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Die Mutter des Erfolgs - Die Mutter des Erfolgs

Titel: Die Mutter des Erfolgs - Die Mutter des Erfolgs
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erfuhr, dass Elizabeth zwei Kinder hat, jünger als meine, die ebenfalls an der Neighborhood Music School waren, und sie hatten mehrere Auftritte von Sophia und Lulu miterlebt. «Ihr Töchter sind phänomenal », sagte sie. «Sie haben meine Kleinen wirklich angespornt.»
    Früher hätte ich bescheiden abgewehrt: «Ach nein, so großartig ist das doch gar nicht», und inständig gehofft, dass sie weiterfragte, damit ich von Sophias und Lulus jüngsten musikalischen Meisterleistungen erzählen konnte. Jetzt schüttelte ich nur den Kopf.
    «Spielen sie noch?», hakte Elizabeth nach. «Man sieht sie gar nicht mehr an der Schule.»
    «Meine ältere Tochter spielt noch Klavier», antwortete ich. «Die Jüngere, die Geigerin – sie spielt heute nicht mehr so viel.» Es war wie ein Messer im Herzen. «Sie spielt jetzt lieber Tennis.» Auch wenn sie auf Platz 10000 in ganz New England ist. Von 10000.
    «Oje!», sagte Elizabeth. «Wie schade. Ich erinnere mich sehr gut, wie begabt sie war.»
    «Sie wollte es so», hörte ich mich sagen. «Es war zu viel Zeitaufwand. Sie wissen ja, wie Dreizehnjährige sind.» Und bei mir dachte ich: Was für eine westliche Mutter ich geworden bin. Was für eine Versagerin.
    Aber ich hielt Wort. Ich ließ Lulu Tennis spielen, wie sie es wünschte, nach ihrem eigenen Tempo. Ließ sie selbst entscheiden. Ich weiß noch genau, wie sie sich zu einem Anfängerturnier des US-Tennisverbands anmeldete. Gutgelaunt, sichtlich adrenalingeladen, kam sie zurück.
    «Wie war’s?», fragte ich.
    «Oh, ich hab verloren – aber es war mein erstes Turnier, und meine Strategie war ganz falsch.»
    «Wie ist es ausgegangen?»
    «Null-sechs, null-sechs», sagte Lulu. «Aber meine Gegnerin war wirklich gut.»
    Wenn sie so gut ist, warum spielt sie dann bei einem Anfängerturnier, dachte ich düster, aber laut sagte ich: «Bill Clinton sagte neulich in Yale vor Studenten, wirklich gut wird man nur in dem, was man liebt. Es ist gut, dass du Tennis liebst.»
    Aber nur, weil du was liebst, fügte ich in Gedanken hinzu, heißt das nicht, dass du je wirklich gut wirst. Nicht, wenn du nicht dran arbeitest. Die meisten Leute sind nicht gerade umwerfend, wenn sie was lieben.

34     Das Ende
     
     
    Lulu auf dem Tennisplatz
     
    Vor kurzem veranstalteten wir bei uns zu Hause ein formelles Abendessen für Richter aus aller Welt. Eine der demütigendsten Erfahrungen im Dasein eines Juraprofessors in Yale ist, dass man hin und wieder mit Koryphäen zusammentrifft, die zu den bedeutendsten zeitgenössischen Juristen zählen. Seit nunmehr zehn Jahren führt das Seminar über globalen Konstitutionalismus in Yale höchstinstanzliche Richter aus Dutzenden Ländern zusammen.
    Zur Unterhaltung unserer Gäste luden wir Professor Wei-Yi Yang ein, Sophias Klavierlehrer, der bereit war, einen Auszug aus dem Programm vorzutragen, das er für die berühmte Horowitz-Klavierreihe in Yale vorbereitete. Großzügig schlug er vor, es solle doch auch seine junge Schülerin Sophia auftreten, und spaßeshalber könnten Lehrer undSchülerin sogar noch ein Stück zu vier Händen spielen – «En Bateau», aus Debussys Petite Suite .
    Ich war unglaublich aufgeregt und nervös und sagte fürsorglich zu Sophia: «Du darfst das auf keinen Fall vermasseln. Von deinem Vortrag hängt alles ab. Wenn er nicht absolut spitzenmäßig perfekt ist, haben wir die Richter beleidigt. Jetzt setz dich ans Klavier und steh nicht mehr auf.» Wahrscheinlich war noch immer ein Rest der chinesischen Mutter in mir.
    Die nächsten paar Wochen waren wie eine Neuauflage des Probelaufs vor der Carnegie Hall, nur dass Sophia jetzt fast ausschließlich allein übte – ich schrie nur gelegentlich eine Kritik von oben oder aus der Küche. Tatsache war, dass Sophias Stücke – das «Allegro appassionato» von Saint-Saëns, eine Polonaise und ein «Fantaisie-Impromptu» von Chopin – in technischer Hinsicht meine Kompetenz weit überstiegen. Im Übrigen hatte Wei-Yi gesagt, dass auf dem Niveau, das Sophia inzwischen erreicht habe, künstlerischer Tiefgang und Musikalität entweder aus ihr kämen oder gar nicht. Unterdessen ließen Jed und ich bis auf den Flügel sämtliche Möbel aus dem Wohnzimmer entfernen. Ich schrubbte persönlich den Fußboden, und wir mieteten Stühle für fünfzig Personen.
    Am Abend ihres Auftritts trug Sophia ein rotes Kleid, und als sie hereinkam und sich verbeugte, überfiel mich Panik. Während der Polonaise saß ich wie gelähmt. Auch den
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