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Die Reise nach Orb - ein Steampunk-Roman (German Edition)

Die Reise nach Orb - ein Steampunk-Roman (German Edition)

Titel: Die Reise nach Orb - ein Steampunk-Roman (German Edition)
Autoren: Anton Bärtschi
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dann: Isabelle, seine Stiefmutter. Sie hatte auf ihn gezielt, Thomas hatte sie erschossen. Wieso hatte er das getan? Seine Augen füllten sich mit Tränen.
    Doch dann sah er vor seinem inneren Auge, wie Isabell ihren Finger um den Abzug krümmte. Ganz langsam, wie in Zeitlupe, und dann hörte er sie sagen: »Wenn du hier bleibst, wirst du sterben. Ich gebe dir eine Chance zu überleben, das ist alles, was ich für dich noch tun kann.«
    Sie hätte abgedrückt, erkannte er, denn sie war nicht mehr die Isabelle, die er gekannt hatte, sie war bis auf das Hirn eine Mechanische geworden und damit für ihn eine Fremde.
    »Du musst dich ausruhen«, sagte der Pelzige. »Deine Verletzungen waren schlimm und es dauerte viel zu lange, bis sich die Biomechaniker um dich kümmern konnten. Wenn du möchtest, werde ich für dich eine angenehme Illusion produzieren. Das wird dir helfen.«
    »Nein, vielen Dank, ich möchte die Wirklichkeit so erleben, wie sie ist.«
    Plötzlich tauchte vor seinem inneren Auge eine weitere Person aus dem Vergessen auf: Eliane. Auch sie war teilweise eine Mechanische, wenn auch nicht in dem Ausmaß wie Isabelle. Wo war sie jetzt? War sie noch am Leben? Zum letzten Mal hatte er sie im Vorposten gesehen. Sie hatte ihn nach dem Unfall mit dem Roten Handschuh versorgt, seine Wunden bandagiert und ihm ein Schmerzmittel gegeben. Er erinnerte sich daran, wie er sie weggeschickt hatte, als sie bei ihm bleiben wollte.
    »Wo ist Eliane«, fragte er.
    »Lady Eliane geht es gut. Jetzt, wo du endlich aufgewacht bist, wird sie bald hier sein.«
    »Wie lange war ich denn bewusstlos?«
    »Gestern waren es vier Wochen.«
    »Was! Einen ganzen Monat? Das ist unmöglich!«
    »Doktor Dampfeisen hat dich in ein künstliches Koma versetzt. Es sei das Standardverfahren in einem solchen Fall.«
    »Doktor Dampfeisen. Hat er mich wieder zusammengeflickt?«
    In diesem Augenblick ging die Tür auf und der alte Biomechaniker mit dem weißen Rauschebart betrat das Zimmer.
    »Aha, ich bin im Gespräch«, sagte er gutgelaunt. »Schön, Sie wieder ganz unter den Lebenden zu sehen, Herr Dampfbusch.«
    Er trat zu Martin und fühlte ihm den Puls. Dann nahm er an der Maschine am Fußende des Bettes einige Einstellungen vor.
    »Die Rehabilitation kommt gut vorwärts. Schon bald werden Sie die ersten Schritte tun können.«
    Martin versuchte seine Beine zu spüren. Tatsächlich! Er konnte sogar die Zehen bewegen, auch wenn sie sich noch etwas sonderbar anfühlten. Auch der linke Arm gehörte wieder zu ihm. Das Gefühl war zurückgekehrt, bis in die Fingerspitzen. Er lächelte zufrieden. Doch dann erstarrte er plötzlich und eine dunkle Ahnung stieg in ihm auf. Panik erfasste ihn, er versuchte sich hochzustemmen und schaute den alten Biomechaniker verzweifelt an.
    »Was haben Sie mit mir gemacht, Doktor?«
    »Beruhigen Sie sich, mein Herr. Ich habe mich genau an die Vorschriften gehalten und nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt. Es hat alles seine Richtigkeit und das Resultat entspricht den hohen Qualitätsanforderungen des Mechanikums. Obschon es nicht leicht war. Hier im Vorposten standen mir nicht die Mittel und Apparate zur Verfügung wie im Mechanikum. Glücklicherweise sind wir nach Ihrem Funktelegramm sofort mit dem zweiten Autoplan aufgebrochen und haben das Wichtigste mitgenommen. Man weiß ja nie und …«
    »… was haben Sie mit mir gemacht?«, rief Martin. »Haben Sie aus mir ein Monster gemacht? Bin ich zu einem Frankenstein geworden?«
    »Ich kenne keinen Herrn Frankenstein. Aber ich kann Ihnen versichern, dass wir uns strikt an die Anweisungen von Lady Eliane gehalten haben.«
    »Eliane? Welche Anweisungen hat sie Ihnen gegeben?«
    Martins Herz hämmerte wie verrückt. Die Maschine am Fußende des Bettes begann lauter zu rattern, dazu blinkte eine rote Lampe. Seine Ahnung begann Gewissheit zu werden. Ein Albtraum wurde Wirklichkeit. Seine Beine. Waren sie amputiert und durch Mechanik ersetzt worden?
    »Wieso haben Sie das getan?«, schluchzte er. »Jetzt werde ich so enden wie Isabelle.«
    »Bitte regen Sie sich nicht auf, mein Herr. Sie haben die besten Beine bekommen, die es auf Tiffany gibt. Sogar die Kaiserin von Orb hat sich persönlich dafür eingesetzt. Es war höchste Zeit, wenn wir länger gewartet hätten, wären Sie nicht mehr am Leben. Der Wundbrand hatte bereits eingesetzt. Trotz der gefäßverschließenden Wirkung der roten Säure aus dem Handschuh und der Sofortmaßnahmen von Lady Eliane.«
    Martin atmete
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