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Die Macht der Steine

Die Macht der Steine

Titel: Die Macht der Steine
Autoren: Greg Bear
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Thule. Er beugte sich über den Toten, bog mit spitzen Fingern einen steifgefrorenen weißen Mantel zurück – sie alle hatten viel zu dünne Kleidung getragen, als daß sie hätten überleben können, sogar im vergleichsweise milden Klima der Stadt – und erblickte einen silbernen Davidstern am Aufschlag.
    Matthäus ging von einem Körper zum anderen und untersuchte Menschen, Cyborgs und Stadt-Teile. Die Cyborgs und Stadt-Teile waren allesamt in bösem Zustand, von Kristallsplittern durchbohrt. Als er die Cyborgs von Wiederauferstehung ausgesandt hatte, durch unter der Flußebene gegrabene Tunnel, hatte er kaum mit Schwierigkeiten gerechnet. Aber obwohl Eulalia und Throne seinen Cyborgs Einlaß gewährt hatten, widersetzten sie sich doch seinen Bestrebungen zur Demontage der Bifrosts. Sie hatten sich Kahn gegenüber als renitent erwiesen, und ihm gegenüber nicht minder. Schließlich mußte er Eulalia schleifen lassen, aber Throne war in die Flußebene gekommen, als ob sie vom Vorbild der gesunden Wiederauferstehung angezogen worden wäre. Mit seiner weit überlegenen Armee von Stadt-Teilen hatte er die Stadt von innen heraus getötet, sie demontiert und unter die Erde verfrachtet. Aus ihrer Substanz hatte er dann die Armee von Stadt-Teilen und Cyborgs geschaffen, die gen Thule geschickt wurde.
    Thule hatte ihnen den Zugang verweigert. Als sie versuchten, die Barriere der Stadt zu durchbrechen, kam es zu einem Gemetzel. Die wenigen Überlebenden übermittelten Matthäus die Kunde von Legionen von Stadt-Teilen mit ausschließlicher Terminator-Funktion.
    Mit ihrem byzantinischen Bewußtsein konnte die Stadt fast alles tun. Sie hatte Kahn hineingelassen – den Original-Kahn – und ihn dann irgendwie hintergangen. Und nun war ihr das Simulacrum in die Falle gegangen.
    Aber Matthäus konnte nicht darauf vertrauen, daß Thule auch diesmal so effizient arbeitete. Er mochte gar nicht daran denken, was er tun mußte, falls das Simulacrum Erfolg hatte – die Vernichtung von Eulalia hatte er verabscheut. Es gab ohnehin nur noch wenige lebendige Städte, und vielleicht hätte er irgendwann einmal Verwendung für Thule.
    Er ging zum Flugzeug zurück und setzte sich auf die Rampe der Einstiegsöffnung. »Komm her.« Er winkte das am nächsten stehende Stadt-Teil herbei. Es gehorchte. »Hol den Gleiter her, für alle Fälle.«
    Eine weitere Öffnung tat sich an der Seite des Flugzeugs auf, und ein bienenförmiger Gleiter schwebte heraus. Er war leicht modifiziert worden; ein vertikaler schwarzer Zylinder ragte nun mitten aus der Passagierkabine. Auf der Oberseite des Zylinders befand sich ein silbriger Würfel mit einer Kantenlänge von zehn Zentimetern, aus dem drei filigrane Antennen wuchsen. Gemessen an Kahns technologischem Standard war dieses Konstrukt sicher sehr primitiv, aber Matthäus hatte seine Minderwertigkeitskomplexe schon lange abgelegt. Er war der Sohn eines Bauern; relevant war nur die Effizienz seiner Methoden, nicht die Ästhetik.
    Wie auch immer, Kahn würde seinen Planeten nicht entvölkern. Es gab dort draußen keinen Ort, zu dem sie flüchten konnten, nichts, was sie mit ihrem Verstand erfassen konnten. Gott-der- Schlachtenlenker war ihre Heimat, zum Guten oder Schlechten, so hatte Gott es vor Äonen gewollt. Und Matthäus würde alles tun, um dem Wort Gottes Geltung zu verschaffen.
     
    Eine Kristall-Rahmenpyramide – ob dieselbe oder eine andere, war schwer zu sagen – erwartete sie an der Sohle des Schachtes. »Pontifex, das Bifrost befindet sich in einem Amphitheater auf dieser Ebene. Außerdem haben wir in einer angrenzenden Bibliothek Terminals mit ComNet- Zugang installiert. Aber wir nehmen an, daß du zunächst das Bifrost sehen möchtest.«
    Kahn erteilte seine Zustimmung, und die Pyramide führte sie in das Amphitheater. Es war für sechzigtausend Besucher ausgelegt, aber die kreisrunde Bühne in der Mitte des Rasenplatzes spielte vor leeren Rängen.
    Sie gingen über den gepflegten, dichten grünen Rasen. Die Bühne bestand nicht aus Stadt-Teilen; aus diesem Grund vermutete Kahn, daß sie später errichtet worden war, vielleicht vor neunhundert Jahren. Da sie sich ihr von der Rückseite näherten, konnten sie das Bifrost nicht sehen, falls es überhaupt auf der Bühne montiert war. Zwei weiße, schwingenförmige Bögen behinderten die Sicht. Er fragte sich, wie das alles mit den Turmspitzen zusammenhing. Vielleicht existierten auch gar keine physikalischen Verbindungen – und welchen Sinn
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