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Die Meistersinger von Nürnberg

Die Meistersinger von Nürnberg

Titel: Die Meistersinger von Nürnberg
Autoren: ekz.bibliotheksservice GmbH
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Euch geriet
mit neuer Find' ein Meisterlied,
nach Dicht' und Weis' Eu'r eigen,
zur Stunde jetzt zu zeigen?
    Walther: Was Winternacht, was Waldespracht,
was Buch und Hain mich wiesen;
was Dichtersanges Wundermacht
mir heimlich wollt' erschließen;
was Rosses Schritt beim Waffenritt,
was Reihentanz bei heit'rem Schanz
mir sinnend gab zu lauschen:
gilt es des Lebens höchsten Preis,
um Sang mir einzutauschen,
zu eignem Wort und eigner Weis'
will einig mir es fließen,
als Meistersang, ob den ich weiß,
Euch Meistern sich ergießen.
    Beckmesser: Entnahmt Ihr was der Worte Schwall?
    Vogelgesang: Ei nun, er wagt's!
    Nachtigall: Merkwürd'ger Fall!
    Kothner: Nun, Meister, wenn's gefällt,
werd'das Gemerk bestellt. –
(Zu Walther):
Wählt der Herr einen heiligen Stoff?
    Walther: Was heilig mir, der Liebe Panier
schwing' und sing' ich mir zu Hoff .
    Kothner: Das gilt uns weltlich. Drum allein,
Meister Beckmesser, schließt Euch ein!
    Beckmesser (erhebt sich und schreitet wie widerwillig dem Gemerke zu) :
Ein sau'res Amt, und heut'zumal!
Wohl gibt's mit der Kreide manche Qual.
(Er verneigt sich gegen Walther.)
Herr Ritter, wißt:
Sixtus Beckmesser Merker ist.
Hier im Gemerk
verrichtet er still sein strenges Werk.
Sieben Fehler gibt er Euch vor,
die merkt er mit Kreide dort an:
wenn er über sieben Fehler verlor,
dann versang der Herr Rittersmann.
(Er setzt sich im Gemerk.)
Gar fein er hört;
doch daß er Euch den Mut nicht stört,
säht Ihr ihm zu, so gibt er Euch Ruh'
und schließt sich gar hier ein –
läßt Gott Euch befohlen sein.
    (Er streckt den Kopf höhnisch freundlich nickend heraus und verschwindet hinter dem zugezogenen Vorhange des Gemerks gänzlich.)
    Kothner (winkt den Lehrbuben. Zu Walther) :
Was Euch zum Liede Richt' und Schnur,
vernehmt nun aus der Tabulatur.
    (Zwei Lehrbuben haben die an der Wand aufgehängte Tafel der »Leges Tabulaturae« herabgenommen und halten sie Kothner vor; dieser liest daraus.)
    »Ein jedes Meistergesanges Bar
stell' ordentlich ein Gemäße dar
aus unterschiedlichen Gesätzen,
die keiner soll verletzen.
Ein Gesätz besteht aus zweenen Stollen,
die gleiche Melodei haben sollen;
der Stoll' aus etlicher Vers' Gebänd',
der Vers hat seinen Reim am End'.
Darauf erfolgt der Abgesang,
der sei auch etlich' Verse lang
und hab' sein' besond're Melodei,
als nicht im Stollen zu finden sei.
Derlei Gemäßes mehre Baren
soll ein jed'Meisterlied bewahren;
und wer ein neues Lied gericht't,
das über vier der Silben nicht
eingreift in andrer Meister Weis',
deß Lied erwerb' sich Meisterpreis.« –
(Er gibt die Tafel den Lehrbuben zurück; diese hängen sie wieder auf.)
Nun setzt Euch in den Singestuhl!
    Walther (mit einem Schauer) :
Hier – in den Stuhl?
    Kothner: Wie's Brauch der Schul'.
    Walther (besteigt den Stuhl und setzt sich mit Widerstreben. Beiseite) :
Für dich, Geliebte, sei's getan!
    Kothner (sehr laut) :
Der Sänger sitzt.
    Beckmesser (unsichtbar im Gemerk, sehr grell) :
Fanget an!
    Walther: Fanget an!
So rief der Lenz in den Wald,
daß laut es ihn durchhallt;
und wie in fern'ren Wellen
der Hall von dannen flieht,
von weither naht ein Schwellen,
das mächtig näher zieht;
es schwillt und schallt,
es tönt der Wald
von holder Stimmen Gemenge;
nun laut und hell schon nah zur Stell',
wie wächst der Schwall! Wie Glockenhall
ertost des Jubels Gedränge!
Der Wald, wie bald
antwortet er dem Ruf,
der neu ihm Leben schuf,
stimmte an
das süße Lenzeslied! –
    (Man hört aus dem Gemerk unmutige Seufzer des Merkers und heftiges Anstreichen mit der Kreide. Auch Walther hat es gehört; nach kurzer Störung fährt er fort.)
    In einer Dornenhecken,
von Neid und Gram verzehrt,
mußt' er sich da verstecken,
der Winter, grimm-bewehrt.
Von dürrem Laub umrauscht
er lauert da und lauscht,
wie er das frohe Singen
zu Schaden könnte bringen. –
(Er steht vom Stuhle auf.)
Doch:
fanget an!
So rief es mir in der Brust,
als noch ich von Liebe nicht wußt'.
Da fühlt' ich's tief sich regen,
als weckt' es mich aus dem Traum;
mein Herz mit bebenden Schlägen
erfüllte des Busens Raum:
das Blut, es wallt mit Allgewalt,
geschwellt von neuem Gefühle;
aus warmer Nacht mit Übermacht
schwillt mir zum Meer der Seufzer Heer
im wilden Wonnegewühle.
Die Brust wie bald
antwortet sie dem Ruf,
der neu ihr Leben schuf;
stimmt nun an
das hehre Liebeslied!
    Beckmesser (den Vorhang aufreißend) :
Seid Ihr nun fertig?
    Walther: Wie fraget Ihr?
    Beckmesser: Mit der Tafel ward ich fertig schier.
    (Er hält die ganz mit
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