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Die Nonne mit dem Schwert (German Edition)

Die Nonne mit dem Schwert (German Edition)

Titel: Die Nonne mit dem Schwert (German Edition)
Autoren: Lea Korte
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es ist das Beste für dich, schon jetzt das Gelübde abzulegen. Das Bewusstsein, für immer zu uns zu gehören, wird dir Kraft geben.« Nach einem Augenzwinkern fügte sie hinzu: »Außerdem entkommst du damit den Fittichen von Schwester Asunción – und erhältst eine eigene Zelle.«
    »Aber ich will keine eigene Zelle! Ich will hier raus!«, begehrte Catalina auf. »Ich will mich frei bewegen können und selbst entscheiden, wann ich was tue, und ich will …«
    Schwester Euralia legte ihr die Hand auf den Arm. Sie überragte das dünne, hoch aufgeschossene Mädchen mit den feurigen Augen nur um wenige Zentimeter. »Glaube mir, du wirst dich hineinfinden in dein Schicksal. Das tun alle. Gott wird dir beistehen, wie er auch uns beigestanden hat.«
    »Beistehen, beistehen …« Catalinas Wangen glühten vor Zorn und Empörung, aber unter Schwester Euralias gütigem Blick fiel beides wieder in sich zusammen.
    »Schwester, bitte.« Sie faltete die Hände. »Ihr müsst mir helfen! Ihr seid doch die Einzige …«
    Schwester Euralia nickte ihr beruhigend zu. »Natürlich werde ich dir helfen. Und auch Gott wird dir helfen. Sprich mit ihm. Er wird dir einen Weg weisen. Den Weg zu deinem Herzen – und zu uns.«
    »Schwester, Ihr versteht mich nicht.«
    »Doch, mein Kind, ich verstehe dich sehr wohl. Aber das ist die einzige Hilfe, die ich dir anbieten kann. Und jetzt lass uns zu den anderen gehen.«
    Sanft schob sie Catalina aus der Zelle. Als ihre Hand von Catalinas Arm glitt, überlief das junge Mädchen ein Schaudern.

    Sie waren die Letzten, die die kleine Kapelle für die Abendmesse betraten. Während Schwester Euralia in den hinteren Bänken bei ihren Mitschwestern Platz nahm, musste Catalina nach vorn zu den anderen Novizinnen gehen. Sie rutschte in die erstbeste Bank. Als sie sah, dass sie einen Platz neben Ainoa erwischt hatte, fühlte sie sich ein bisschen besser. Da es ihnen streng untersagt war, in der Kapelle auch nur miteinander zu flüstern, begrüßte Ainoa sie lediglich mit einem Lächeln und benutzte dann die Zeichensprache, die Catalina und sie sich schon vor geraumer Zeit ausgedacht hatten.
    »Doch nicht von den Ratten gefressen worden?«, formte sie mit ihren langen, flinken Fingern und grinste die so lange verschollene Freundin an. Auch Ainoa war fünfzehn Jahre alt, aber anders als Catalina sollte sie keineswegs ihr ganzes Leben, sondern nur die Zeit bis zu ihrer Hochzeit hinter diesen Mauern verbringen und Lesen, Schreiben, Latein, Musik und Geschichte lernen. Ainoas Familie hielt nichts von der landläufigen Meinung, ein Mädchen solle ungebildet bleiben, und machte sich auch keine Gedanken darüber, dass Ainoa ihr Wissen auf dem Heiratsmarkt schaden könne – schließlich verfügten sie über die größte Schiffsflotte der Stadt und weitreichende Besitzungen, und Ainoa war ihr einziges Kind …
    Ainoa war erst vor drei Jahren ins Kloster gekommen und hatte sich Schwester Asunción schon am Tag ihrer Ankunft widersetzt, was ihr sofort Catalinas Sympathie eingebracht hatte. Ainoa war das einzige Mädchen, zu dem Catalina je Kontakt gesucht hatte. Die anderen waren ihr immer zu brav, zu sittsam, zu ängstlich gewesen.
    »Ich habe einen Apfel für dich aufgehoben«, redeten Ainoas Hände nun weiter. »Ich bringe ihn nachher mit zu den Latrinen.«
    Der Pfarrer trat aus der Sakristei. Die Schola sang den Introitus vor, die anderen Nonnen wiederholten den Kehrvers. Auch Catalina und Ainoa mussten sich erheben, mitsingen und die Hände falten, und deswegen war ihr Fingergespräch beendet.

    Catalina war kaum bei den Latrinen angekommen, als Ainoa auch schon mit geraffter Kutte auf sie zugelaufen kam. Sie fiel ihr um den Hals. »Ich dachte schon, die lassen dich da nie mehr raus!«
    Catalina erwiderte ihre Umarmung. Anschließend zauberte Ainoa den Apfel aus ihrer Brusttasche hervor und reichte ihn ihr. Heißhungrig biss Catalina hinein. »Mm, schmeckt der gut – nach all dem trockenen Brot!«
    Ainoa sah ihr beim Essen zu, doch dann wurde sie unruhig. »Du, sag mal, ich … Ich habe gehört, dass du bei den nächsten Weihen dabei sein sollst …«
    Catalina umfasste den Apfel fester, erwiderte aber nichts.
    »Und was willst du jetzt tun?«, setzte Ainoa nach einer Weile nach.
    »Gar nichts«, knurrte Catalina. »Ich lege das Gelübde einfach nicht ab.«
    »Aber musst du denn nicht?«
    »Ich tu’s einfach nicht.«
    »Und wenn sie dich zwingen?«
    »Wie denn? Mit vorgehaltener Pistole?«
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