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Die letzten Tage von Pompeji

Die letzten Tage von Pompeji

Titel: Die letzten Tage von Pompeji
Autoren: Edward Lytton Bulwer
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Ausgabe) so trefflich ausgedrückt hat, scheint mir wenigstens eben so gut seine Anwendung auf einen Schriftsteller zu finden, der seinen Stoff aus dem klassischen Alterthum, als auf einen, der ihn aus den Feudalzeiten schöpft. Möge mir gestattet sein, mich hier der betreffenden Worte zu bedienen, und mir dieselben für den Augenblick achtungsvoll und ehrwürdig anzueignen: ] Die Autoren haben denselben meistens die hochtrabenden Sentenzen, die kalte und didaktische Feierlichkeit der Sprache in den Mund gelegt, die sie in den vorsätzlich bewunderten klassischen Schriftstellern finden; Römer im gewöhnlichen Leben in den Perioden Cicero's sprechen zu lassen, ist aber eben so widersinnig, als wenn ein Novellendichter seinen englischen Charakteren die langen Phrasen Johnson's oder Burke's zuschreiben wollte. Der Fehler ist sogar um so größer, weil er unter der Maske von Gelehrsamkeit und Wahrheit nur den gänzlichen Mangel einer richtigen Beurtheilungskraft verräth; weil er ermüdet, langweilt, ärgert, und weil wir beim Gähnen nicht einmal die Befriedigung haben, zu denken, daß wir gelehrt gähnen. Um den Gesprächen klassischer Personen einige Treue zu verleihen, müssen wir uns namentlich hüten, die Gelegenheit zu klassischen Redensarten an den Haaren herbeizuziehen. Nichts kann einem Schriftsteller ein steiferes und unbehaglicheres Ansehen geben, als das hastige und plötzliche Umwerfen der Toga. Wir müssen zu unserer Aufgabe die vertraute Bekanntschaft vieler Jahre mitbringen; die Anspielungen, die Wendungen und Ausdrücke, so wie die Sprache überhaupt, müssen aus einem längst angefüllten Strome fließen; die Blumen müssen aus natürlichem Boden versetzt und nicht etwa aus zweiter Hand auf dem nächsten Marktplatze gekauft werden. Dieser Vorzug nun, der allerdings lediglich in der genauen Bekanntschaft mit dem Stoffe liegt, ist fast mehr Sache des Zufalls als des eigenen Verdienstes; denn er hängt von dem Umfange ab, in welchem die Klassiker in unsere Jugenderziehung und in das Studium unserer reiferen Jahren hineingezogen wurden. Wäre übrigens ein Schriftsteller sogar im Besitze der höchsten Vorzüge, die Erziehung und Studium hiebei an die Hand gehen können, so dürfte er doch kaum im Stande sein, sich in ein von dem seinigen so gänzlich verschiedenes Zeitalter zu versetzen, ohne daß einige Ungenauigkeiten, einige durch Unachtsamkeit oder Vergeßlichkeit entstandene Fehler in seine Zeichnungen sich einschlichen. Wenn fernerhin sogar in Werken über die Gebräuche der Alten, die von der ernstesten und ausgearbeitesten Art und von den gelehrtesten Männern verfaßt sind, einzelne derartige Unvollkommenheiten oft durch einen verhältnismäßig nur oberflächlich unterrichteten Kritiker entdeckt werden, so müßte es denn doch von mir allzu anmaßend erscheinen, wenn ich hoffen wollte, daß ich glücklicher gewesen sei, als unendlich gelehrtere Männer, und zwar in einem Werke, bei welchem die Gelehrsamkeit unendlich weniger erforderlich ist. Genug, wenn dieses Buch trotz aller seiner Unvollkommenheiten als ein in der Farbengebung vielleicht ungeübtes, in der Zeichnung mangelhaftes, aber gleichwohl nicht völlig unähnliches Gemälde der Zeit erfunden wird, die ich zu schildern unternommen – so möchte es fernerhin (was weit wichtiger ist) eine richtige Darstellung der menschlichen Leidenschaften und des menschlichen Herzens bieten, deren Grundstoffe zu allen Zeiten dieselben sind! Möge mir endlich gestattet sein, den Leser zu erinnern, daß, wenn es mir gelungen ist, einer Beschreibung klassischer Gebräuche und einer Geschichte aus der klassischen Zeit einiges Interesse und Leben zu verleihen, mir etwas gelang, was bis daher Allen mißlang; [Fußnote: Man muß mir verzeihen, wenn ich selbst Barthelemy nicht ausnehme. Sein Anarchasis ist ein Werk voll wunderbarer Gewandtheit, Sorgfalt, Eleganz und Forschung; aber es ist kein Leben darin! Es macht allerdings keinen Anspruch darauf, ein wirklicher Roman zu sein; aber selbst als fingierte Reiseschilderung ist es schwerfällig und ermüdend. Aeußere Gelehrsamkeit findet sich in Menge, aber der innere Geist fehlt. Barthelemy wurde nicht vom Wein des Alterthums entzückt, aber er hat eine gewaltige Menge von Weinlisten zusammengetragen. »Anacharsis,« sagte Schlegel treffend und witzig, »sieht Alles auf seinen Reisen nicht wie ein junger Scythe an, sondern wie ein alter Pariser!« Ja, und wie ein Pariser, der nie in dem Leser den Gedanken
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