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Die Leidenschaft der Wölfe (German Edition)

Die Leidenschaft der Wölfe (German Edition)

Titel: Die Leidenschaft der Wölfe (German Edition)
Autoren: Noelle Mack
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würde Jack ihn wohl verstecken?»
    Angelica blickte hinauf zu einem Fenster unter dem Dachvorsprung – nicht weit von dem Zimmer entfernt, das sie sich früher mit einem anderen Hausmädchen geteilt hatte.
    Aus Jacks Zimmer drang schwaches Licht. Es schien von einer Kerze zu kommen, denn aus dem Dunkel heraus konnte sie einen flackernden Schein erkennen. Sie zeigte nach oben. «Das ist Jacks Zimmer. Da ist jemand drin, aber so hoch können wir nicht klettern.»
    «Gibt es einen Weg durch das Haus, den nur die Dienstboten benutzen?»
    «Man würde uns bemerken.»
    Plötzlich erklang ein gequälter Laut aus dem Inneren des Hauses. Semjon blickte Angelica an. «Mrs. Congreve?»
    Sie nickte. «Ja, ich denke schon. Und so, wie es sich anhört, ist ihr immer noch übel. Wenn sie Aufmerksamkeit fordert, kommt der gesamte Haushalt zum Erliegen.»
    Er schaute sie weiter an. «Es besteht zwar nur eine kleine Chance, aber das ist alles, was wir haben.»
    Angelica zögerte. «Aber Jack würde sich schon um Antoscha kümmern, bis wir ihn holen können.»
    Semjons Blick war überaus ernst. «Aber Angelica! Was ist, wenn er nun noch in dieser Nacht stirbt? Und wir dürfen doch auch deinen Freund nicht in derartige Gefahr bringen.»
    Sie musste zugeben, dass er recht hatte. «Dann komm mit», forderte sie ihn nach ein paar Sekunden auf. «Wir können es versuchen. Aber diese Sachen, die ich trage … Wenn wir uns doch nur besser verkleiden könnten …»
    Plötzlich fiel Angelica die Waschküche mit dem dazugehörigen Heißwasserkessel ein. Dort wurde im Winter die Kleidung zum Trocknen aufgehängt, um danach gestärkt und gebügelt zu werden. Dort würde um diese Zeit ganz sicher niemand mehr sein.
    «Ich habe eine Idee», erklärte sie mit neuer Zuversicht in der Stimme.
    Sie gingen zuerst in die Waschküche. Und wie Angelica vorhergesehen hatte, fand sich dort jede Menge schlichter, praktischer Kleidung, in der sie zumindest auf den ersten Blick als Dienstboten durchgehen würden.
    Angelica zog das Korsett aus und warf es ins Feuer, das unter dem Heißwasserkessel brannte. Sollte es doch verbrennen. Sie hasste das Ding. Dann schlüpfte sie in ein dunkles Kleid mit Schürze und verbarg ihr Haar unter einer zerknitterten Haube.
    Semjon entschied sich für die Alltagskleidung des hochgewachsenen Dieners und griff sich ein paar Schuhe aus einem Korb, die der Koch für bedürftige Landstreicher aufbewahrte.
    «Wir sind das perfekte Paar», sagte er, nachdem beide sich in aller Eile umgezogen hatten. «Und jetzt lass uns das tun, weshalb wir hergekommen sind.»
    Angelica ging zur Tür zwischen Waschküche und Küche. Als sie hindurchschaute, sah sie nichts weiter als die Katze, die im Korb beim Herd schlief.
    Sogar hier war Mrs. Congreves jämmerliches Stöhnen zu hören. Angelica hatte offensichtlich richtig gelegen – die meisten der Dienstboten waren aus dem Bett gezerrt worden, damit sie um sie herumscharwenzeln konnten.
    Semjon und Angelica stahlen sich über den Flur, den die Dienerschaft benutzte, und schlichen sich dann über die Hintertreppe zu den Räumen unter dem Dachgiebel.
    Die junge Frau blieb am Treppenabsatz stehen. Das schwache, flackernde Licht, das sie von unten gesehen hatte, drang jetzt unter der Tür von Jacks Zimmer hindurch. Auf Zehenspitzen trat Angelica näher, klopfte leise und flüsterte seinen Namen.
    Als Jack schließlich tatsächlich die Tür öffnete, drehte sie sich um und gab Semjon ein Zeichen, ebenfalls näher zu treten. Auf dem Bett des Dieners lag der verschwundene Mann. Seine geöffneten Augen sahen in dem fahlen Licht riesengroß aus, und ihr Blick verriet, dass er unsagbar dankbar war, Angelica zu sehen.
    Semjon zögerte nicht lange, drängte sich an Angelica vorbei und kniete sich neben das Bett. «Antoscha», sagte er. «Vergib mir.»
    «Wofür?», fragte er mit schwacher Stimme.
    «Ich hatte keinerlei Gedanken an die Gefahren verschwendet.»
    Antoschas Mund verzog sich zu so etwas wie einem Lächeln. «Das war doch schon immer so.»
    «Ich hätte mir nie träumen lassen, dass …»
    Antoscha hob eine Hand und wischte damit alle weiteren Entschuldigungen fort. «Halb so wild. Wie du siehst, bin ich ja noch nicht tot. Bring mich bitte nach Hause.»
    Angelica wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. Antoscha sah aus wie ein Geist, wie er dort in ein weißes Tuch gewickelt dalag, das viel zu sehr an ein Leichentuch erinnerte.
    «Ja, Antoscha. Und wenn ich dich auf dem Rücken dorthin
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