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Die Pforten Des Hades

Die Pforten Des Hades

Titel: Die Pforten Des Hades
Autoren: Steven Saylor
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echte Weisheiten oder grausame Torheiten zugeflüstert haben.«
    »Aber warum hat Fabius Lucius ermordet?«
    »Fabius hat Rom schon mit dem Plan verlassen, Lucius zu töten, doch die Tat an sich geschah spontan. Lucius wurde hysterisch. Was, wenn ich ihm auf die Schliche gekommen wäre, was bestimmt der Fall gewesen wäre, wenn ich seine Bücher mehr als oberflächlich durchgesehen oder den Kapitän der Furie aufgetrieben hätte. Lucius sah seine drohende Vernichtung heraufziehen. Fabius beschwor ihn, kühlen Kopf zu bewahren; gemeinsam, so seine Erwägung, könnten sie mich mit anderen Dingen beschäftigt halten und mich von jedem Verdacht bezüglich ihrer Machenschaften ablenken. Wer weiß? Vielleicht hätten sie Erfolg gehabt. Aber Lucius verlor die Fassung, fing an zu weinen und beharrte darauf, daß ein volles Geständnis ihr einziger Ausweg wäre. Er hatte vor, mir alles zu gestehen und sich meiner Gnade zu überantworten. Dabei hätte er natürlich auch Fabius bloßgestellt. Fabius griff nach der Statue und machte Lucius Gestammel für immer ein Ende.
    Die Idee, die Tat den Sklaven anzuhängen, war genial, findest du nicht? Diese kaltblütige Geistesgegenwart zeugt von genau den Qualitäten, die ich von meinen Offizieren erwarte. Was für eine Verschwendung! Und noch besser, daß Zeno und Alexandras ihn überraschten - Fabius machte ihnen Angst, so daß sie panisch die Flucht ergriffen und damit zu perfekten Sündenböcken wurden. Er hatte auch noch das Glück, daß Zeno ums Leben kam, der ihn sicher erkannt hatte. Alexandros jedoch war ihm nie zuvor begegnet, so daß er Iaia und Olympias nicht erzählen konnte, wen er gesehen hatte.«
    »Und Fabius ließ den Namen Spartacus unvollendet, weil die Sklaven ihn störten?«
    »Nein, er hatte bereits das Blut in der Bibliothek und im Flur aufgewischt, war jedoch noch nicht dazu gekommen, die belastenden Dokumente an sich zu nehmen, über denen Lucius gebrütet hatte. Einige lagen offen auf dem Tisch, als er Lucius tötete, so daß sie mit Blut bespritzt wurden. Fabius rollte sie einfach zusammen und legte sie beiseite, genauer gesagt auf den Boden. Er wollte den Namen zu Ende schreiben, die Leiche noch überzeugender drapieren und dann in die Bibliothek zurückkehren, um die belastenden Unterlagen einzusammeln, damit er sie zusammen mit dem Umhang ins Meer werfen oder vielleicht auch verbrennen konnte.
    Dann hörte er eine Stimme im Flur. Offenbar hatte ihn irgendjemand im Haus hantieren hören oder war vom Lärm der fliehenden Sklaven aufgeweckt worden und aufgestanden, um nachzusehen. Die Stimme rief noch einmal, diesmal näher am Tor zum Atrium. Fabius wußte, daß er entweder sofort fliehen oder einen zweiten Mord begehen mußte. Ich weiß nicht, warum er die Nerven verloren hat; natürlich konnte er nicht wissen, ob der Neuankömmling bewaffnet war und ob es einer allein oder mehrere waren. Jedenfalls griff er den Umhang und floh.«
    »Doch niemand im Haus hat zugegeben, in jener Nacht etwas gehört zu haben.«
    »Ach?« meinte Crassus spöttisch. »Dann muß dich wohl jemand belogen haben. Man denke nur! Und wer hätte das wohl sein können?«
    »Dionysius.«
    Crassus nickte. »Der alte Schurke kam ins Atrium, wo er seinen Gönner tot auf dem Boden liegen sah. Anstatt Alarm zu schlagen, nahm er sich Zeit, die Situation zu überdenken und zu überlegen, wie er davon profitieren könnte. Er begab sich in die Bibliothek, um ein wenig herumzuschnüffeln, und fand die belastenden Dokumente. Er hatte zwar keine Ahnung, warum sie belastend waren, aber das Blut auf dem Pergament sprach für sich. Er nahm sie mit auf sein Zimmer und versteckte sie. Vermutlich hat er zum Zeitvertreib darüber gegrübelt, in welchem Zusammenhang sie zu dem Mord standen.
    Stell dir Fabius Panik vor, als er am nächsten Tag mit mir in der Villa ankam, sich bei der ersten sich bietenden Gelegenheit in die Bibliothek schlich und feststellte, daß die Unterlagen verschwunden waren! Und trotzdem zeigte er keinerlei Zeichen von Erregung. Was für eine kühle, berechnende Haltung! Rom verliert einen herausragenden Offizier.
    Erst am Abend nach deiner Ankunft gelang es ihm, sich unbemerkt zum Bootshaus zu schleichen, um die Waffen ins Wasser zu werfen. Das hatte er auch schon an den Abenden zuvor versucht, war jedoch jedesmal gestört oder sogar gesehen worden, so daß er es nicht wagen konnte. Ich glaube ja, daß er zu zögerlich war; erst deine Ankunft verleitete ihn, ein Risiko einzugehen -
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