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Die Operation

Titel: Die Operation
Autoren: Robin Cook
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festgestellt worden. Nach dieser Diagnose war der muskulöse, sportliche Mann, der, mehr noch als Ashley, vor Gesundheit gestrotzt hatte, in Windeseile zum Krüppel geworden und nach wenigen Monaten gestorben. Die Ärzte waren machtlos gewesen.
    Nachdenklich legte Ashley die Papiere auf den Schreibtisch und starrte ins Leere. Vor einem Monat hatte er die ersten unspezifischen Symptome bei sich selbst festgestellt. Zunächst hatte er sie nicht weiter beachtet, hatte sie auf die Arbeitsbelastung oder zu viel Kaffee oder zu wenig Schlaf geschoben. Die Symptome kamen und gingen, verschwanden aber nie vollständig. Und wenn er ganz ehrlich sein sollte, sie wurden langsam schlimmer. Das Ärgerlichste war dieses immer wiederkehrende Zittern seiner linken Hand. Bereits ein paar Mal war er gezwungen gewesen, sie mit der rechten Hand festzuhalten, um zu verhindern, dass es auffiel. Dann dieses Gefühl, als hätte er Sandkörner in den Augen, wodurch sie peinlicherweise zu tränen anfingen. Und schließlich noch diese gelegentliche Steifheit, die das Aufstehen und das Losgehen zu einer geistigen und körperlichen Anstrengung machte.
    Letzte Woche hatten ihn diese Schwierigkeiten endlich bewogen, trotz seiner fast abergläubischen Bedenken zum Arzt zu gehen. Aber er war weder ins Walter-Reed noch ins Bethesda-Naval-Hospital gegangen. Er hatte zu viel Angst davor, dass die Medien Wind davon bekamen, dass mit ihm etwas nicht stimmte. Solche Art Publicity konnte Ashley nicht gebrauchen. Nach fast dreißig Jahren Zugehörigkeit zum Senat hatte er sich große Bedeutung erworben. Er war eine Kraft, mit der man rechnen musste, auch wenn er als Blockierer galt, der die Vorgaben seiner Partei regelmäßig unterlief. Aber sein konsequentes und permanentes Engagement für biblischfundamentalistische und populistische Anliegen wie zum Beispiel die Beschneidung der Rechte des Staates und das Schulgebet hatte ihm, ebenso wie seine ablehnende Haltung gegenüber der Abtreibung oder der gesellschaftlichen Gleichbehandlung benachteiligter Gruppen, eine wachsende Gefolgschaft im ganzen Land und über die Parteigrenzen hinweg gesichert. Mit einer gut geölten politischen Maschinerie im Hintergrund war die Wiederwahl in den Senat kein Problem. Und für 2004 peilte er die Eroberung des Weißen Hauses an. Spekulationen oder irgendwelche Gerüchte über seinen Gesundheitszustand konnte er da nicht gebrauchen.
    Als Ashley seine Zurückhaltung gegenüber einer ärztlichen Untersuchung schließlich aufgegeben hatte, hatte er einen Internisten in Virginia aufgesucht, den er von früher her kannte und auf dessen Diskretion er zählen konnte. Der Internist hatte ihn dann unverzüglich an Dr. Whitman überwiesen, einen Neurologen.
    Dr. Whitman hatte sich zwar nicht festgelegt, aber als er von Ashleys größter Sorge erfahren hatte, hatte er gesagt, er glaube nicht, dass es sich in diesem Fall um das Gehrig-Syndrom handele. Nach etlichen gründlichen Untersuchungen, darunter auch eine Kernspintomographie, hatte Dr. Whitman zwar keine Diagnose geäußert, hatte Ashley aber ein Medikament verschrieben, das er ausprobieren sollte, um zu sehen, ob die Symptome damit verschwanden. Dann hatte er Ashley einen Termin für die nächste Woche gegeben. Bis dahin sollten alle Untersuchungsergebnisse vorliegen, sodass er eine Diagnose stellen konnte. Und genau dieser Besuch stand Ashley nun bevor.
    Ashley strich sich mit einer Hand über die Augenbrauen, wo sich Schweißtropfen gebildet hatten, obwohl es kühl im Raum war. Er konnte das Rasen seines Pulsschlags spüren. Und wenn er jetzt doch das Gehrig-Syndrom hatte? Oder einen Gehirntumor? Damals, in den frühen Siebzigern, als Ashley noch State Senator war, hatte einer seiner Kollegen einen Gehirntumor bekommen. Vergeblich versuchte Ashley, sich daran zu erinnern, welche Symptome der Mann gezeigt hatte. Er wusste nur noch, dass er ein Schatten seiner selbst geworden und dann gestorben war.
    Die Tür zum Vorzimmer ging ein Stück weit auf. Dawn streckte ihren sorgfältig frisierten Kopf herein. »Carol hat gerade vom Handy aus angerufen. Sie ist in fünf Minuten am Treffpunkt.«
    Ashley nickte und stand auf ohne jede Schwierigkeit. Das war ermutigend. Der einzige Lichtblick in dieser ganzen Angelegenheit war, dass die Medikamente von Dr. Whitman offensichtlich Wunder vollbracht hatten. Die Besorgnis erregenden Symptome waren allesamt verschwunden, abgesehen vielleicht von einem leichten Zittern kurz bevor er die nächste
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