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Die Nacht der Schakale

Die Nacht der Schakale

Titel: Die Nacht der Schakale
Autoren: Will Berthold
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Pullacher Camp von einer späten Rache für Guillaume. Das verräterische Phantom, das bei uns herumgeistern soll, trägt in der unmittelbaren Umgebung des BND-Präsidenten bereits den Codenamen der Sperber.« Lupus griff sich eine ›Navy Cut‹; der neben ihm sitzende Konopka gab ihm Feuer. »Wenn wir konsequent und schlüssig nachstoßen, können wir diesen Sperber als unseren Jagdfalken dressieren.«
    Offensichtlich begriff Laqueur, der Schnelldenker, als erster, daß der General daran dachte, aus drei Einzelpannen eine Elefantenfalle zu errichten, und er lächelte geringschätzig, weil er diese Dickhäuter auf der anderen Seite nur zu gut kannte. Da ihm aber auch die Methoden des HVA-Chefs vertraut waren, begann sich Laqueur zu fragen, ob die Schlappen von Sindelfingen, Bonn und München nicht bereits zur Inszenierung des Generals Lupus gehört und ob nicht womöglich – als Start eines bedachten, wenn auch bedenkenlosen Vabanquespiels – Verrat auf Geheiß vorlag.
    »Wenn ich Sie recht verstehe, wollen Sie also für die Gegenseite einen falschen Maulwurf in kolossaler Größe aufbauen, Genosse Lupus«, gab Konopka dem Untergrund-General ein Stichwort.
    »Erraten, Konopka«, erwiderte er. »Zunächst einmal: Das Politbüro der SED ist bereits verständigt. Unsere sowjetischen Freunde in Moskau sind – wie ich bei meinem Besuch soeben feststellen konnte – mit einer solchen Operation nicht nur einverstanden, sie drängen mich geradezu, sie voranzutreiben. Außer den schon Informierten und den hier Anwesenden wird niemand von dem Plan erfahren. Ich möchte noch einmal betonen: Der Fall Sperber hat sich von selbst entwickelt. Ohne unser Zutun. Inzwischen erhielten die Amerikaner bereits Wind von der Sache, sie setzen Pullach unter Druck, um beteiligt zu werden. Wie ich die Yankees einschätze, bleibt es nicht dabei; sie werden die ganze Affäre an sich ziehen. Damit steigt der Fall Sperber aus dem nationalen Bereich zu internationaler Dimension auf. Wenn wir den richtigen Köderfisch an den Haken hängen«, konstatierte der subversive General, in seiner Freizeit auch ein leidenschaftlicher Angler, »werden sie daran ersticken – wir können Pullach und die CIA gleichzeitig in einer noch gar nicht übersehbaren Größenordnung fertigmachen. Nun möchte ich mit Ihnen im einzelnen durchsprechen, welche Szenen wir unseren Gegnern in das Drehbuch schreiben.«
    Major Sobotka, der jederzeit Zutritt auch zu Geheimgesprächen hatte – als Nachahmer des Generals von den anderen mit dem Spottnamen Lupusculus bedacht –, saß im Nebenraum und stellte fest, daß die Signallampe aufleuchtete, die mit den Tonbandgeräten gleichgeschaltet war. Diese direkte Nachrichtenverbindung über eine Magnetaufzeichnung gab es nur für Informationen aus dem DDR-Raum; falls sie mitgehört würden, wäre der Adressat in der Normannenstraße zugleich Lauscher. Der Referent des Generals wartete, bis das Kontrollämpchen erlosch, dann spulte er das Band zurück und tippte den Text mit zwei Fingern selbst in die Schreibmaschine: KLABAUTERMANN.
    So nannte der Anrufer sein Codewort. Seine Stimme lief über Verzerrer, der jede Möglichkeit ausschloß, sie zu identifizieren. Es war nicht einmal der Rückschluß möglich, ob der Informant alt oder jung, männlich oder weiblich war; eine Kunststimme ohne Charakter.
    Martin Keil hat soeben aus Bonn eine strengvertrauliche Mitteilung über den Rahmen der bevorstehenden Swing-Verhandlungen erhalten. Demnach ist die BRD-Regierung entschlossen, trotz Protestes der Opposition – selbst bei bisheriger Höhe des Pflichtumtausches bei der Einreise von BRD-Bürgern – den zinslosen Warenkredit der DDR weiterhin zu gewähren. Aus kosmetischen Gründen soll der Betrag, künftig jährlich kündbar, vorübergehend von 850 auf 600 Millionen verringert werden. Bonns Unterhändler haben Anweisung erhalten, den DDR-Behörden gegenüber äußerst unnachgiebig und energisch aufzutreten. Sollten sie dabei keinen Erfolg haben, ist mit dem Abschluß eines neuerlichen Swing-Abkommens auf der neuen Basis in etwa 14 Tagen zu rechnen.
    Sabotka nahm das Blatt aus der Schreibmaschine, überlegte kurz. Die Nachricht erschien ihm wichtig genug, sie General Lupus in die Geheimbesprechung hineinzureichen, zumal Brosam und Konopka daran teilnahmen, deren Dienstbereich die Information betraf.
    Er öffnete die Tür, blieb stehen. Lupus sah zu ihm hin, nickte ihm zu. »Was gibt's?« fragte er seinen persönlichen
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