Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Memoiren des Grafen

Die Memoiren des Grafen

Titel: Die Memoiren des Grafen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
hob leicht eine Augenbraue und murmelte: «Ach?»
    «Öl», bemerkte Anthony und betrachtete gedankenvoll die polierte Tischplatte, «Öl ist eine großartige Sache.»
    Er fühlte, wie der Finanzmann sich innerlich einen Ruck gab. «Wollen Sie nicht zur Sache kommen, Mr Cade?»
    «Sehr gern. Ich nehme an, es wäre nicht gerade angenehm für Sie, wenn diese Ölkonzessionen einer anderen Finanzgruppe erteilt würden?»
    «Wie lautet Ihr Vorschlag?», fragte der andere.
    «Ein passender Thronanwärter, voller Sympathien für England.»
    «Wie haben Sie ihn entdeckt?»
    «Das ist meine Sache!»
    Isaacstein akzeptierte die scharfe Entgegnung mit leichtem Lächeln, und sein Blick wurde hart und energisch.
    «Ihr Angebot ist fundiert? Ich kann mich nicht für eine Seifenblase einsetzen.»
    «Vollkommen fundiert.»
    «Ehrlich?»
    «Ehrlich!»
    «Ich glaube Ihnen.»
    «Sie geben nicht viel auf Überredungskunst.» Herman Isaacstein lächelte.
    «Ich säße nicht hier, wenn ich nicht zu erkennen gelernt hätte, ob ein Mann die Wahrheit sagt oder nicht», entgegnete er einfach. «Was für Bedingungen stellen Sie?»
    «Das gleiche Darlehen unter den gleichen Voraussetzungen, wie Sie es Fürst Michael vorschlugen.»
    «Und Sie selbst?»
    «Für den Moment brauche ich nichts. Ich habe nur die Bitte, dass Sie heute Abend nach Chimneys kommen.»
    «Nein», erklärte Mr Isaacstein entschieden, «das ist mir nicht möglich.»
    «Wieso?»
    «Ich esse auswärts – sehr wichtig.»
    «Trotzdem befürchte ich, dass Sie dort absagen müssen – in Ihrem eigenen Interesse.»
    «Wie meinen Sie das?»
    Anthony blickte ihn lange an, ehe er sagte:
    «Wissen Sie, dass man den Revolver gefunden hat, mit dem Fürst Michael erschossen wurde? Und wissen Sie auch wo? – In Ihrem Koffer.»
    «Was?» Mr Isaacstein fuhr aus seinem Sessel auf.
    Sehr höflich erläuterte Anthony die Begebenheiten. Während er sprach, wurde das Gesicht des andern aschgrau vor Entsetzen.
    «Das ist eine beabsichtigte Irreführung!», rief er empört, als Anthony geendet hatte. «Nie habe ich diesen Revolver in Händen gehabt. Ich weiß gar nichts davon. Das ist eine Verschwörung!»
    «Regen Sie sich nicht auf. Sie werden leicht beweisen können, dass es nicht Ihr Revolver ist.»
    «Beweisen! Wie soll ich das beweisen?»
    «Wenn ich Sie wäre, würde ich nach Chimneys fahren.»
    «Sie raten mir das?»
    Anthony lehnte sich vor und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Der Finanzmann fiel voller Erstaunen zurück und starrte ihn an.
    «Sie meinen tatsächlich –»
    «Kommen Sie heute Abend nach Chimneys, und Sie werden selbst sehen», sagte Anthony gelassen.

27
     
    D ie Uhr im Ratssaal schlug neun.
    «Also», sagte Lord Caterham mit einem tiefen Seufzer, «hier wären wir alle versammelt.» Er blickte sich im Raum um. «Der Drehorgelmann mitsamt seinen Affen», murmelte er seiner Tochter zu und fixierte den Baron.
    «Du bist recht unfreundlich dem Baron gegenüber», protestierte Bundle. «Er erklärte mir erst vorhin, du seiest das Vorbild eines Gastgebers der haute noblesse.»
    «Er ergeht sich immer in solchem Schwulst, und gerade deshalb ertrage ich ihn nun einmal nicht. Aber ich erkläre dir, dass ich einfach kein vorbildlicher Gastgeber mehr sein will. Sobald es mir irgend möglich ist, vermiete ich Chimneys an einen unternehmungslustigen Amerikaner und ziehe in ein Hotel. Dort kann ich wenigstens einfach die Rechnung verlangen und verschwinden, wenn man mich ärgert.»
    «Freu dich doch», bemerkte Bundle. «Wir sind wenigstens Mr Fish endgültig losgeworden.»
    «Ach, ich fand ihn eigentlich ganz unterhaltend», widersprach der Lord, der heute seinen kratzbürstigsten Tag hatte. «Euer prächtiger junger Mann ist an dem ganzen Trubel heute Abend schuld. Warum muss er seine Vereinsversammlung ausgerechnet bei mir abhalten? Warum mietet er nicht ein Hotel oder einen Kongresssaal?»
    «Weil die Atmosphäre nicht die richtige wäre», mutmaßte Bundle.
    Die Tür öffnete sich, und Tredwell kündigte an:
    «Mr George Lomax und Mr Eversleigh.»
    «Mein lieber Caterham», rief Lomax und schüttelte dem Lord die Hand. «Ich erhielt Ihre Einladung und beeilte mich natürlich, ihr zu folgen.»
    «Sehr nett von Ihnen, mein Alter, wirklich sehr nett. Ich bin erfreut, Sie zu sehen. Die Einladung ging zwar nicht von mir aus, aber das schadet nichts.»
    In der Zwischenzeit wurde Bundle von Bill mit Fragen überschüttet.
    «Was ist denn hier los? Ich habe gehört, Virginia sei mitten in
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher