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Die Lieferung - Roman

Die Lieferung - Roman

Titel: Die Lieferung - Roman
Autoren: PeP eBooks
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wenn ich jetzt einen Herzanfall bekäme?, dachte er und fragte sich, ob es den Aufwand wert war, einen Anfall zu simulieren. Aber selbst wenn sie ihn aus dem Flugzeug ließen, würde es Stunden dauern, bis er einen neuen Flug organisiert hatte, ob es nun eine Linienmaschine oder ein gechartertes Privatflugzeug war. Langsam wurde ihm bewusst, dass er es auf keinen Fall mehr schaffen konnte.
    Was zum Teufel sollte er jetzt machen? Fieberhaft ging er alle Leute durch, die er anrufen konnte. Wer war loyal und kompetent genug, um zu tun, was getan werden musste? Sollte er Anne anrufen?
    Nein, nicht Anne. Karin. Karin musste das Notwendige tun. Und sie war vielleicht auch die Beste für das andere. Je weniger Leute Bescheid wussten, desto besser. Er holte sein privates Handy aus der Aktentasche und wählte ihre Nummer.
    Die Stewardess stürzte sich auf ihn wie ein Habicht auf ein Hühnerküken.
    »Please, don’t use your mobile phone, Sir.«
    »Wir stehen doch noch«, erwiderte er. »Und wenn die Fluggesellschaft nicht eine Millionenklage an den Hals haben will, verschwinden Sie jetzt und lassen mich in Ruhe zu Hause anrufen.«

    Die Stewardess warf einen Blick auf sein verbissenes Gesicht und entschloss sich, diplomatisch zu sein.
    »Aber nur ein kurzer Anruf«, sagte sie. »Und ich muss Sie bitten, Ihr Handy danach sofort wieder auszuschalten.«
    Sie blieb neben ihm stehen, während er telefonierte. Er überlegte, ob er sie bitten sollte, etwas mehr Abstand zu halten, aber auf Grund der anderen Passagiere in seiner Nähe musste er ohnehin vorsichtig mit dem sein, was er laut sagte.
    Er instruierte Karin, zur Bank zu gehen und um die Auszahlung des Betrages zu bitten, den er gerade aus Zürich überwiesen hatte.
    »Du musst einen Code angeben. Ich schicke ihn dir per SMS. Und nimm eine Aktentasche mit, eine verschließbare. Es ist ein größerer Betrag.«
    Er wurde sich immer deutlicher darüber bewusst, dass die Stewardess zuhörte, und er wusste nicht, wie er den Rest sagen sollte, ohne dass es sich wie eine Szene aus einem schlechten Krimi anhörte.
    »Ich schick dir den Rest per SMS«, sagte er eilig, »ein paar Zahlen und so. Bestätige mir anschließend kurz, dass du alles gekriegt hast.«
    Als das Gespräch zu Ende war, blieb die Stewardess demonstrativ neben ihm stehen, während er seine SMS tippte und abschickte. Er fand, dass es ungewöhnlich lange dauerte, bis er die Antwort erhielt.
    O.k. Aber jetzt schuldest du mir einen Riesengefallen.
    Ja , schrieb er zurück. Das ist mir klar .
    Er fragte sich, wie teuer es werden würde, sich ihr Schweigen zu erkaufen. Schließlich wusste sie jetzt verdammt viel. Karin hatte mittlerweile Geschmack am süßen Leben gefunden. Aber sie war ein von Grund auf loyaler Mensch, beruhigte er sich selbst. Und aus vielerlei Gründen wünschte sie sich sicher, das gute Verhältnis zu ihm zu behalten. Er war
schließlich ausnehmend großzügig gewesen, sowohl als Chef als auch sonst.
    Im gleichen Moment setzte das Flugzeug sich in Bewegung, und er fragte sich, ob er sie nicht doch vorschnell in die Sache hineingezogen hatte. Dann zeigte sich aber, dass das Flugzeug nur von der Landebahn auf eine Warteposition rollte. Der Kapitän informierte die Passagiere, dass sie ihren Slot in dem engen Abflugschema des Flughafens verpasst hätten und jetzt auf unbestimmte Zeit warten müssten. Erst auf das Okay aus Kopenhagen und dann auf einen neuen Slot. Er bedauerte, bis dahin auch das Belüftungssystem der Maschine ausschalten zu müssen.
    Jan schloss die Augen und fluchte auf drei Sprachen. Pis. Fuck. Scheiße.

     
    Nina sah dem Mann tief in die Augen.
    »Ich möchte, dass Sie jetzt gehen«, erklärte sie.
    Ihre Aufforderung zeigte keine Wirkung. Er trat noch einen Schritt näher an sie heran und beugte sich zu ihr vor. Sie roch sein Aftershave. In einer etwas anderen Situation hätte sie es vielleicht angenehm gefunden.
    »Ich weiß, dass sie hier ist«, sagte er. »Und ich verlange, auf der Stelle mit meiner Verlobten zu sprechen.«
    Es war ein heißer Augusttag und in der blauen Vase auf der Fensterbank stand ein Strauß weißer Rosen aus dem Garten. Vor Ellens Hof schien die Sonne auf staubbedecktes Gras und weiße Bänke. Ein paar Kinder aus der A-Baracke spielten Fußball, eins brüllte auf Urdu, ein anderes auf Rumänisch, aber sie schienen sich trotzdem zu verstehen. Wahrscheinlich haben sie gerade große Pause, dachte Nina in einem abgelegenen Winkel ihres Gehirns. Ihre Kollegen
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