Die Nonne und die Hure
einen Mörder gedungen hat«, sagte Christoph. »Dieser Mann hat Nanna getötet, nachdem Lion erfuhr, dass sie mit Murare über ihn gesprochen hatte.«
»Und der Mörder versuchte Celina daran zu hindern, etwas herauszubekommen?« Brinello schien nicht ganz überzeugt zu sein. »Warum hat er sie dann nicht gleich getötet in dem Palazzo? Es muss noch etwas anderes dahinterstecken. Er wollte, dass sie leidet.«
Christoph lief ein Schauer über den Rücken. Was konnten sie tun, um zur Aufklärung der Verbrechen beizutragen?
»Wir könnten morgen noch einmal zu Immuti gehen«, schlug Hans vor, »und ihn über den neuesten Stand der Dinge befragen.«
Die Schiffsreise zurück nach Venedig verlief ruhig. Celina stand oft mit ihren Eltern an der Reling und sprach mit ihnen über Vergangenheit und Zukunft.
»Das Wichtigste war für mich immer, etwas über euren Aufenthalt zu erfahren«, sagte sie und legte ihre Hand in die ihrer Mutter. »Lange Zeit dachte ich, ihr wäret tot.«
»Das hätte auch passieren können«, meinte ihr Vater. »Als die Piraten unser Schiff enterten, glaubte ich, unser letztes Stündlein hätte geschlagen. Überall war Blut, Scherben lagen verstreut, und der Pulverdampf machte das Atmen schwer. Ich habe die ganze Zeit danach geschaut, dass Palladia nichts zustößt.« Liebevoll blickte er auf seine Frau.
»Wir hatten furchtbare Angst«, erzählte Celinas Mutter weiter. »Die Piraten fesselten uns und brachten uns unter Deck, wo wir bei Wasser und Brot ausharren mussten.«
»Zu den Ruderern?«, fragte Celina entsetzt.
»Es gab einen kleinen Raum dort unten«, antworteteihre Mutter. »Aber wir konnten die Flüche und das Seufzen dieser armen Männer hören.«
»Und das Knarren der Ruderpinnen«, ergänzte ihr Mann. »Später kamen wir in einen Hafen an der dalmatinischen Küste. Die Forderung nach Lösegeld schlug fehl. Wir wurden zusammen mit anderen auf den Markt gestellt, von den Händlern begutachtet und an Raischi verkauft.«
»Das war unser Glück«, fiel Celinas Mutter ein, »denn er wollte uns als Bedienstete in seinem Haus haben. Später ließ er uns frei, aber wie schon gesagt, waren wir völlig mittellos und blieben daher bei ihm.«
»Ich bin froh, euch wieder bei mir zu haben«, sagte Celina.
»Wie ist denn die Lage in Venedig?«, fragte ihr Vater.
»Ich weiß es nicht«, antwortete Celina. »Als wir wegfuhren, hatte der Zehnerrat gerade den Abt Lion von Convertite in Abwesenheit zum Tode verurteilt.«
»Sind Faustina und Eugenio ebenfalls bestraft worden?«, wollte ihr Vater wissen.
»Sie sitzen im Keller des Dogenpalastes und werden später für alle Zeiten verbannt«, gab Celina zur Antwort.
»Das haben sie auch verdient«, sagte Celinas Mutter. »Die schrecklichen Geschehnisse sind jetzt aufgeklärt. Aber was ist mit diesem Mann, der dich so sehr bedroht hat?«
»Der mit der Totenmaske?«, fragte Celina zurück. »Bis zum heutigen Tag habe ich die Erinnerung an ihn weggeschoben. Aber ich habe nachts oft geträumt, dass er zurückkommt und mich töten will.«
Andriana, die in ein Gespräch mit dem Kapitän vertieft gewesen war, gesellte sich zu ihnen.
»Ich habe es gespürt, dass du darunter gelitten hast«, sagte sie. »Oft habe ich dich im Traum sprechen hören. ›Nein, ich will nicht‹, hast du gerufen und abwehrend die Hände von dir gestreckt.«
»Der Mann mit der Maske hatte etwas gesagt, das mir einfach nicht mehr einfällt«, versetzte Celina. »Ich glaube, wenn ich es weiß, kenne ich auch den Mörder!«
Bei ihrer Ankunft in der Serenissima sah Celina Christoph unter den Wartenden. Sie konnte es kaum erwarten, zu ihm zu gelangen. Sie umarmten sich. Als Andriana und Celinas Eltern kamen, umarmte er auch sie.
»Ich muss gehen«, sagte Andriana. »Morgen werde ich euch in eurem Palazzo besuchen.«
Celina verabschiedete die Freundin zerstreut.
»Leider ist etwas sehr Unangenehmes geschehen«, sagte Christoph, nachdem Andriana im Gewühl der Menge verschwunden war.
»Ist eure Reise zum Gardasee schlecht verlaufen?« Celina hatte ein flaues Gefühl im Magen.
»Nein, die Reise war durchaus erfolgreich. Wir haben den Abt Lion und Suor Mathilda in der Villa Breitnagels in Riva gefunden. Sie wurden von den Signori della Notte hierher überführt. Und der päpstliche Gesandte, Capilupi, hat uns alle vom Vorwurf der Ketzerei freigesprochen.«
»Das ist doch wunderbar!«, erwiderte Celina. »Was kann es dann noch Unangenehmes geben?«
»Breitnagel ist diesmal
Weitere Kostenlose Bücher