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Die Messermacher (German Edition)

Die Messermacher (German Edition)

Titel: Die Messermacher (German Edition)
Autoren: Petra Mehnert
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dann bekam man so eine Kur verschrieben. Nun musste ich mir nur überlegen, ob ich sie noch vor ihrer Abfahrt aufsuchen sollte oder erst in der Klinik. Wie stark die Patienten wohl dort bewacht wurden? Ob die auch mal Besuch empfangen und mit ihm spazieren gehen durften? Da ich das nicht wusste und momentan auch keine Lust hatte, das irgendwie herauszufinden, beschloss ich, sie vor der Abfahrt abzupassen. Ich hatte auch schon eine genaue Vorstellung davon, wie die Sache ablaufen sollte.  
     
    Heute war also der Abreisetag von Marianne Angerer zur „Kur“. Ich hatte nochmal nachgeforscht und festgestellt, dass sie höchstwahrscheinlich die Entzugsklinik in Oppenweiler meinte. Soso, hatte man also ein kleines Alkoholproblem! Vielleicht konnte ich mir das zunutze machen?  
    Jedenfalls wartete ich geduldig vor ihrem Haus, gut versteckt und immer noch in Weiberklamotten, auf die gute Marianne. Ich nahm an, dass sie am Vormittag dort einchecken sollte und bei einer knappen Stunde Fahrzeit (Google Maps sei Dank!) würde sie sicher bald losfahren. Es dauerte dann auch nicht lange und sie kam zur Tür heraus und steuerte die Tiefgarage an. Da sie am Handy hing, war sie glücklicherweise so abgelenkt, dass ich ihr unbemerkt folgen konnte. Nach einem kurzen Blick durch die dämmrige Garage stellte ich erleichtert fest, dass sonst niemand drin war. Marianne stellte ihren Koffer hinter ihrem Porsche ab und telefonierte anscheinend mit jemandem aus der Familie, denn sie verabschiedete sich und versprach, sich regelmäßig zu melden. Nachdem sie das Gespräch beendet hatte, wuchtete sie ihren überdimensionalen Koffer in den Kofferraum und mit einem gezielten Handkantenschlag an ihren Hals schickte ich sie gleich hinterher. Bisher hatte ich nur in Filmen gesehen, wie man das machte oder in Krimis darüber gelesen, aber es funktionierte auf Anhieb und anscheinend erstaunlich gut, denn die Frau lag nun bewegungslos über ihrem Koffer. Das war ja einfach. Nun musste ich sie nur noch neben ihren Koffer schieben, um diesen dann herausnehmen zu können. Beides hatte in dem kleinen Kofferraum keinen Platz. Nachdem ich sie noch schnell gefesselt und geknebelt hatte, stellte ich den Koffer auf den Beifahrersitz und suchte dann in ihrer Jacke, die sie über dem Arm getragen hatte, nach dem Autoschlüssel. Auch den fand ich mühelos und konnte gar nicht fassen, dass das alles so reibungslos abgelaufen war. Doch in diesem Moment rief jemand von der Türe her: 
    „Marianne! Warte mal kurz. Ich wollte dir noch was mitgeben.“  
    Erstarrt blieb ich stehen, war dann aber doch so geistesgegenwärtig, den Kofferraum zu schließen, bevor eine ältere Dame mich erreicht hatte.  
    „Ich wollte dir noch einen selbstgebackenen Kuchen mitgeben, meine Liebe“, rief sie von weitem und kam langsam und etwas wackelig auf den Beinen näher. Panik stieg in mir hoch – ich konnte doch diese arme Alte nicht auch noch zusammenschlagen! Was sollte ich nur tun? Doch dann kam mir die Frau zu Hilfe, indem sie fragte: 
    „Wo bist du denn, Marianne? Ich hab meine Brille nicht auf und du weißt doch, dass ich dann im Dunkeln so schlecht sehe.“ 
    Uff, das war ja praktisch. Ich räusperte mich und versuchte zu krächzen, damit sie meine Stimme nicht erkannte. 
    „Hier bin ich, aber ich bin spät dran. Sehr lieb von Ihnen. Danke.“ 
    „Bist du krank, Schätzchen? Und seit wann sagst du Sie zu mir?“, fragte die Alte und streckte mir zögernd den Kuchen entgegen. Ich nahm ihn schnell und sagte nur: 
    „Muss wohl daran liegen, dass ich krank bin. Ich muss jetzt echt los. Nichts für ungut und auf Wiedersehen!“ 
    Damit stieg ich schnell ein und ließ eine etwas verdutzte Nachbarin zurück. Sollte die doch über Marianne denken, was sie wollte. Ich musste jetzt los und der Rest war mir egal. Wie lange Marianne noch bewusstlos bleiben würde, konnte ich nicht abschätzen und ich musste sie so schnell wie möglich von hier wegbringen. Ich hatte auch schon einen Plan ausgeheckt, wohin ich sie schaffen wollte.  

40 
     
    In die Messerwerkstatt kehrte allmählich wieder der Alltag ein. Immer wieder wurden die Angerers an den Verlust ihrer Eltern und Großeltern erinnert – mal wollte sie jemand sprechen, mal tauchten Fragen bei der Herstellung auf, mal war etwas in der Buchhaltung nicht ganz klar oder der Rechtsanwalt hatte noch Fragen zu irgendwelchen Bankkonten oder Wertpapieren. Jeden Morgen, wenn Nora nun mit ihrem eigenen Schlüssel die
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