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Die Nomadengott-Saga 01 - Der Nomadengott

Die Nomadengott-Saga 01 - Der Nomadengott

Titel: Die Nomadengott-Saga 01 - Der Nomadengott
Autoren: Gerd Scherm
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erklärte sich das mit seinen heimatlichen Gefühlen, weil er nicht wusste, dass er sich hier mehr als zweihundertfünfzig Meter unter dem Meeresspiegel befand.
    Anders als Bethlehem war Jericho stark gesichert, das Tor wurde von mindestens sechs Männern bewacht. Die fragten die Tajarim misstrauisch, was sie in der Stadt wollten, denn es war bei ihrem kleinen Gepäck eindeutig, dass sie keine Händler waren. Seshmosis erklärte, dass er nach alten Verwandten suche und man auch nur kurz bleiben wolle. Der Anführer beäugte die Tajarim ganz genau, überzeugte sich davon, dass sie nur die landesüblichen Waffen zur Selbstverteidigung trugen, und winkte sie dann durchs Tor.
    Seshmosis wagte es, ihn zu fragen, an wen er sich auf der Suche nach seinen Verwandten wenden könne, und der Mann verwies ihn zum Haus des Patriarchen.
    Die Tajarim beschlossen, sich vorher noch nach einer Herberge umzuschauen und sich zu säubern. Seshmosis überlegte, dass es nicht gut wäre, mit sechs Mann beim Patriarchen vorstellig zu werden, und so nahm er lediglich den Karrenbauer Schedrach mit. Die anderen sollten sich in der Zwischenzeit in der Stadt umhören.
    Das Haus des Patriarchen lag direkt neben einem hohen Turm, der steinalt aussah. Vor dem Stadthaus standen wieder einige Wachen, doch da die Tajarim nur zu zweit und offensichtlich unbewaffnet waren, ließ man sie problemlos ein. In einer schlichten kleinen Eingangshalle stand ein älterer Mann an einem Pult.
    Da Seshmosis nicht wusste, wie der Mann auf Ägypter zu sprechen war, beschloss er seinen wahren Namen nicht zu nennen. Man konnte nie wissen.
    »Guten Tag. Ich bin Raffim, und das ist mein Freund Schedrach«, sagte er, und Schedrach neben ihm bekam einen Hustenanfall. »Ich bin Schreiber und komme aus Gaza.«
    Der Mann lächelte ihn freundlich an. »Ich bin Elias, der Pförtner. Hat Barak die Feder aus der Hand gelegt?«
    Seshmosis schluckte. »Nein, keineswegs. Es geht ihm gut. Er ist ein Freund von mir. Er hat mir sogar geraten, hierher zu kommen, um nach meinen Vorfahren zu suchen.«
    »Ahnenforschung also. Ja, ja, das war schon immer das Spezialgebiet von Barak. Nun, ich will Euch gern helfen, wenn ich kann.« Mit diesen Worten bedeutete er ihnen, weiter hinten in der Halle Platz zu nehmen, wo etliche Sitzkissen um einen flachen Tisch gruppiert waren. Seshmosis und Schedrach nahmen die Einladung dankend an.
    Ein junges Mädchen erschien und reichte ihnen frisches Wasser und kleine Kuchenstücke. »Ich danke dir, Rachel«, sagte Elias.
    Anscheinend waren alle Frauen dieser Erde, die den Namen Rachel trugen, bezaubernde Geschöpfe, dachte sich Seshmosis und sah ihr verträumt nach.
    »Meine Tochter«, erklärte der Pförtner.
    »Sie ist wunderschön. Wie Eure Stadt«, beeilte sich Seshmosis hinzuzufügen.
    »Ja, ja, unser schönes Jericho. Schön und alt, uralt. Wusstet Ihr, dass der Turm nebenan fünftausend Jahre älter ist als die großen Pyramiden?«
    Sie wussten es nicht.
    »Nach wem genau sucht Ihr, werter Raffim?«
    »Ah, nach einem Urahn, werter Elias, sein Name war Tiglat. Viele, viele Generationen zurück. Er soll Jericho bei einer großen Hungersnot verlassen haben. Und er hatte mindestens drei Söhne, Habak, Hiram und Mani.«
    »Oh! Euer Vorfahr ist Tiglat? Der schrecklichste Patriarch in der Geschichte von Jericho?«
    Seshmosis zuckte zusammen. Er hatte nicht damit gerechnet, dass er so schlimm war.
    »Ihr erinnert Euch? Ich meine, einfach so, ohne irgendwo nachzusehen?«, wunderte sich der Schreiber.
    »Für die Namen der Patriarchen brauche ich keine Aufzeichnungen. Ihr müsst wissen, ich bin nicht nur Pförtner, sondern auch Großarchivar.«
    »Es tut mir Leid, dass mein Urahn so schrecklich war.«
    »Es muss Euch nicht Leid tun, Ihr könnt ja nichts dafür. Außerdem ist das schon sehr lange her.«
    »Was war eigentlich so schrecklich an ihm?«, wollte Seshmosis wissen. Wenn schon die Wahrheit, dann die volle, dachte er sich.
    »Alles. Schlicht alles. Er war hart, ungerecht, verschwenderisch und brutal. An seinen Händen klebte mehr Blut als an der Schürze eines Schlachters. Kein Wunder, dass sein Stamm die Geschichte von der Hungersnot erfand.«
    »Die Hungersnot war erfunden?«, staunte Seshmosis.
    »Aber ja doch. Sehr geschickt gemacht. Ohne die Hilfe seiner Söhne hätte es nie geklappt. Aber die konnten es auch nicht mehr mit ansehen. Also sorgten sie dafür, dass immer weniger Lebensmittel öffentlich angeboten wurden und noch weniger in den Palast
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