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Die Normannen

Die Normannen

Titel: Die Normannen
Autoren: C.H.Beck
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die durch Heirat das südfranzösische Herzogtum Aquitanien an sich gebracht hatte, auf den englischen Thron gelangte, ergab sich eine folgenreiche Situation: Nun herrschte der König von England auch über zwei Drittel Frankreichs, deren Lehnsherr der französische König war. Daraus entstanden Konflikte, die schließlich zum sogenannten Hundertjährigen Krieg (ca. 1337–1453) zwischen England und Frankreich führten. Am Ende verloren die englischen Könige so gut wie alle ihre Besitzungen auf dem Festland.
    England vor 1066 Doch werfen wir zunächst einen Blick auf die Situation vor 1066: Der Ärmelkanal, der England von Frankreich trennt, war selbst bei den beschränkten Reise- und Transportmöglichkeiten des Mittelalters keine unüberwindbare Grenze. Dies galt besonders für die Wikinger, die auf dem Meer zu Hause waren. Die im 6.–7. Jahrhundert christianisierte britische Insel war aufgrund ihrer Nähe zu Skandinavien bereits seit dem Ende des 8. Jahrhunderts das Ziel nordischer Piraten, die es vor allem auf die Schätze der wehrlosen Benediktinerabteien abgesehen hatten. Die Herrscher der sieben kleinen angelsächsischen Königreiche, in die England geteilt war, leisteten kaum Widerstand. Lediglich dem König von Wessex, Alfred dem Großen (871–899), gelang 878 in der Schlacht von Edington einSieg über das skandinavische Heer. Der angelsächsische König war jedoch gezwungen, den Wikingern, die in den englischen Quellen als Dänen bezeichnet werden, den Norden und Osten Englands zu überlassen. Das Gebiet, in dem sie nun ansässig wurden, nannte man seit dem 10. Jahrhundert
Danelaw
oder
Danelag
(dänischer Rechtsbereich).
    Die Wikinger des
Danelag
und weitere neu ankommende Skandinavier unternahmen häufig Raubzüge in andere Gebiete Englands. Wie seinerzeit die Frankenherrscher konnten auch die englischen Könige den Abzug der Plünderer nur durch die Zahlung hoher Geldsummen erreichen. Die Forderungen der Wikinger stiegen immer mehr: von 10.000 Pfund Silber im Jahr 991 auf angeblich 48.000 Pfund im Jahr 1012. König Alfreds Ururenkel, Ethelred II. (978–1016) – später wegen seiner schlechten Ratgeber, auf die er gehört habe,
Unraed
(der Unberatene) genannt –, verschlimmerte die Lage durch unüberlegte Aktionen. Er befahl 1002, die in England lebenden «Dänen» umzubringen. Damit provozierte er das Eingreifen des dänischen Königs Sven Gabelbart, der nun seine bisherigen Raubzüge in einen Krieg zur Eroberung Englands ausweitete. Als 1013 auch London in dänische Hand fiel, floh der englische König in die Normandie.
    Ethelred hatte 991 ein Abkommen mit dem Normannenherzog Richard I. geschlossen. Dadurch hoffte er, die Raubzüge der Wikinger, die über Stützpunkte an der normannischen Küste verfügten, zu verhindern. Die Auswirkungen dieses Abkommens scheinen aber gering gewesen zu sein. Ethelreds Verbindungen zur Normandie wurden erst enger, als er 1002 Richards Tochter Emma heiratete (s. Tafel S. 26). Diese gebar ihm zwei Söhne, Eduard (den späteren König von England) und Alfred. Nach dem Tod Sven Gabelbarts 1014 kehrte Ethelred mit Edmund, seinem Sohn aus einer ersten Ehe mit der Angelsächsin Elfgifu, nach England zurück, wo er 1016 starb. Inzwischen war auch Svens Sohn Knut nach England gekommen und beanspruchte ebenfalls die Herrschaft. Schließlich fand man einen Kompromiss: Edmund wurde König von Wessex, Knut erhielt den vorwiegend von «Dänen» besiedelten Norden und OstenEnglands. Doch als nur wenige Monate später Edmund starb, fiel Knut die Herrschaft über ganz England zu.
    Knut wurde später der Große genannt, weil es ihm in den nächsten Jahren gelang, ein angelsächsisch-skandinavisches Großreich zu schaffen, das neben England auch Dänemark (ab 1020) und Norwegen (ab 1030) umfasste. Es handelte sich aber um kein Staatswesen mit gemeinsamen Strukturen, sondern um eigenständige Königreiche, über die Knut in Personalunion herrschte. Knut war ein christlicher König, der eng mit der Kirche zusammenarbeitete. Er kann also eigentlich nicht mehr als Wikinger bezeichnet werden. Die Christianisierung Dänemarks hatte bereits um 965 mit der Taufe seines Großvaters König Harald Blauzahn begonnen. Durch seine Heirat mit der Witwe Ethelreds, der Normannin Emma, 1017 stellte sich Knut in die Tradition der angelsächsischen Könige. So verhinderte er auch, dass Emmas Bruder, der Normannenherzog Richard II., zugunsten der Söhne aus Emmas erster Ehe mit Ethelred in
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