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Die Masken der Niedertracht

Die Masken der Niedertracht

Titel: Die Masken der Niedertracht
Autoren: Marie-France Hirigoyen
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Belästigung setzt ein, wenn der Dialog unmöglich ist, so daß das Wort dessen, der angegriffen wird, sich kein Gehör verschaffen kann. Vorbeugung betreiben heißt also, den Dialog und eine aufrichtige Kommunikation wieder einzuführen. Hierbei könnte der Betriebsrat eine wesentliche Rolle übernehmen.
    Die Vorbeugung geschieht ferner durch Bildung der Verantwortlichen, indem man sie davon überzeugt, daß die menschliche Person ebenso zählt wie die Wirtschaftlichkeit. In eigenen Schulungen, durchgeführt von Psychologen oder Psychiatern, die in Viktimologie ausgebildet sind, könnte man sie Meta-Kommunikation lehren, das heißt, zu kommunizieren über die Kommunikation, damit sie in der Lage sind einzugreifen, bevor der Prozeß in Gang kommt, indem sie den Aggressor dazu bewegen zu benennen, was ihn am anderen ärgert, aber auch dazu, das Empfinden seines Opfers «anzuhören». Hat der Prozeß einmal begonnen, ist es meist zu spät. Die Gewerkschaftsvertreter verstehen sich sehr gut darauf, sich ins Zeug zu legen, um bei einer Entlassung Abfindungen auszuhandeln, aber sie sind weniger in ihrem Element, wenn es um das Verständnis individueller Beziehungen geht. Warum soll man sie nicht ausbilden und ihnen das zum Verstehen von Beziehungen nötige Werkzeug an die Hand geben, wie man es jetzt zu tun beginnt mit den Personalchefs, damit sie in jedem Augenblick eingreifen können bei Fehlentwicklungen im Unternehmen und nicht nur bei Entlassungen?
    Es wäre wünschenswert, daß in den internen Vorschriften und in den allgemeinen Vereinbarungen Schutzklauseln gegen das seelische Quälen eingeführt werden und daß Arbeitsgerichte strenge juristische Normen setzen.
    Vorbeugung erfolgt vor allem durch Informationsaktionen bei den Opfern, den Arbeitnehmern und den Unternehmen. Man muß bekanntmachen, daß solche Vorfälle existieren, daß sie nicht selten sind und daß sie sich verhindern lassen. In dieser Hinsicht haben die Medien eine nicht unwesentliche Rolle als Warner zu spielen, indem sie diese Informationen verbreiten.
    Allein Menschenkraft kann menschliche Verhältnisse in Ordnung bringen. Diese perversen Zustände können sich nur entfalten, wenn man sie fördert oder duldet. Es ist an den Arbeitgebern und Unternehmenschefs, die Achtung in ihren Betrieben wieder einzuführen.
     
     
     
    12. Die Betreuung der Opfer als Patienten
     
     
    Wie heilen?
     
    Wir haben gesehen, die perverse Gewalt nistet sich auf derart hinterhältige Weise ein, daß es schwierig ist, sie zu erkennen und sich ihrer dann zu erwehren. Es ist selten, daß man das alleine schafft. Im Fall einer klar erkennbaren Aggression ist oft psychotherapeutische Hilfe unerläßlich. Man kann sagen, daß eine psychische Aggression vorliegt, wenn das Individuum durch das Verhalten eines anderen in seiner Würde verletzt wird. Der Fehler der Opfer war es, nicht rechtzeitig erkannt zu haben, daß man ihre Grenzen überschritt, und nicht verstanden zu haben, sich Respekt zu verschaffen. Statt dessen haben sie die Angriffe aufgesogen wie Schwämme. Sie müssen aber bestimmen, was für sie hinnehmbar ist, und eben dadurch zur Selbstbestimmung gelangen.
     
     
    Die Wahl des Psychotherapeuten
     
    Die erste Handlung, mit der das Opfer sich in die Lage versetzt, aktiv zu werden, ist die Auswahl eines Psychotherapeuten. Um sicher zu sein, nicht wieder in ein verwirrendes System von Manipulationen zu geraten, ist es empfehlenswert, sich über seine Ausbildung zu erkundigen. Im Zweifelsfall ist es besser, jemanden zu wählen, der Psychiater oder Psychologe ist; denn es gibt heute alle möglichen Arten von neuen Therapien, die verführerisch sein können, weil sie schnellere Heilung versprechen, deren Wirkungsweise aber der der Sekten recht nahe kommt. Jedenfalls kann keine seriöse Therapiemethode es dem Patienten ersparen, ihn auf sich selbst zurückzuverweisen. Am einfachsten ist es für das Opfer, jemanden, zu dem es Vertrauen hat, oder seinen praktischen Arzt um eine Adresse zu bitten. Man sollte nicht zögern, mehrere Therapeuten aufzusuchen, um dann den zu wählen, bei dem man sich am besten aufgehoben fühlt. Der Patient wird auf Grund seines Eindrucks, seines Gefühls, die Fähigkeit dieses Therapeuten, ihm helfen zu können, beurteilen.
    Bei diesen in ihrem Narzißmus gekränkten Patienten ist wohlwollende Neutralität, die bei gewissen Psychoanalytikern die Form von Kälte annimmt, nicht angebracht. Der Psychoanalytiker Ferenczi, der eine Zeitlang
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