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Die Poison Diaries

Die Poison Diaries

Titel: Die Poison Diaries
Autoren: Maryrose Wood
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noch von gut zwei Dutzend anderen. Gibt es überhaupt noch eine Pflanze in diesem Garten, die du noch nicht bis auf die Wurzeln bestohlen hast?« Die fächerartigen Blätter beben vor Empörung. »Oder willst du diesmal mich abernten?«
    »Bitte vergib mir«, sage ich mit gesenktem Kopf. Der Baum ist nicht so groß wie die uralten Eichen und Kiefern in den Wäldern Northumberlands, aber er überragt mich um eine gute Mannslänge, und die Autorität, die er ausstrahlt, ist enorm. »Ich weiß, dass ich dem Garten viel genommen habe. Aber ich komme im Auftrag der Signora. Sie versucht ein universelles Gegengift herzustellen, und es ist sehr wichtig, dass ihr das gelingt.«
    »Für euch vielleicht. Was geht es uns an, dass ihr dummen Menschen euch gegenseitig vergiften wollt?«
    »Es ist auch für euch wichtig!«, sage ich heftig. »Denn es ist Oleander selbst, der auf diese Weise seine Macht beweisen will …«
    »Schweig!«
Die rauen Haare auf dem grauen Stamm des Baums stellen sich vor Zorn auf. »Glaubst du, du wüsstest besser als wir, was für eine Gefahr dieser Emporkömmling von einem Prinzen darstellt? Er geht euch Menschen nichts an!«
    »Mich geht er sehr wohl etwas an, denn er ist mein Feind«, fahre ich ebenso wütend auf. »Er ist eine Gefahr für Jessamine, meine Geliebte – das Mädchen, über das ich euch wieder und wieder befragt habe und das zu finden ihr nicht in der Lage seid …«
    Ich halte inne. Es ziemt sich nicht, dieses weise Wesen zu beleidigen, insbesondere, da ich einen Gefallen von ihm erbitten will. Aber der Ton des Baums wird dennoch weicher: »Die Zeit verändert alles, Weed. Wenn der Winter kommt, kann man sich ihm nicht in den Weg stellen. Das musst du akzeptieren.« Seine Blätter rollen sich zusammen und öffnen sich wieder. »Also, warum bist du hier?«
    Ich hole die drei Phiolen hervor. »Dies sind die drei Tinkturen, die Signora Baglioni hergestellt hat. Wir müssen wissen, ob eines davon die Macht besitzt, jedwedes Gift zu besiegen.«
    »Gib je einen Tropfen davon auf eines meiner Blätter, bitte.«
    Ich gehorche. Der Baum erzittert und murmelt: »Ja. Ich spüre Macht. Eine größere und zwei kleinere.«
    »Ist die größere Macht stark genug, um einen vergifteten Menschen retten zu können?«
    »Sie ist sehr groß«, erklärt der Baum. »Aber es hängt davon ab, wie mächtig das Gift ist, um das es geht. Ich kenne auch nicht die Stärke des menschlichen Körpers. Ich bin alt und weise, Weed, aber selbst ich kann nicht wissen, was unbekannt ist. Ich kann nicht sagen, ob die Macht des Mittels für deine Zwecke ausreicht. Nur, dass sie groß ist.«
    Mir ist klar, dass die Signora über diese Antwort enttäuscht sein wird, aber der Baum spricht die Wahrheit. »Und welches Mittel besitzt die größte Macht? Der erste Tropfen, der zweite oder der dritte?«
    »Eine größere, zwei kleinere«, wiederholt der Baum.
    Erneut flammt mein Zorn auf. »Jemand wie du wird doch gewiss keine Angst vor dem bösen Prinzen haben. Warum willst du es mir nicht verraten?«
    »Du bist derjenige, den nach diesem Wissen verlangt, hörender Mensch. Du bist derjenige, der den Preis für dieses Wissen zahlen muss.« Nach einer Weile fügt der alte Baum hinzu: »Der Prinz ist böse, das stimmt – aber er ist einer von uns. Wir können uns nicht gegen ihn auf die Seite der Menschen stellen.«
    Ich erhebe mich. »Ich verstehe. Danke für deine Hilfe.« Ich zögere kurz, dann frage ich noch einmal: »Hast du irgendwelche Neuigkeiten über Jessamine für mich?«
    Der Baum schwankt nachdenklich in der Brise. »Da ist ein Mädchen«, sagt er und spricht in einem merkwürdigen Singsang weiter:
    Ihr Haar ist so schwarz wie Rabenflügel,
    ihre Lippen so rot wie Mohnblüten,
    ihr Herz ist so gnadenlos wie Belladonna,
    und ihr Wille genauso tödlich.
    »Das kann sie nicht sein«, sage ich und habe das Gefühl, dass mir das Herz bricht.
    »In diesem Fall können wir das Mädchen, das du suchst, nicht finden«, sagt der Baum und verstummt.
    ***
    Glücklicherweise hält sich die Signora im Hof auf und kümmert sich um ihre Trauben. Sie wird mein Tun nicht zu früh bemerken und nicht zu spät.
    Es dauert nur ein paar Minuten, um den übelsten Trank zuzubereiten, den ich mir vorstellen kann. Schierling, Christrose, Wermut, Arsen und noch ein halbes Dutzend anderer Zutaten. Alle gleichermaßen tödlich.
    Ich könnte Honig hinzugeben, um den bitteren Geschmack zu überdecken, aber das ist nicht nötig. Ich gönne mir
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