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Die Neuen - Herz des Gladiators - Nachbars Garten

Die Neuen - Herz des Gladiators - Nachbars Garten

Titel: Die Neuen - Herz des Gladiators - Nachbars Garten
Autoren: Martin Clauß
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ist mir damals zum ersten Mal passiert – im Schlaf. Später konnte ich es dann immer besser kontrollieren. Für mich nenne ich es den Doppler-Effekt, weil ich mich dabei ja eigentlich verdopple.“
    „Astralprojektion“, sagte Margarete. „Gut beschrieben in Aksakows ‚Animismus und Spiritismus’ oder bei Muldoon und Carrington. Ein interessantes und … relativ häufig anzutreffendes Phänomen.“
    „Können Sie es?“, fauchte Madame Spectre, und nun blitzte zum ersten Mal echte Feindseligkeit auf.
    „Können Sie es unseren Studenten erklären?“, lautete Margaretes Gegenfrage.
    „Ich kann lernen, es zu erklären! Aber Sie können nicht lernen, es zu tun!“ Die Frau kam so nahe an den Tisch heran, an dem die drei saßen, dass Margarete ihr Parfum riechen konnte. Es war ein Sandelholz-Duft, süß und dunkel.
    „Bitte! Beruhigen wir uns doch wieder …“ Werner Hotten sah nicht glücklich aus. Die Situation drohte ihm zu entgleiten, und wenn die Dozentin erst richtig in Fahrt kam, war es ihm noch nie gelungen, sie zu stoppen.
    „Möglicherweise sollten wir Madame Spe… Frau Schikorski tatsächlich eine Chance geben“, meinte Salvatore vorsichtig. „Die Theorie wurde bei uns stets großgeschrieben, was natürlich wichtig ist in einer Universität, aber … an dieser Stelle über einen etwas praxisorientierteren Lehrplan nachzudenken, wäre vielleicht kein Fehler.“
    „Ganz deiner Meinung, Signore Misterio“, kläffte Margarete. „Eine Mischung aus Jahrmarktsattraktionen und … und Tabledancing wäre ohne Frage eine Bereicherung für unsere Schule. Und bei der Gelegenheit können wir Falkengrund gleich umbenennen. Wie wäre es zum Beispiel mit Redlight-Hogwarts? Oh, da fällt mir ein, wir müssen noch schnell dreizehn Zauberstäbe bestellen. Möchtest du auch einen, Kollege? Ach nein, du hast ja schon einen.“
    Peinliches Schweigen machte sich nach Margaretes Ausbruch breit. Werner spürte, dass es an ihm war, etwas zu sagen, aber ihm fiel nichts ein. Er sah ja ein, dass diese Frau wahrscheinlich nicht die Idealbesetzung für eine Dozentenstelle war, und beim Versuch, sie sich in irgendeiner Weise als Sir Darrens rechtmäßige Nachfolgerin vorzustellen, bekam man gleichzeitig Ohrensausen und Magendrücken. Trotzdem erschien ihm eine Notlösung besser als gar keine Lösung. Und da sie die anderen beiden Kandidaten noch nicht beschnuppert hatten, konnten sie nicht ausschließen, dass Madame Spectre das kleinere Übel sein würde. Sie durften sie nicht gleich hinauswerfen.
    Außerdem hatte sie etwas sehr … Belebendes an sich. Die Vorstellung, dass sie fortan im Zimmer neben dem seinen wohnen würde, war ungemein erfrischend. Als Kind hatte er einmal ein Loch in die Wand gebohrt, die das Zimmer des Dienstmädchens von dem seinen trennte, und seine Eltern hatten geschlagene fünfzehn Jahre gebraucht, um dahinterzukommen. Es waren die schönsten Jahre seines Lebens gewesen. In letzter Zeit hatte er nicht mehr an diese Episode gedacht – genau bis zu dem Moment, als diese Frau in den Raum trat.
    „Frau Schikorski“, sagte er langsam und mit leiser Stimme, beinahe wie ein Pastor. „Sie haben bestimmt noch andere Talente. Erzählen Sie uns etwas darüber.“
    „Ich bin sehr vielseitig“, behauptete Madame Spectre wie aus der Pistole geschossen. „Und sehr kreativ. Ich designe Dinge. Zum Beispiel entwerfe ich Ouija-Bretter in indianischem Look. Ich habe die Theorie, und das ist wissenschaftlich fundiert, dass die Ouija-Bretter eine Erfindung der Indianer sind, ursprünglich.“
    „Und was ist das wissenschaftliche Fundament für diese Theorie?“, erkundigte sich Margarete mit einem provozierten Gähnen.
    „Ich glaube, dass Ouija ein indianisches Wort ist. Es klingt ein bisschen wie Quipu. Das sind diese Knotenschnüre. Vielleicht haben Sie davon gehört. Ich habe sie in mein Design einfließen lassen.“
    Margarete seufzte und verdrehte die Augen. „Erklär du es ihr, Salvatore.“
    Der Italiener zögerte. „Tja, es ist nicht mein Fachgebiet. Aber zufällig weiß ich, dass … dass das Wort ‚Ouija’ sich aus dem französischen ‚Oui’ und dem deutschen ‚Ja’ zusammensetzt.“
    „Wirklich?“, sagte die Frau und machte ein Gesicht wie ein staunendes Kind.
    „Okay“, schnaufte Werner. „Danke, das reicht für den Augenblick. Frau Schikorski, würde es Ihnen etwas ausmachen, draußen Platz zu nehmen, während wir mit den anderen Bewerbern sprechen?“
    Und Salvatore fügte eilig
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