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Die Liebeslist

Die Liebeslist

Titel: Die Liebeslist
Autoren: ANNE O'BRIEN
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zwischen ihnen funkte es wie Zunder, sodass es gereicht hätte, die Fackeln im Burgsaal zu entzünden. Sicher würde es bei ihnen zuweilen hoch hergehen, doch sie würden sich treu bleiben. Und er, er konnte nun endlich heim nach Hereford. Fröstelnd stieg er in seine Stiefel. In seinem Quartier saß die Feuchtigkeit in den Mauern; es war stets lausig kalt. Da lobte er sich weiß Gott sein komfortables Zuhause. Dort zog es nicht durch sämtliche Ritzen, dort gelangte das Essen heiß auf den Tisch, nicht eiskalt wie hier.
    Wieder musste er an Nell denken. Möglicherweise bedurfte es nur eines kleinen sanften Anstoßes, damit sie die selbst gezogene Grenze, mit der sie sich einengte, überschritt und sich zum ersten Mal im Leben entschloss, etwas für sich selbst zu tun. Schmunzelnd malte er sich aus, wie er sich wohl in ihr Leben fügen würde. Der Inhalt jenes vermaledeiten Schreibens, der war von Herzen gekommen. Deshalb war es ihm unmöglich, Clifford den Rücken zu kehren, ohne vorher seine Herzensdame auf den Brief angesprochen zu haben. Am besten gleich und auf der Stelle.
    Hugh ließ sein Pferd satteln und befahl seinen Männern, innerhalb der nächsten Stunde die Abreise vorbereitet zu haben. Gerade wollte er sich auf die Suche nach Petronilla begeben, da trat sie in den Pferdestall.
    „Lord Hugh …“, stieß sie hervor, nach Atem ringend. „Ihr brecht auf?“
    Er verbeugte sich und sah sie scharf an. „Sobald wir bereit sind.“
    „Da seid Ihr sicher froh, bald wieder im Kreise Eurer Lieben zu sein.“
    Er wusste, sie wich ihm aus; deshalb erklärte sie auch nicht, wieso sie überhaupt zum Pferdestall gekommen war. Das beherrschte sie gut, aber er wusste auch, dass sich hinter ihrem gepflegten Äußeren mehr verbarg als nur kühle, höfliche Förmlichkeit. Sonst hätte er sich von Anfang an in ihr getäuscht, was er nicht glaubte. Da also Eile geboten und er ein Mann der Tat war, fasste er sie beim Ärmel und zog sie etwas tiefer in den Stall hinein, wo man sie nicht so leicht sehen konnte und sie beide für einen Moment ungestört waren.
    „So, Nell“, raunte er, da sie ihn bestürzt anstarrte, „reden wir nicht lange um den heißen Brei herum.“ Er ließ den Ärmel los und ergriff ihre Hände, obwohl sie sich wehrte. „Was wird jetzt aus dir? Soll ich dir sagen, was passiert, wenn du nicht aufpasst?“ Sie hörte auf zu zappeln und klammerte sich sogar einen Augenblick erschrocken an ihm fest. „Du bleibst hier auf Clifford. Ger und deine Tochter, die werden ihr eigenes Leben führen, was sicherlich auch deinem Wunsch entspricht. Beide sind aber ausgemachte Sturköpfe, und du, du bist das fünfte Rad am Wagen. Sämtliche Entscheidungen werden über deinen Kopf hinweg getroffen; du kannst höchstens zuschauen, wie die zwei sich streiten und wie sie sich hinterher wieder vertragen. Du bist eine Randfigur, die nichts zu sagen hat. Und so willst du dein Leben wirklich beschließen? Ja?“, hakte er nach, als sie bestürzt blinzelte.
    „Wieso?“, entgegnete sie forsch. „Dann ziehe ich eben nach Lower Broadheath.“
    „Und da haust du dann mutterseelenallein?“
    „Ich habe doch meine Zofe.“
    Wie Hugh zu seiner Befriedigung feststellte, bildete sich bei dieser Antwort allerdings eine kleine, nachdenkliche Falte auf der Stirn seiner Angebeteten. Das Gespräch verlief genau nach seinen Vorstellungen; jetzt galt es, entschlossen nachzusetzen. „Edith? Die soll dir Gesellschaft leisten und dich unterhalten? Und das soll dir reichen als Mittel gegen die Einsamkeit?“
    „Na, ich kann auch reisen und Besuche machen und …“
    „Papperlapapp. Jetzt sage ich dir mal, was du tun kannst, Nell!“ Erschrocken öffnete sie die Lippen, um zu protestieren – eine viel zu verlockende Einladung für Hugh. „Ach, Unfug!“, brummte er. „Ich zeige es dir!“ Damit zog er sie an sich und küsste sie innig und genussvoll auf die Lippen, die sich so zart wie Rosenblätter anfühlten.
    „Hugh!“, keuchte sie erstickt, als sie wieder Luft bekam. Sie hielt sich an seinem Wams fest, als wolle sie ihn nie wieder fortlassen.
    „Petronilla!“ Er neckte sie spöttisch, aber liebevoll. „Jetzt sag bloß, das hat dir nicht gefallen!“
    „Das kann ich nicht!“
    „Na, wenn das so ist …“ Er küsste sie noch einmal und drückte sie dann einfach nur an sich, die Wange an ihre Stirn geschmiegt, die kräftigen Arme beschützend um sie gelegt. Er hätte es ewig so ausgehalten, nur reckte sein Pferd mittlerweile
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