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Die letzte Generation: Roman (German Edition)

Die letzte Generation: Roman (German Edition)

Titel: Die letzte Generation: Roman (German Edition)
Autoren: Arthur C. Clarke
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fragte sich nicht mehr, ob es vernünftig war, denn Karellens Pläne waren häufig viel zu kompliziert, als dass Menschen sie je verstehen konnten. Stormgrens Einschätzung nach konnte zumindest kein ernsthafter Schaden angerichtet werden. Wenn er sich geweigert hätte, Wainwright zu empfangen, hätte die Freiheitsliga das gegen ihn ausgespielt.
    Alexander Wainwright war ein großer, stattlicher Mann Ende vierzig. Er war, wie Stormgren wusste, grundehrlich und daher doppelt gefährlich. Dennoch machte es seine unverkennbare Aufrichtigkeit schwer, Abneigung gegen ihn zu empfinden, ganz gleich, was man über die Sache, die er vertrat, und über einige der Anhänger, die er gewonnen hatte, denken mochte.
    Nach der kurzen und etwas steifen Vorstellung durch van Ryberg verlor Stormgren keine Zeit. »Ich vermute«, begann er, »dass der Hauptzweck Ihres Besuches darin besteht, einen formellen Protest gegen das Verhalten der Vereinten Nationen einzulegen. Habe ich recht?«
    Wainwright nickte ernst. »Das ist meine Absicht, Herr Generalsekretär. Wie Sie wissen, haben wir in den letzten fünf Jahren versucht, die Menschheit auf die Gefahr aufmerksam zu machen, die ihr droht. Die Aufgabe war schwierig, denn die Mehrheit der Bevölkerung scheint zufrieden damit zu sein, dass die Overlords die Welt nach ihrem Belieben regieren. Dennoch haben mehr als fünf Millionen Patrioten in allen Ländern unseren Antrag unterzeichnet.«
    »Keine sehr eindrucksvolle Zahl bei zweieinhalb Milliarden.«
    »Es ist eine Zahl, die nicht unbeachtet bleiben kann. Und auf jeden Unterzeichner kommen viele, die große Zweifel an der Klugheit, ganz zu schweigen von der Rechtmäßigkeit, des Plans einer Föderation hegen. Selbst Verwalter Karellen kann trotz all seiner Macht nicht mit einem Federstrich tausend Jahre Geschichte austilgen.«
    »Was wissen wir schon von Karellens Macht?«, gab Stormgren zurück. »In meiner Kindheit war das vereinte Europa noch ein Traum, aber als ich erwachsen geworden war, hatte er sich erfüllt. Und das war vor der Ankunft der Overlords. Karellen führt nur die Arbeit zu Ende, die wir begonnen haben.«
    »Europa war eine kulturelle und geographische Einheit. Das ist die Welt nicht. Da liegt der Unterschied.«
    »Für die Overlords«, erwiderte Stormgren sarkastisch, »ist die Erde wahrscheinlich sehr viel kleiner, als Europa unseren Vorfahren erschien, und das Urteil der Overlords ist, so behaupte ich, reifer als unseres.«
    »Ich wehre mich nicht unbedingt gegen eine Föderation als Endziel, obwohl viele meiner Anhänger mir darin nicht zustimmen dürften. Aber ein solcher Zusammenschluss muss von innen kommen, er darf nicht von außen aufgezwungen werden. Wir müssen unser eigenes Schicksal bestimmen. Es darf keine Einmischung in menschliche Angelegenheiten mehr geben!«
    Stormgren seufzte. Das alles hatte er schon hundertmal gehört, und er wusste, dass er nur die alte Antwort geben konnte, die die Freiheitsliga nicht anerkennen wollte. Er vertraute Karellen, sie nicht. Das war der grundlegende Unterschied, und daran konnte er nichts ändern. Glücklicherweise konnte auch die Freiheitsliga nichts dagegen tun.
    »Ich möchte Ihnen einige Fragen stellen«, sagte er. »Können Sie leugnen, dass die Overlords der Erde Sicherheit, Frieden und Wohlstand gebracht haben?«
    »Das stimmt. Aber sie haben uns die Freiheit genommen. Der Mensch lebt nicht ...«
    »... vom Brot allein. Ja, ich weiß, aber dies ist das erste Zeitalter, in dem jeder Mensch die Sicherheit hat, dieses Brot zu bekommen. Was für eine Freiheit haben wir verloren im Vergleich zu der, die die Overlords uns zum ersten Mal in der menschlichen Geschichte gegeben haben?«
    »Die Freiheit, unter Gottes Führung unser eigenes Leben zu bestimmen.«
    Endlich waren sie beim Kernproblem angekommen, dachte Stormgren. Im Grunde war der Konflikt religiöser Natur, sosehr man ihn auch tarnen mochte. Wainwright ließ einen nie vergessen, dass er Geistlicher war. Obwohl er keine Pastorenkrause mehr trug, hatte man doch immer den Eindruck, als wäre sie noch vorhanden.
    »Im vorigen Monat«, bemerkte Stormgren, »haben hundert Bischöfe, Kardinäle und Rabbiner eine gemeinsame Erklärung unterzeichnet, in der sie ihre Unterstützung der Politik des Verwalters zusicherten. Die Weltreligionen stehen gegen Sie.«
    Wainwright schüttelte zornig den Kopf. »Viele der Führer sind blind. Sie wurden durch die Overlords verdorben. Wenn sie die Gefahr erkennen, könnte es schon
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