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Die Peperoni-Strategie

Die Peperoni-Strategie

Titel: Die Peperoni-Strategie
Autoren: Jens Weidner
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Oder: »Ich fühle mich nicht respektiert von dir!« George irritiert diese Situation: »Spinnt ihr hier alle? Was wollt ihr? Verpisst euch!« Er fühlt sich jetzt auch eingeengt, denn nun stehen schon ein Dutzend Jugendlicher im Halbkreis um ihn herum. Im Rücken hat er die Wand und die Jugendlichen beginnen leise zu schimpfen: »George, was bildest du dir ein, was spielst du dich so auf? Wer bist du schon, du Frischling? Ich sag es dir: ein Niemand, du hast hier keinen Status, keine Freunde, bist elendig allein. Wenn du beißen willst – das ist hier nicht angesagt, damit liegst du völlig daneben!« Und: »Stell dich erst mal vernünftig hin und nimm die Hände aus der Hosentasche, wenn du mit uns redest!«
    Mittlerweile sind fast zwanzig Jungen um George versammelt. Sie reden auf ihn ein: laut, leise, freundlich, boshaft, ein 15-minütiges verbales Konfrontationsgewitter. George ist nun sichtlich verspannt und nervös. Er versteht diese Welt nicht: In seiner Gang wäre die Sache ganz
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anders abgelaufen, da hätte es schon längst Schläge gehagelt. Ein Mitarbeiter beendet die Konfrontation: »George, du hast es in wenigen Minuten geschafft, alle gegen dich aufzubringen. Mit Entschuldigungen ist hier nichts mehr zu machen. Wir wollen dich hier nicht haben. Du hast alle beleidigt. Hol deine Klamotten und geh!«
    Mit Koffer und Plastiktüte verlässt George den Gruppenraum, vorsichtig und verwirrt. Er wird in ein anderes Gemeinschaftshaus gebracht. Dort begrüßt ihn der Wohngruppenbetreuer Tony, der telefonisch vorinformiert wurde: »Du hast ziemlichen Ärger gehabt, Mann. Nun bist du hier. Das andere vergessen wir. Schau dir unseren Laden erst einmal in Ruhe an, bevor du auch hier wieder Stress machst. Vor allem: Sei erst einmal herzlich willkommen!« Dabei haut Tony ihm kräftig kumpelhaft auf den Rücken. George ist schon wieder irritiert, wenn auch etwas erleichtert. Eines hat er schnell gelernt: Mit seiner Härte-Show ist hier wenig auszurichten.
     
    Programme zur Förderung positiver Aggression laufen andersherum: Hier wird versucht, die moralische Hemmung, sich durchzusetzen, abzubauen und stattdessen den lustvollen, sportlichen Ehrgeiz am Wettbewerb zu fördern, gerade auch im Umgang mit Ellenbogenkarrieristen und substanzlosen Blendern!
    Ansatzpunkt für diesen Veränderungsprozess zur positiven Aggression ist auch hier das Bewusstsein, die Einstellung im Kopf der Trainees. Programme zur Förderung der Aggression zielen nicht auf die physische Ebene, sondern versuchen kognitive Barrieren und Hemmungen abzubauen, hinter denen man seine Konfliktscheu gerne versteckt. Sie wollen den Teilnehmern sozusagen den psychologischen »Segen« geben, positivaggressiv agieren zu dürfen, um gute Ziele durchzusetzen. Im Gegensatz zur normalen Aggression geht es nicht um den eigenen Schutz bei Feindseligkeitswahrnehmungen, sondern um |38| die geistige Aktivierung der eigenen Vorstellungskraft, nämlich darum, hemmende Job-Strukturen zu durchbrechen.
    Bevor ich den Durchbruch schaffe, muss ich mir den Durchbruch vorstellen und zutrauen können!
    Dieses Zutrauen, dieser Glaube an sich selbst, kann durch Trainings-Programme unterstützt werden.

Die Grundformen der Aggression
    Aggression ist nicht gleich Aggression – ihre vielfältigen Erscheinungsweisen reichen vom Schimpfen bis zum Verhöhnen, vom Schlagen bis zum Pistolenschuss, vom Beinstellen bis zum Bombenwerfen, von gereizter Patzigkeit bis zum Links-liegen-Lassen – so der renommierte Aggressionsforscher Hans-Peter Nolting. Ob sich die konstruktive Energie der Aggression in destruktives Verhalten wandelt, hängt davon ab, ob eine Situation als bedrohlich empfunden wird.
    Aggression im wirtschaftlichen Wettbewerb tritt in der Regel als Reaktion auf eine wirkliche oder auch nur vermutete Minderung der eigenen Macht in Erscheinung. Und vor Machtminderung haben in dieser Hochtempozeit viele Business-Leute zu Recht Angst. Kein Wunder also, dass die Maxime heute lautet: schneller sein, auch: aggressiver sein.
    Wer sich seines eigenen destruktiven Potenzials nicht bewusst ist, kann eine Gefahr für jede Gesellschaft und für jedes Unternehmen werden. Um uns selbst und andere besser kennen zu lernen, wenden wir uns nun den vier Klassifikationsgruppen |39| der Aggression zu, um die unterschiedlichen Formen und Ausprägungen – zugespitzt auf die Berufsrealität – identifizieren zu können. Man unterscheidet:
die explizit destruktive Aggression,
die explizit
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