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Die Mission

Die Mission

Titel: Die Mission
Autoren: Rod Rees
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während sie mehr schlecht als recht über den jungfräulichen Schnee schlitterten. Im Hub trugen Geräusche sehr weit.
    »Eine halbe Stunde höchstens.«
    »Das reicht nicht.«
    »Vielleicht nicht, um Norma zu befreien, aber doch, um den verdammten Übertragungsritus aufzuhalten.«
    »Wie willst du das anstellen?«
    »Ich habe einmal im Stürmer einen Artikel über das Ritual gelesen, mit dem Crowley den Frühling willkommen heißt. Da stand etwas von einem Fenster auf der höchsten Säule, in der sich die Höhle befindet. Das erste Morgenlicht des Frühlings fiel durch diese Öffnung. Und laut Crowley besitzt dieser erste Lichtstrahl große okkulte Kraft. Vielleicht können wir das Ritual unterbrechen, wenn wir das Fenster verbarrikadieren.«
    Sie liefen so schnell ihre Füße sie trugen durch den wirbelnden Schnee und die schwindende Dunkelheit auf die leuchtenden ManteLit-Säulen zu. Als sie näher kamen, wurde die Jenseitigkeit des Baus immer deutlicher. ExterSteine bestand aus fünf gigantischen Säulen, die wie starre Finger inmitten des flachen schneebedeckten Graslands, das den Hub bildete, aus der Erde ragten. Die ManteLit-Säulen leuchteten grünlich in der Dunkelheit. Ella schätzte, dass die höchste Säule – Liliths Säule – etwa siebzig Meter hoch war und dreißig Meter Umfang haben musste. Ganz oben flackerten Lichter.
    Ein seltsam gruseliges Gefühl packte sie.
    Sie war schon einmal hier gewesen.
    »Hier muss der Übertragungsritus stattfinden«, rief sie. »Hier hält Crowley seine Rituale ab.«
    Vanka zeigte auf eine Wendeltreppe, die sich um die Säule schlängelte. »Und da geht es rauf.«
    Die Treppe war nicht bewacht. Ella konnte sich diese Tatsache nur damit erklären, dass das Ritual so geheim war, dass Crowley so wenige Zuschauer wie möglich haben wollte und deshalb keine Wachposten aufgestellt hatte. Das gesamte Umland war menschenleer, weder eine menschliche Fährte noch Wagenspuren befleckten die jungfräuliche Schneedecke.
    Der Weg nach oben war anstrengend, die Treppe steil, die Stufen vereist und mit Schnee bedeckt. Der heftige Wind peitschte ihnen ins Gesicht, doch sie hatten keine Zeit, um sich auszuruhen. Ella konnte der Versuchung nicht widerstehen, über die Runen an der Wand der ManteLit-Säule zu streichen. Obwohl die Inschriften im unübersetzbaren UrVölkisch A geschrieben waren und PINC ihr nicht helfen konnte, sie zu entziffern, wusste Ella, was dort geschrieben stand … wusste plötzlich, dass sie diese seltsame Sprache einmal gesprochen hatte.
    In Lilith/ wurde ich, Loki, wiedergeboren.
    Und wiedergeboren / Lilith verschmähte
    ABBA s Harmonie. / Durch Liliths
    Magie / wurde die Harmonie
    zerstört.
    Harmonie, sagte sie / ist der eisige Hauch
    des Ideals / die tote Hand
    die gefrorene Seele / die unausgesprochene Idee
    das Entfalten/ der Blume,
    die niemals blüht.
    Um Neues /
    zu erschaffen / raste Lilith
    in ihrer stillen Wut.
    Dies ist die erste Wahrheit.
    Um zu erschaffen / muss man zuerst zerstören.
    Die zerstörte Vollkommenheit der Wanen auslöschen.
    Sie hatte keine Zeit, über die Inschrift nachzudenken. Das dumpfe Licht, das mit jeder Minute am östlichen Horizont zunahm, trieb sie voran. Die Zeit wurde knapp. Verzweifelt schleppte sie ihren protestierenden Körper die Stufen hinauf, bis sie endlich atemlos, keuchend und schwindelig vor Anstrengung die flache runde Plattform auf der Säule erreichte und mit einem Mal auf dem Dach der Welt stand.
    Ella hasste die Höhe, ihr war noch nie im Leben so schwindelig gewesen. Die Demi-Monde, die sich unter ihnen erstreckte, erschien ihr endlos weit weg, und bei dem heftigen Wind, der ihr um die Ohren blies, hatte sie noch mehr Mühe, auf dem glatten ManteLit-Boden Halt zu finden.
    »Noch ein Stück weiter«, schrie Vanka über die Windstöße hinweg. »Im Osten. Da muss die Öffnung sein.«
    Sie stemmten sich gegen den Wind und bahnten sich einen Weg auf die östliche Seite der Säule. Vanka hatte recht gehabt. An dieser Seite waren zwei große hölzerne Klappen angebracht, die sich der rasch aufsteigenden Sonne zuwandten. Daneben erkannten sie einen gewaltigen hölzernen Hebel, wahrscheinlich, um die Klappen zu betätigen.
    Wieso sind sie nicht bewacht?
    Vanka nahm seinen Gürtel ab. »Wir binden die Griffe an den Klappen zusammen, dann lassen sie sich nicht mehr öffnen!«
    Seine Erklärung wurde vom unmissverständlichen Klicken eines Revolvers unterbrochen. Sie blickten auf. Vor ihnen saß Burlesque Bandstand
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