, bitte sehr, aber ohne mich!«
    Ich stand auf. »Entschuldigung.«
    Der Mann auf dem Gangplatz erhob sich, um mich vorbeizulassen.
    Die Leute hinter uns starrten mich an. Ich ging zum Heck der Maschine. Beide Toiletten waren besetzt, und eine Passagierin schien auf die nächste, die frei wurde, zu warten. Ich stand da, die Arme über der Brust gekreuzt, und kochte innerlich.
    Ich kann’s nicht glauben, dass ich mit diesem Kerl gesprochen hab’. Hätte genauso gut mit Nick fliegen können. Ich hab ihm gesagt, was ich von Religion halte, und da wagt der es und fängt mit meiner Ehe an!
    Ein Junge kam aus der einen Toilette, und die Frau ging hinein.
    Was soll ich jetzt machen? Ich kann nicht für den
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