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Die Reise zum Ich

Die Reise zum Ich

Titel: Die Reise zum Ich
Autoren: Claudio Naranjo
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etwas an diesem Buch abzuändern versucht
    sein sollte, wäre es lediglich die Tendenz, meine »Heilerfolge«
    allzu oft für definitiv zu halten. Heute möchte ich sie lieber als
    wichtige Schritte auf dem Weg zum Ziel verstanden wissen: zur
    Auflösung der Untergrabung des Zwangscharakters der konditionierten Persönlichkeitsstruktur.
    Die vier pharmakologischen Agenzien, die in diesem Buch
    diskutiert werden, lassen sich in zwei Kategorien gruppieren: in
    empfindungssteigernde und in imaginationssteigernde Mittel,
    denen beiden gemeinsam ist, daß sie nicht zu den psychotomi-
    metischen
    (psychosennachahmenden)
    Psychedelica
    gehören.
    Die beiden Termini »psychedelisch« und »psychotomimetisch«
    evozieren über ihre spezifische Bedeutung hinaus gegensätzliche Vorstellungen. Die beiden Worte »psychedelisch« und
    »psychotomimetisch«
    wurden
    von
    verschiedenen
    Forschern
    generell in Verbindung mit charakteristischen Erscheinungen
    angewandt. Die »Psychotomimetica« (d. h., Substanzen, die
    psychosenähnliche
    Zustände
    hervorrufen)
    wurden
    nunmehr
    zum Begriff und erweckten die Hoffnung, auf experimentellem
    Weg Psychosen erzeugen und dieses Phänomen schließlich
    restlos verstehen, kontrollieren und heilen zu lernen.
    Da diese Möglichkeit jedoch Gefahren mit sich brachte, erhielt
    die Bezeichnung bald den Charakter eines Warnsignals; es
    wurde eine Art »rotes Licht« und extrapolierend mit einem
    negativen Wert bedacht, mit dem Begriff »psychedelisch« in
    einen Topf geworfen. Das Wort »psychedelisch« (vom griechischen delos, offenbar) wurde in den fünfziger Jahren von Dr.
    humphrey osmond, einem Pionier auf dem Gebiet der neuen
    psychiatrischen Wissenschaft, geprägt und vertritt einen positiven Wert. Im Gegensatz zu dem Terminus »psychotomimetisch«, der ein reines Fachwort geblieben ist, fand das Wort
    »psychedelisch« in die Sprache des Laien Eingang, der zur Zeit
    eher zu einer positiven Bewertung der neuen Drogenerfahrungen tendiert. Während dieser ganzen Zeit schwelte ein Konflikt, erreichte den Siedepunkt und löste sich in Luft auf, ohne daß er entschieden worden wäre. Er war über die Frage entbrannt: Sind die betreffenden Drogen ihrem Wesen nach »psychotomimetischen«
    oder
    »psychedelischen«
    Charakters?
    Glücklicherweise kamen in den sechziger Jahren Substanzen
    auf, die nicht beide Eigenschaften zugleich aufwiesen, die nicht
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    zugleich psychotomimetisch und psychedelisch wirkten. Aufgrund der Tatsache, daß die vier Drogen, mit denen ich mich in diesem Buch befasse, zu den nicht-psychotomimetischen Psychedelica gehören (das heißt zu den bewußtseinserweiternden Substanzen, die keine psychotischen Erscheinungen hervorrufen - von einer Psychose im metaphorischen oder pickwicki-schen Sinn abgesehen), sind sie für den Kliniker von besonderem Interesse. Sie sind einem Bereich zuzuordnen, der zwischen dem der Substanzen, deren psychedelische Wirkung im wahren Sinn des Wortes nicht stark genug ist, und die darum
    nicht brauchbar sind - wie Scopolamin, Amphetamin oder
    Pentobarbital und dem Bereich der zu starken psychotomi-
    metischen, schwer zu steuernden und potentiell riskanten Substanzen liegt.
    Aufgrund der Natur der durch diese empfindungs- und imaginationssteigernden Mittel hervorgerufenen Erscheinungen unterscheiden sich die Versuchsprotokolle, aus denen ich in diesem Buch laufend zitiere, qualitativ nicht von denen meiner psychotherapeutischen Praxis aus der gleichen Periode. Vor
    dem Hintergrund meiner allgemeinen praktischen Erfahrung
    betrachtet, besteht das unterscheidende Moment in der Erlebnisintensität und dem Grad ihrer Bedeutungsträchtigkeit. Man könnte es so ausdrücken: Die angewandten pharmakologischen Agenzien wirkten, da sie Hemmnisse abbauten und die Erlebnisbereitschaft
    steigerten,
    als
    Katalysator
    oder
    Gleitmittel.
    Indes möchte ich hervorheben, daß die von mir geschilderten
    Resultate nicht ganz ohne meine persönliche Wirkung zustande
    kamen, also nicht notwendigerweise von jedem zu erzielen
    sind, der sich der vier Drogen psychotherapeutisch bedient.
    Meine eigenen Erfahrungen und bestimmte Data der Forschungsliteratur veranlassen mich, der weitverbreiteten Ansicht beizupflichten, daß psychotherapeutische Erfolge vom persönlichen Einsatz nicht zu trennen sind. Zudem bin ich mir
    darüber klar, daß mein eigener Bewußtseinszustand, mein eigenes Fluidum und weniger meine Fähigkeiten und Kenntnisse bei den von mir durchgeführten
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