Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Legende

Die Legende

Titel: Die Legende
Autoren: David Gemmell
Vom Netzwerk:
Eroberungen machten, war, daß die anderen Völker ihren Zenit überschritten hatten. Sie waren fett und träge, voller selbstsüchtiger, gieriger Menschen, die sich um nichts scherten. Alle Völker werden einmal so.«
    »Du bist wohl ein Philosoph, was?« fauchte sie. »Na, ich halte deine Ansichten für so wertlos wie dich selbst.«
    »So, jetzt bin ich also wertlos? Was weißt du denn von >wertlos<, so, wie du als Mann verkleidet herumstolzierst? Du bist eine Kriegerimitation. Wenn du so begierig bist, die Werte der Drenai aufrechtzuerhalten, warum gehst du dann nicht mit all den anderen Narren nach Dros Delnoch und schwenkst dein hübsches kleines Schwert gegen die Nadir?«
    »Ich komme gerade von dort, und ich werde dorthin zurückkehren, sobald ich erledigt habe, was ich vorhatte«, antwortete sie eisig.
    »Dann bist du eine Närrin«, erwiderte er lahm.
    »Du warst Soldat, nicht wahr?«
    »Was interessiert dich das?«
    »Warum hast du die Armee verlassen?«
    »Das geht dich einen Dreck an.« Er hielt inne. Dann, um das unbehagliche Schweigen zu brechen, fuhr er fort: »Wir sollten heute nachmittag Glen Frenanc erreichen. Es ist zwar nur ein kleines Dorf, aber dort werden Pferde verkauft.«
    Sie beendeten ihre Mahlzeit, ohne zu reden. Rek war zornig und fühlte sich unbehaglich, aber er brachte es nicht fertig, die Kluft zwischen sich und dem Mädchen zu überbrücken. Sie räumte die Teller ab und säuberte die Pfanne. In ihrem Kettenhemd bewegte sie sich schwerfällig.
    Virae war wütend auf sich selbst. Sie hatte nicht mit ihm streiten wollen. Stundenlang, während er geschlafen hatte, war sie durch die Hütte geschlichen, um ihn nicht zu stören. Als sie aufwachte, war sie zuerst wütend und verlegen darüber gewesen, was er getan hatte, aber sie wußte genug über Erfrierungen und dem Ausgesetztsein in der Kälte, um zu wissen, daß er ihr das Leben gerettet hatte. Und er hatte ihre Lage nicht ausgenutzt. Hätte er das getan, hätte sie ihn ohne Zögern oder Bedauern getötet. Sie hatte ihn genau betrachtet, als er schlief. Auf eine merkwürdige Weise sieht er gut aus, dachte sie und entschied dann, daß es doch etwas anderes war, das ihn anziehend machte - vielleicht eine gewisse Sanftheit? Oder Sensibilität? Es war schwer, das genau festzustellen.
    Warum sollte er anziehend sein? Es ärgerte sie. Sie hatte keine Zeit für Romanzen. Dann streifte sie ein bitterer Gedanke: Sie hatte nie Zeit für Romanzen gehabt. Oder war es so, daß die Romanze keine Zeit für sie hatte? Sie war als Frau schwerfällig, ihrer selbst in Gegenwart von Männern unsicher - es sei denn, im Kampf oder unter Kameraden. Seine Worte kamen ihr wieder in den Sinn: »Was weißt du von >wertlos<, so, wie du als Mann verkleidet herumstolzierst?«
    Zweimal hatte er ihr das Leben gerettet. Warum hatte sie gesagt, daß sie ihn nicht leiden konnte? Weil sie Angst hatte?
    Sie hörte, wie er aus der Hütte trat, und dann eine fremde Stimme.
    »Regnak, mein Guter? Ist es wahr, daß du eine Frau bei dir da drinnen hast?«
    Sie griff nach ihrem Schwert.

 
     
4.
    Der Abt legte die Hände auf den Kopf des jungen Albinos, der vor ihm kniete, und schloß die Augen. Er sprach, von Geist zu Geist, nach Art des Ordens.
    »Bist du bereit?«
    »Wie kann ich das sagen?« antwortete der Albino.
    »Öffne mir deinen Geist«, sagte der Abt. Der junge Mann ließ die Kontrolle fahren; in seinem Geist überlappte sich das Bild des friedlichen Gesichts des Abtes mit seinen Gedanken; sie wurden undeutlich, verschwammen, vermischten sich mit den Erinnerungen des älteren Mannes. Die kraftvolle Persönlichkeit des Abtes überdeckte die des Albinos wie eine behagliche Decke, und er schlief ein.
    Das Loslassen war schmerzlich, und seine Ängste kehrten zurück, als der Abt ihn weckte. Wieder war er Serbitar, und seine Gedanken waren seine eigenen.
    »Bin ich bereit?« fragte er.
    »Du wirst es sein. Der Bote kommt.«
    »Ist er würdig?«
    »Urteile selbst. Folge mir nach Graven.«
    Ihre Geister stiegen empor, miteinander verschlungen, hoch über das Kloster, frei wie der Winterwind. Unter ihnen lagen die schneebedeckten Felder am Rand des Waldes. Der Abt steuerte sie pulsierend über die Bäume hinaus. Auf einer Lichtung stand eine Gruppe von Männern vor der Tür einer Kate, in der ein hochgewachsener junger Mann stand. Hinter ihm stand eine junge Frau mit einem Schwert.
    »Welcher ist der Bote?« fragte der Albino.
    »Sieh genau hin«, antwortete der Abt.
    Für
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher