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Die letzte Rune 02 - Der fahle Könige

Titel: Die letzte Rune 02 - Der fahle Könige
Autoren: Anthony Mark
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Ratsgemach die Rune des Friedens zerbrochen hatte. Aber die meisten schenkten ihm nicht mehr Aufmerksamkeit als irgendeinem Diener. Allerdings trug er noch immer dieselben abgetragenen Bauernkleider wie auf der Reise nach Calavere. Aryn hatte ihm angeboten, ihm von den Schloßschneidern ein schönes Gewand anfertigen zu lassen, aber er hatte höflich abgelehnt. Das gestohlene Wams, das er trug, war kratzig und zu groß, aber es war warm, und er hatte viel damit durchgemacht.
    Seine Cowboystiefel waren da schon eine andere Sache. Die Spitzen hatten angefangen, bei jedem Schritt aufzuklaffen, also hatte er Aryns Angebot für ein neues Paar Stiefel angenommen. Der Schloßschuhmacher war gekommen und hatte seine Füße mit einem Stück Schnur gemessen, und am nächsten Tag fand Travis ein Paar Wildlederstiefel mit weichen Sohlen vor der Tür stehen. Er hatte sie angezogen und gestaunt, wie sehr sich das butterweiche Leder an jede Wölbung seiner Füße anpaßte. Er ging mit den neuen Stiefeln im Gemach umher und fühlte sich dabei, als könnte er eine ganze Welt zu Fuß erkunden. Er nahm sich vor, sich bei der Baronesse zu bedanken. Das war ein wirklich großartiges Geschenk.
    Alles in allem konnte sich Travis nicht erinnern, wann er jemals im Leben an einem Ort so glücklich und mit sich selbst im reinen gewesen war. Aber es gab auch Momente, in denen er auf den Zinnen des Schlosses stand, das Gesicht in den kalten Wind hielt und sich bei dem Gedanken ertappte, wieder auf die Reise zu gehen. Doch der Ort, von dem er träumte, war weiter weg, als ihn Stiefel, egal wie großartig, hätten hintragen können. Dann seufzte er und kehrte in die verqualmte Wärme des Schlosses zurück.
    Eines Nachmittags betrat er das Gemach und überraschte Falken und Melia bei einer Unterhaltung.
    Das war nichts Ungewöhnliches. Der Barde und die Lady schienen die Köpfe immer in einer Unterhaltung zusammenzustecken, und das hatte sich seit den Geschehnissen bei der Wintersonnenwende nicht geändert. Der Rat der Könige trat noch immer regelmäßig zusammen, allerdings hatte man ihn in Kriegsrat der Könige umbenannt. Die Herrscher arbeiteten gemeinsam an einem Plan, um die Verteidigung der Domänen zu stärken, und Falken und Melia dienten als Berater.
    Travis hatte es schon vor langer Zeit aufgegeben, etwas von den Worten des Barden oder der Lady aufschnappen zu wollen. Er warf den Umhang aufs Bett und kniete dann vor dem Kamin nieder, um ein Holzscheit nachzulegen.
    »… daß Travis die Fähigkeit schon die ganze Zeit hatte.«
    Er verharrte, als er Falkens leise gesprochene Worte vernahm.
    »Wo sollte er es deiner Meinung nach versuchen?«
    »Ich glaube, ich kenne den richtigen Ort.«
    Travis stand auf und stöhnte. Manche Dinge änderten sich nie. Die gemurmelten Worte entfuhren ihm aus reiner Gewohnheit.
    »Nie sagt mir jemand, was hier eigentlich vor sich geht.«
    »Ich werde es tun, Travis.«
    Er blinzelte, drehte sich um und starrte die dritte Person an, die das gerade gesagt und die er bis jetzt übersehen hatte. Sie hatte am Fenster gesessen, und der Barde hatte sie verdeckt. Jetzt stand sie auf und trat einen Schritt vor.
    »Grace.«
    Sie lächelte ihn an.
    Sonnenlicht strömte durch das Fenster und verlieh ihrem aschblonden Haar und dem violetten Gewand einen goldenen Schimmer. Wie immer dachte er bei ihrem Anblick, wie schön sie doch war, wie majestätisch. Grace behauptete, keine Herzogin zu sein, aber Travis wußte es besser, selbst wenn sie bloß eine Assistenzärztin aus dem Denver Memorial Hospital war. Erhabenheit konnte man nicht einfach so ausstrahlen. Entweder man hatte sie oder nicht. Und es gab im ganzen Schloß niemanden, der mehr Erhabenheit als Grace gehabt hätte.
    Er hatte sie in den letzten Tagen nur selten gesehen. Sie war mit König Boreas und den anderen Herrschern beschäftigt gewesen. Alle Schloßbewohner wußten, daß Grace bei dem Fest Logren besiegt hatte, oder waren sogar dabeigewesen. Dafür wußten nur wenige über die Rolle Bescheid, die Travis in dieser langen Nacht gespielt oder was er in der eisigen Abgeschiedenheit der Schattenkluft vollbracht hatte. Aber das war ihm auch recht so.
    »Was ist denn, Grace?«
    Ein trauriger Zug berührte ihr Lächeln. »Du kehrst nach Hause zurück, Travis.«
    Er konnte sie bloß in sprachloser Überraschung anstarren.
    An einem klaren, kalten Tag Mitte Geldath versammelten sich alle in dem Kreis aus Steinen. Obwohl nun Mitte Winter, war es auf der Welt schon
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