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Die Liebe ist ein Dieb und der Pirat der Träume (German Edition)

Die Liebe ist ein Dieb und der Pirat der Träume (German Edition)

Titel: Die Liebe ist ein Dieb und der Pirat der Träume (German Edition)
Autoren: Claire Garber
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Zimmer angetreten, marschierte um seinen ganz besonderen Tisch, während er ziemlich geräuschvoll einen roten Apfel in sich hineinstopfte.
    Besagter Konferenztisch war riesig, eine Maßanfertigung und das Geistesprodukt von oben erwähntem Chad. Er hatte einen herzförmigen Tisch mit einer rosa gefärbten Tischplatte haben wollen, auf dem die Worte „True Love“ per Sandstrahl verewigt worden waren; und er hatte einen Platz haben wollen, um die Füße draufzulegen. Er hatte einem italienischen Tischler viel Geld dafür gezahlt, um dieses Teil herzustellen, den Tisch und einen dazu passenden herzförmigen Stuhl, der mit knallrotem Samtstoff bezogen war und auf beängstigende Weise aussah wie eine Muppet-Figur von der Schattenseite der Sesamstraße. Seit ich bei„True Love“ arbeitete, hatten sich schon achtzehn Mitarbeiter an dem riesigen Tisch verletzt. Allein sieben hatten sich an der scharfen Kante der Glasplatte gestoßen; die Herzspitze hatte bei zwei Kollegen zu Blutverlust geführt; und Mark aus der Marketingabteilung hatte sich vor fünf Monaten sein Knie angeschlagen und humpelte immer noch. Der Tisch war extrem gefährlich, und das wusste Chad auch.
    „Es ist ja nicht nur die Post, Chad“, sagte Loosie und warf mir einen bösen Blick zu, während sie eine weitere Seite in ihrem Notizblock aufschlug. Federico gab einen merkwürdigen Laut von sich. Wenn er gekonnt hätte, wäre er vermutlich in die Nespresso-Maschine geklettert und hätte sich dort ertränkt. Ich hatte mir ganz bewusst einen Platz in der Nähe der Tür gesucht, weil ich in dem Moment, als der Postbote aufgetaucht war, gewusst hatte, dass wir bis zu 27 Säcke tief in der Bredouille steckten, und ich gehöre nicht zu den Frauen, die sich schämen, davonzulaufen. Nachdem man mich nur mithilfe von Psychotherapeuten vom Flughafen Heathrow wegbekommen hat, ist mir gar nichts mehr peinlich.
    Loosie öffnete den Mund, um etwas zu sagen, und Federico kauerte sich zusammen, als würde er im nächsten Moment eine Explosion erwarten. Ich beugte mich vor und legte meine Stirn auf die kühle Glasplatte des Konferenztisches. Nie im Leben würden wir damit durchkommen.
    Die Sache war nämlich die, mein Job bei „True Love“ sollte eigentlich total einfach sein, und damit meine ich, dass eigentlich keine Möglichkeit bestand, irgendetwas zu vermasseln. Das Einzige, was ich tun musste, war, die Briefe zu lesen, die unsere Leserinnen uns schickten, und sie dann umzuschreiben, damit sie interessanter klangen. Mehr nicht. Unsere Leserinnen schrieben uns (meistens zu Hunderten) und teilten ihre Liebesgeschichten mit uns. Sie schrieben uns, wie sie ihre wahre Liebe getroffen hatten oder was sie alles aufgegeben hatten, um ihre wahre Liebe zu retten, oder wie sie vielleicht ihre wahre Liebe wieder entfacht hatten. Daraus suchte ich mir die besten aus, rief die Frauen an, führte ein Interview mit ihnen und fasste ihren ganz besonderenMoment dann zu einem tausend Wörter umfassenden, herzzerreißenden genialen Text zusammen – für ein winziges Gehalt und ohne dafür jemals auch nur ansatzweise Anerkennung als Autorin zu bekommen. In der Welt der Autoren gehöre ich zum Bodensatz. Ich werde Ghostwriter genannt und bin tatsächlich ein Geist, im wahrsten Sinne des Wortes.
    Ach übrigens, bevor ich fortfahre, möchte ich noch kurz festhalten, dass ich eine hoffnungslose Romantikerin bin. Ich liebe die Liebe und warte wie Aschenputtel geduldig auf meinen Märchenprinzen, der auf einem Pferd, einem Esel oder meinetwegen auch in einer der typischen schwarzen Londoner Taxen daherkommt. Oder zumindest war es so. Mein Märchenprinz sollte mich entführen, mich an einen tollen Ort bringen und mir sagen, dass ich mir weder Sorgen um die unglaublich hohen Immobilienpreise zu machen bräuchte noch um die Finanzierung meiner Rente. Natürlich sollte mein Prinz gut aussehen, humorvoll sein, meine innersten Gedanken lesen können und einen mittelgroßen bis gigantischen Penis haben. Aber die Leserinnen von „True Love“ berichteten mir immer wieder, dass keine große Chance bestand, dass überhaupt ein Märchenprinz aufkreuze, und wenn, dann sei das erst der Anfang aller Sorgen, die man in Sachen Prinz haben könne. Denn es war durchaus möglich, dass der Prinz nicht die oben genannten, genau umrissenen Charaktereigenschaften aufwies; genau genommen hatten einige Leserinnen verlauten lassen, dass ihr Märchenprinz nicht eine einzige davon besaß. Und trotzdem verliebten
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