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Die Palm-Beach-Verschwoerung

Titel: Die Palm-Beach-Verschwoerung
Autoren: James Patterson
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mit seinem leuchtend blonden Haar entschlossen.
    »Schau mal, so geht das.« Ich rollte ein Stück Papier zusammen und schob es in den Hals einer leeren Coors-Light-Flasche. Coors war immer das Lieblingsbier meines Bruders gewesen. Dann drückte ich den Verschluss wieder auf die Flasche und schlug mit der Handfläche darauf.
    Ich lächelte Ellie zu. »Das müsste halten.«
    »Ich habe ihn ja nie kennen gelernt, Ned, aber ich glaube, Dave würde das gefallen.« Ellie blickte mich zustimmend an.
    Ich zwinkerte ihr zu. »Hier.« Ich reichte die selbst gebastelte Flaschenpost Davey und ging mit ihm an den Rand des Wassers. »Warte, bis sich die Strömung wieder zurückzieht.« Ich zeigte auf eine Schaumkrone. »Siehst du die da?«
    Davey nickte.
    »Jetzt«, sagte ich und schob ihn zum Wasser. »Wirf!«
    Mein zwanzig Monate alter Sohn trippelte in die Brandung und warf die Flasche mit aller Kraft. Na ja, er schaffte nur einen Meter, aber sie traf auf eine zurückweichende Welle und wurde langsam vom Sog mitgezogen.
    Eine neue Welle traf auf die Flasche, so dass sie nach oben hüpfte und dort balancierte, als würde sie sich orientieren.
Dann fiel sie vom Wellenkamm und trieb weiter hinaus. Wir johlten. Ein paar Sekunden später sah sie aus wie ein kleines Boot, das sich immer wieder selbst aufrichtete und erfolgreich hinaus aufs offene Meer fuhr.
    »Wohin will sie, Daddy?«, fragte der kleine Davey und schirmte seine Augen vor dem grellen Licht ab.
    »Vielleicht in den Himmel«, meinte Ellie und blickte ihr hinterher.
    »Was ist da drin?«
    Ich versuchte zu antworten, doch mir blieben die Worte in der Kehle stecken, und mein Blick wurde verschwommen.
    »Es ist ein Geschenk«, antwortete Ellie für mich und nahm meine Hand. »Für deinen Onkel Dave.«
    Es war ein Zeitungsartikel, den ich in die Flasche geschoben hatte. Aus der New York Times. In den vergangenen Tagen war er auch in den meisten anderen großen Zeitungen der Welt abgedruckt worden.
    Die Kunstwelt war schockiert, als sich am Dienstagabend ein Gemälde, das anlässlich einer Wohltätigkeitsauktion in Palm Beach gestiftet und zunächst für die Reproduktion eines verschollenen van Gogh gehalten worden war, überraschenderweise als Original herausstellte.
    Eine Expertenkommission aus Historikern und Kuratoren der größten Auktionshäuser, die das Gemälde mehrere Tage lang untersuchten, erklärte, es handle sich um das lang vermisste zweite Porträt von Dr. Gachet, das van Gogh in den Wochen vor seinem Tod gemalt hatte. Der Vorsitzende der Kommission, Dr. Ronald Suckling von der Columbia University, nannte die Ergebnisse »unwiderlegbar« und »ein verblüffendes und wundersames Ereignis für die Kunstwelt und die Welt im Allgemeinen«. Er fügte hinzu, dass niemand »die leiseste Ahnung« habe, wo das Gemälde 120 Jahre lang gesteckt habe.

    Noch rätselhafter ist, warum das Gemälde plötzlich auftauchte und anonym dem Liz-Stratton-Fonds gestiftet wurde, einem Wohltätigkeitsverein in Palm Beach, der von der verstorbenen Ehefrau eines Finanziers gegründet wurde. Sie war angeblich Opfer einer tragischen Verbrechensserie, von der der beliebte Wohn- und Urlaubsort vor einigen Jahren heimgesucht wurde.
    Das Gemälde war Teil einer stillen Auktion anlässlich der Eröffnungsveranstaltung. Laut dem Sprecher des Vereins, Pake Lee Hufty, wurde es »anonym gespendet und übergeben. Zu keinem Zeitpunkt hatten wir geglaubt, dass es tatsächlich echt ist.«
    Das Gemälde, das auf einen Wert von mehr als 100 Mio. Dollar geschätzt wird, ist die größte Spende, die jemals einem einzelnen Wohltätigkeitsverein zuteil wurde.
    »Was die Sache aber noch unglaublicher macht, ist das Begleitschreiben«, erklärte Hufty. »›Für Liz. Möge es endlich etwas Gutes bewirken.‹ Das Schreiben war mit ›Ned Kelly‹ unterzeichnet, vielleicht eine Anspielung auf den legendären australischen Banditen des 19. Jahrhunderts, der für seine guten Taten bekannt war.
    Die Sache ist wie ein aberwitziger, großzügiger, unerklärlicher Scherz«, so Hufty weiter. »Aber wer auch immer der Spender ist, dieses Geschenk wird tatsächlich unvorstellbar viel Gutes bewirken.«
    »Ist das der Himmel?«, fragte der kleine Dave und zeigte zum Horizont.
    »Ich weiß nicht«, antwortete ich. Die Flasche funkelte ein letztes Mal auf, bevor sie mit dem Meer verschmolz. »Aber weit kann es von dort nicht mehr sein …«

Die Originalausgabe erschien 2005
unter dem Titel »Lifeguard«
bei Little, Brown
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