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Die Reise der Jona

Die Reise der Jona

Titel: Die Reise der Jona
Autoren: David Gerrold
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wo sein Erster Offizier stand und wartete. Der Kapitän versuchte, einen Atemzug zu nehmen, und bemerkte zum wiederholten Mal, daß es ihm nicht gelang. Statt dessen winkte er schwach. »Tot… zu… sein… ist nicht das, was ich mir… unter einer guten Zeit vorstelle…«
    »Es tut mir leid, Sir, aber wir mußten die Burke… äh, außer Gefecht setzen.«
    »Ich hätte Sie vor ein Kriegsgericht gestellt, wenn Sie anders gehandelt hätten. Sie haben das Richtige getan.« Nach einer Pause fügte er hinzu: »Ich hoffe, ich kann mich eines Tages für den Gefallen revanchieren.«
    »Ja, Sir.« Korie erlaubte sich ein schwaches Lächeln.
    »Sie haben gute Arbeit geleistet, Mister Korie«, lobte Hardesty ihn. »Es tut mir leid, daß wir die Burke verloren haben.«
    Achselzuckend erwiderte Korie: »Es gibt auch noch andere Schiffe. Ich muß mich nicht für meine Prioritäten entschuldigen.«
    »Hmmm. Gut gesagt. Vielleicht sind Sie ja doch bereits ein Kapitän… In Ordnung. Zur Hölle, machen wir, daß wir von hier verschwinden. Bringen Sie uns nach Hause.«
    »Jawohl, Sir!« antwortete Korie stolz. Er machte einen Schritt zurück, straffte sich und salutierte förmlich vor seinem Kapitän. Dann machte er auf dem Absatz kehrt und verließ das Zimmer.

 
Die Brücke
     
     
    Hyperraum.
    Irrationaler Raum.
    Schneller als Licht.
    Superluminal.
    Alptraumzeit.
    Korie betrat die Brücke über den Steuerbordaufgang. Er pausierte an dem zerbrochenen Geländer und überblickte die Zentrale und die improvisierten Reparaturen. Tragbare Terminals hatten vorübergehend die regulären Konsolen ersetzt, und eine Projektionseinheit stand dort, wo sonst der Frontschirm die Wand ausfüllte.
    Nichtsdestotrotz, es war ihr Zuhause.
    Tor trat zu ihm. Er blickte sie an. Sie wirkte müde und erschöpft.
    Sie fegte eine Haarsträhne aus der Stirn. »In fünf Minuten sind wir in Signalreichweite.«
    »Gut.«
    »Darf ich eine Frage stellen?«
    »Schießen Sie los.«
    »Warum haben Sie uns nicht erzählt, daß alles eine Reihe ineinander verschachtelter Fallen war?«
    »Ich vertraue meinem Gesicht. Ich wußte nicht, ob ich dem Ihren vertrauen konnte.«
    »Pardon?«
    »Sie spielen nicht Poker?«
    »Doch, ich spiele Poker«, sagte Tor. »Aber Sie haben die Karten verteilt.«
    »Das war ein Spiel mit sehr hohen Einsätzen. Wenn Sie gewußt hätten, welche Karten Sie halten, hätten Sie vielleicht nicht natürlich reagiert. Je weniger Leute Bescheid wußten, desto besser.«
    »Ich sehe«, sagte sie nachdenklich. »Also haben Sie uns belogen…«
    »Ja. Ich habe Sie belogen.« Korie verfiel in Schweigen. Er erinnerte sich an die Worte Kapitän Lowells. Er erinnerte sich an das Versprechen, das er dem alten Mann gegeben – und gebrochen hatte. Ist das das Geheimnis eines guten Anführers? Zu wissen, wann er lügen muß? Der Gedanke verwirrte ihn. Er war nicht sicher, ob er eine Antwort wußte. »Verlangen Sie eine Entschuldigung?«
    Tor überlegte. »Nein. An Ihrer Stelle hätte ich wahrscheinlich das gleiche getan.«
    Korie schüttelte den Kopf. »Ich frage mich… Es beginnt mit Lügen, nicht wahr?«
    »Was?«
    »Der stückweise Verkauf unserer Seele. Niemand verkauft sie auf einmal. Wir geben sie nach und nach weg. Bis eines Tages…«
    »Wovon reden Sie?« fragte Tor.
    Korie wandte sich zu ihr um. »Wir haben dreizehn gute Leute verloren. Einige von ihnen waren noch halbe Kinder. Sie haben mir vertraut.« Er atmete tief durch. »Sie hatten recht mit mir. Ich wollte das Schiff so sehr für mich selbst, daß ich niemals über den Preis dafür nachgedacht habe. Ich war so von dem Gedanken an Rache besessen, daß ich das Blut beinahe schmecken konnte. Und jetzt, da ich den Preis von beidem kenne, da frage ich mich, ob ich die richtige Sorte von Mensch bin, um den Schmerz zu ertragen. Einige der Entscheidungen, die man zu fällen hat, sind… nicht sehr einfach zu treffen.«
    Tor Stimme war voller Verständnis. »Sie haben alles richtig gemacht. Und Sie würden es wieder tun.«
    Korie senkte den Kopf und tat, als untersuchte er die Konsole vor sich, um seine aufgewühlten Gefühle zu verbergen. Er wußte, daß sie recht hatte. Der Gedanke mißfiel ihm, aber es entsprach der Wahrheit. Er hob den Blick, und ihre Augen trafen sich erneut. »Ja«, gestand er schließlich ein. »Aber das macht es kein Stück leichter. Im Gegenteil, es macht alles nur noch schwerer. Es bedeutet, daß man all das Vertrauen wert sein muß…«
    »Wenn es Ihnen etwas bedeutet…
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