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Die Principessa

Die Principessa

Titel: Die Principessa
Autoren: Peter Prange
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Pontifikat lebt.«
    »Ich bin nur der bescheidenste Diener Eurer Heiligkeit«, sagte Lorenzo und warf den Kopf in den Nacken, nachdem er, wie es das Zeremoniell verlangte, den Fischerring und den Pantoffel des Papstes geküsst hatte.
    »Deine Bescheidenheit ist uns bekannt«, erwiderte Urban, während das Bologneserhündchen auf seinen Schoß kletterte, mit einem spöttischen Lächeln in den wachen blauen Augen, um sodann in einen privateren Ton überzuwechseln. »Glaub ja nicht, ich hätte vergessen, wie du bei unserem letzten Ausritt versucht hast, mir davonzugaloppieren.«
    Lorenzo entspannte sich. »Das geschah nicht aus Übermut, Heiliger Vater, mein Pferd ging mit mir durch.«
    »Dein Pferd oder dein Temperament, mein Sohn? Ich meine mich zu erinnern, dass du deiner Stute die Sporen gabst, statt sie zu zügeln. Aber bitte, steh auf! Ich habe dir nicht den Mantel des Cavaliere umgehängt, damit du mit ihm den Boden wischst.«
    Lorenzo erhob sich. Dieser Mann, der gerade doppelt so alt war wie er, hasste zwar falsche Ergebenheit, doch noch mehr hasste er es, wenn man ihm nicht auf der Stelle Folge leistete. Lorenzo kannte ihn wie seinen Paten. Seit er mit seinem Vater Pietro die Familienkapelle der Barberini in Sant’ Andrea restauriert hatte,förderte Maffeo ihn in vielfältiger Weise und hatte ihn bei seiner Erhebung in den Ritterstand sogar eigenhändig eingekleidet, als Zeichen der Verbundenheit. Dennoch war Lorenzo in Gegenwart des mächtigen Mannes stets auf der Hut. Denn dessen väterliche Freundlichkeit konnte von einem Moment zum anderen in Zorn umschlagen, und Lorenzo glaubte nicht, dass sich daran etwas geändert hatte, nur weil Maffeo Barberini nun über der hohen, eckigen Stirn die weiße Mitra des Papstes trug.
    »Ich hoffe, Ewige Heiligkeit werden auch in Zukunft noch Zeit finden, durch die Wälder des Quirinals zu reiten.«
    »Ich fürchte, die Zeit der Ausritte ist vorbei«, seufzte Urban. »Wie überhaupt die Mußestunden vorerst ein Ende haben. Um mein Amt zu erfüllen, müssen wohl sogar die Oden unvollendet bleiben, die ich unlängst begonnen habe.«
    »Das ist ein Jammer für die Dichtkunst«, sagte Lorenzo, »doch ein Segen für die Christenheit. Ich meine«, fügte er schnell hinzu, als Urban irritiert eine Augenbraue hob, »weil Ewige Heiligkeit nun Ihre ganze Kraft in den Dienst der Kirche stellen.«
    »Dein Wort in Gottes Ohr, mein Sohn. Und du sollst mir dabei helfen.« Nachdenklich streichelte der Papst den Hund auf seinem Schoß. »Du weißt, warum ich dich zu mir gerufen habe?« Lorenzo zögerte. »Vielleicht, um eine Büste von Ewiger Heiligkeit anzufertigen?«
    Urban runzelte die Stirn. »Kennst du nicht den Beschluss des römischen Volkes, nie wieder einem Papst bei Lebzeiten eine Bildsäule zu errichten?«
    Alter Heuchler!, dachte Lorenzo. Natürlich kannte er das Gesetz, doch was galt schon ein Gesetz? Päpste waren auch nur Menschen! Laut sagte er: »Ein solcher Beschluss darf für einen Papst nicht gelten, wie Ihr einer seid. Das Volk hat ein Anrecht darauf, sich ein Bild von Ewiger Heiligkeit zu machen.«
    »Ich will darüber nachdenken«, erwiderte Urban, und Lorenzo hörte schon die vielen blanken Scudi klimpern, mit denen der Papst ihn beschenken würde. »Ja, wahrscheinlich hast du Recht.Doch nicht darum ließ ich dich rufen. Ich habe andere Pläne mit dir – große Pläne …«
    Lorenzo horchte auf. Größere Pläne als eine Büste? Was konnte das sein? Vielleicht ein Sarkophag für den verstorbenen Papst? Er biss sich auf die Zunge, um nicht danach zu fragen. Da er wusste, dass Maffeo Barberini gern und ausführlich dozierte, bevor er zum Kern einer Sache gelangte, hörte er also geduldig zu, wie Urban von Dingen sprach, die ihn nicht im Geringsten interessierten: von den dreisten Angriffen, denen die katholische Kirche im Norden des Heiligen Römischen Reiches ausgesetzt war, von den protestantischen Ketzern, die der Teufel Martin Luther angestiftet hatte, Krieg zu führen gegen den allein selig machenden Glauben, von der bedrückenden Stimmung in der Stadt Rom, von den immer geringeren Einkünften der Staatskasse, von der Misswirtschaft früherer Päpste, vom Niedergang der Landwirtschaft, der Wollproduktion und der Tuchwebereien, von der Gefährdung der Sicherheit durch nächtlich marodierende Banden und der Gefährdung der Moral durch zuchtlose Prälaten – selbst den Gestank in den Gassen und den Unrat in den Bedürfnisanstalten vergaß Urban nicht zu
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