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DIE MEROWINGER: Letzte Säule des Imperiums

DIE MEROWINGER: Letzte Säule des Imperiums

Titel: DIE MEROWINGER: Letzte Säule des Imperiums
Autoren: Robert Gordian
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des jungen Bobo, der das leitende Hofamt des comes palatii, des Palastgrafen, versah und somit als erster Mann nach dem König galt.
    Er kam ohne Eile herbei und neigte respektvoll, doch nicht zu ehrerbietig den Kopf vor dem Bischof. »Salve! Es freut uns, dass du dich wieder mal zu uns begibst«, sagte er in bemühtem Latein. »Auch die anderen Herren … Wir fühlen uns durch euern Besuch geehrt. Man wird sich gleich um die Pferde kümmern.«
    Er steckte zwei Finger in den Mund und stieß einen Pfiff aus. Ein paar Knechte kamen gemächlich herbei.
    »Und wo ist dein König?«, fragte der Bischof missgestimmt. »Bisher war es üblich, dass mich der Hausherr selber willkommen hieß. Herr Childerich hat das niemals versäumt. Warum eifert der Sohn nicht dem Vater nach? Ist das bei euch Franken nicht Brauch? Und hat man uns denn nicht kommen sehen? Mir schien, dass man uns auf dem Turm bemerkt hatte.«
    »Gewiss«, sagte der Palastgraf ohne Verlegenheit. »Es wird jeder bemerkt, der näher kommt. Leider hast du heute kein Glück. Da kommst du nun von weit her, machst bei der Hitze die beschwerliche Reise, und wie es der dumme Zufall will … der König ist fort.«
    »Ist fort? Wie? Hat man ihn etwa vertrieben?«
    »Das nicht. Er hat sich zu seinen Vettern nach Cambrai begeben. Ein Versöhnungsbesuch. Sie wollen im heiligen Hain den Göttern opfern und den Frieden beschwören.«
    »Ach, lass mich mit deinen Göttern in Ruhe!«, sagte Remigius ärgerlich. »Chlodwig ist also nicht da. Wie schön! Da macht man sich nun Sorgen um ihn, will raten und helfen … kommt mit einem wichtigen Anliegen … bringt ihm auch einen vornehmen Freier für eine seiner Schwestern … und er? Ist wieder mal abwesend!«
    »Du solltest erst einmal einen Trunk zu dir nehmen«, sagte Bobolen beschwichtigend. »Wir haben gut gekühlten Wein.«
    Remigius nörgelte noch ein bisschen, ließ sich aber überreden. Der Franke führte ihn ins Herrenhaus, dessen Erdgeschoss in ganzer Länge und Breite als Empfangs- und Trinkhalle diente. Wuchtige Pfeiler stützten die Decke, Tische waren zu zwei längs und einer quer laufenden Reihe zusammengeschoben.
    Der Raum war fast leer. Nur in einer Ecke saßen ein paar ältere Franken um einen Krug Bier.
    In die Hände klatschend, verjagte Bobolen eine Hühnerschar, die auf den Tischen umherspazierte und Brotreste aufpickte. Unter den Tischen balgten sich Hunde, auch eine Ziege spazierte umher. Der Bischof und seine Begleiter ließen sich an der Querreihe auf den Bänken nieder, unter den Bälgen von Bären und Wölfen, die hinter ihnen als Trophäen an die Wand genagelt waren. Die Männer des Schutztrupps hielten sich abseits, die Knechte wurden woanders versorgt.
    »Etwas Geduld!«, sagte Bobolen. »Gleich wird auch ein Imbiss aufgetragen, ihr müsst ja hungrig sein. Leider ahnten wir nichts von eurem Kommen, sonst wären wir besser vorbereitet.«
    »Melde mich bei Frau Basina an«, sagte Remigius, nach wie vor missgestimmt. »Oder ist sie etwa auch unterwegs?«
    »Die edle Frau Mutter des Königs ist anwesend. Ich bin sicher, sie wird erfreut sein, wenn sie hört, dass du da bist.«
    »Dann solltest du ihr die Freude nicht länger vorenthalten.«
    Der schnurrbärtige Palastgraf gab den Mägden, die noch rasch den Hühnerdreck von den Tischplatten wischten, ein paar Befehle, die Versorgung der Gäste betreffend, und verschwand dann über eine Treppe zum Obergeschoss.
    »Ein Jammer, dass Childerich so früh dahinging«, sagte der Bischof, wobei er sich umdrehte und stirnrunzelnd zu den Trophäen hinter sich aufblickte. »Wenn er noch lebte, hinge dort jetzt das Kreuz statt dieser Scheußlichkeiten. Ich hatte ihn schon fast so weit. Noch zwei, drei Besuche, und er hätte sich taufen lassen.«
    »Aber begraben ließ er sich wie ein übermütiger Heide!«, wandte der dünne Diakon Chundo ein. »Die Hälfte seines Schatzes soll er mit ins Grab genommen haben. Ganze Säcke voller Goldsolidi. Sogar sein Pferd hat man mit ihm bestattet.«
    »Sein Pferd?«, fragte der junge Mönch mit runden Augen. »Hat man es extra umgebracht?«
    »Was sonst? Sie haben es abgestochen und über seiner Grabkammer beigesetzt. Und zwar mit goldenem Zaumzeug! Aber damit wird er im Jenseits keinen Eindruck machen. Der Herr im Himmel wird wissen, wo sie das Geld gestohlen haben. In unseren Kirchen!«
    »Still, Chundo, mäßige dich!«, sagte Remigius und blickte hinüber zu den Franken in der Ecke, die ihrerseits die Besucher neugierig
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