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Die Maechtigen

Titel: Die Maechtigen
Autoren: Brad Meltzer
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Geschichten auszugraben. Sie handeln immer von anderen Menschen. Aber die hier nicht. Heute bin ich endlich ein Teil der Geschichte; ich spiele mit in einer Geschichte über …
    »Clementine. Heute ist doch der große Tag, oder?«, fragt Orlando.
    Er telefoniert mit mir von seinem Posten am Empfangstisch. »Schön für dich, Bruder. Ich bin stolz auf dich.«
    »Was soll das denn heißen?«, erkundige ich mich misstrauisch.
    »Es soll heißen: Schön. Ich bin stolz auf dich«, wiederholt er. »Ich weiß, was du durchgemacht hast, Beecher. Und ich weiß auch, wie schwer es ist, wieder ins Rennen zurückzufinden.«
    Orlando glaubt mich zu kennen. In gewisser Weise tut er das auch. Im letzten Jahr hatte ich mich verlobt. Er weiß, was mit Iris passiert ist. Und was das aus meinem Leben gemacht hat, beziehungsweise dem, was davon übrig geblieben ist.
    »Also ist Clementine dein erster Sprung in den Pool, richtig?«
    »Clementine ist kein Pool.«
    »Ah, wohl eher ein heißes Bad?«
    »Orlando, bitte! Hör auf!«, erwidere ich und hebe das Telefonkabel hoch, damit es die beiden ordentlichen Stapel auf meinen Schreibtisch nicht berührt oder womöglich mein schönstes Erinnerungsstück: ein immerwährender Kalender aus Messing, der immer den 19. Juni anzeigt. Er hat einmal Henry Kissinger gehört. Am 19. Juni hat er ihn angeblich zum letzten Mal benutzt, weshalb ich einen kleinen Zettel am Sockel befestigt habe. Darauf steht: Bitte nicht anfassen – nichts verändern.
    »Also, was wirst du ihr sagen?«
    »Du meinst, außer hallo ?«
    »Das ist alles? Hallo ?«, erkundigt sich Orlando. » Hallo kannst du zu deiner Schwester sagen. Ich dachte, du wolltest Clementine beeindrucken.«
    »Ich brauche sie nicht zu beeindrucken.«
    »Beecher, du hast dieses Mädchen seit fünfzehn Jahren nicht mehr gesehen. Du musst sie beeindrucken.«
    Ich lasse das einen Moment wirken. Er weiß, dass ich keine Überraschungen mag. Die meisten Archivare mögen keine Überraschungen. Deswegen beschäftigen wir uns mit der Vergangenheit. Aber wie die Geschichte mich jeden Tag lehrt, ist man vor Überraschungen nur sicher, wenn man sich auf alles vorbereitet.
    »Gib mir einfach nur Bescheid, wenn sie ankommt«, sage ich.
    »Damit du dir bis dahin etwas weniger Prosaisches als Hallo ausdenken kannst?«
    »Hör bitte auf, so prosaisch zu sein. Ich bin aufregend. Wirklich. Schließlich erlebe ich jeden Tag Abenteuer.«
    »Falsch, du liest jeden Tag Abenteuer. Du steckst deine Nase jeden Tag in Bücher. Du bist wie Indiana Jones, und zwar wie Professor Jones.«
    »Deswegen bin ich noch lange nicht langweilig.«
    »Beecher, ich weiß genau, dass du deinen rot-blauen Mittwochsschlips trägst. Willst du wissen, woher ich das weiß? Weil heute Mittwoch ist.«
    Ich werfe einen Blick auf meinen rot-blauen Schlips. »Indiana Jones ist immer noch cool.«
    »Nein, Indiana Jones war cool. Aber nur wenn er sich draußen im Leben tummelte. Du musst raus aus deinem Kopf und raus aus deiner Ruhezone.«
    »Aha. Und was ist mit deiner Ich-bin-stolz-auf-dich -Rede?«
    »Ich bin tatsächlich stolz auf dich, was nicht heißt, ich sähe nicht, was du mit diesem Mädchen machst, Beech. Was Iris passiert ist, war der reine Horror, sicher. Und ja, ich verstehe, dass du dich deswegen in deinen Büchern versteckst. Aber jetzt ist die Wunde fast verheilt, und wen suchst du dir aus? Du gehst auf Nummer sicher. Deine Highschool-Freundin von vor fünfzehn Jahren! Klingt das, als wolltest du in die Zukunft blicken?«
    Ich schüttele den Kopf. »Sie war nicht meine Freundin.«
    »In deinem Kopf war sie es ganz bestimmt«, erwidert Orlando. »Die Vergangenheit tut dir vielleicht nicht mehr weh, Beecher. Aber sie fordert dich auch nicht heraus«, fährt er fort. »Tu mir bitte einen Gefallen: Wenn du gleich runterkommst, versuch nicht, die ganze Sache in knapp zwei Minuten zu erledigen. Dann ist es nur wieder ein Abenteuer, das sich in deinem Kopf abspielt.«
    Wie ich schon sagte, Orlando kennt mich. Er weiß, wenn ich mit dem Fahrstuhl oder zur Arbeit fahre oder auch nur morgens dusche, läuft die Uhr … es geht mir immer um meine persönliche Bestzeit.
    »Mittwoch ist immer Mittwoch. Bitte nichts verändern «, meint Orlando lachend, während ich auf den Zettel an Kissingers Kalender starre.
    »Sag mir einfach Bescheid, wenn sie kommt«, wiederhole ich.
    »Was glaubst du wohl, rufe ich an, Dr. Jones? Rate mal, wer sich gerade angemeldet hat?«
    Nachdem er aufgelegt hat, beginnt
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